Werbeanlagen – Teil 06 – Fremd- und Eigenwerbung

3.2.1.1.1 Fremd- und Eigenwerbung an der Stätte der Leistung

Um die Zulässigkeit der Werbeanlagen in den einzelnen Baugebieten richtig beurteilen zu können, bedarf es vorher einer Klärung, welche Arten von Werbeanlagen dabei bauplanungsrechtlich zu unterscheiden sind. Grundsätzlich wird zwischen Fremd- und Eigenwerbung an der Stätte der Leistung unterschieden.

Befindet sich eine Werbeanlage in unmittelbarer Nähe zum Gewerbe auf das hingewiesen werden soll, so handelt es sich dabei um Eigenwerbung an der Stätte der Leistung. Die Werbeanlage ist dann nicht isoliert zu betrachten, sondern steht in engem Zusammenhang mit der Anlage, auf die sie hinweisen soll. Baurechtlich spricht man in diesem Fall von sogenannten Nebenanlagen. Die Zulässigkeit dieser richtet sich, unabhängig von der Qualifikation des sonstigen Gebietes, nach § 14 BauNVO.

Ist jedoch die unmittelbare Nähe eben nicht gegeben, sondern handelt es sich um selbständige, unabhängige Werbeanlagen, fernab der Stätte der beworbenen Leistung, spricht man von Fremdwerbung. Bauplanungsrechtlich sind diese eben keine Nebenanlagen, sondern es handelt sich um eigenständige baurechtliche Anlagen, deren Zulässigkeit sich nach den §§ 2 ff. BauNVO richtet. Diese sind dabei als Gewebebetriebe im Sinne der BauNVO anzusehen. Auch wenn sie im engeren Sinne keine eigenständigen Gewerbebetriebe darstellen.

Beispiel 1:

Unternehmer U betreibt einen größeren Baumarkt in der Stadt S. Vor dem Markt befindet sich ein Parkplatz, der zu seinem Baumarkt gehört und der direkt von der Hauptverkehrsstraße aus angefahren werden kann. Er stellt nun am Eingang des Parkplatzes eine größere Werbetafel auf, die auf seinen Baumarkt hinweist. Handelt es sich um Fremd- oder Eigenwerbung?

    • Die von U aufgestellte Werbetafel ist nicht als eigenständige Werbeanlage zu qualifizieren. Sie steht sowohl räumlich, wie auch sachlich, im direkten Zusammenhang mit der Hauptanlage, hier dem Baumarkt. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit bestimmt sich demnach nicht nach den §§ 2 ff. Bau NVO, sondern nach § 14 BauNVO.

Beispiel 2:

Gleicher Sachverhalt wie bei Beispiel 1, allerdings will U die Werbetafel nun nicht am Ende seines Parkplatzes aufstellen, sondern an der Stadteinfahrt zu S, um Kunden frühzeitig auf seine Angebote aufmerksam zu machen. Wie ist der Sachverhalt nun zu beurteilen?

    • Im Unterschied zu Beispiel 1 besteht nunmehr kein räumlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen der Werbetafel und dem beworbenen Baumarkt. Als Konsequenz daraus ist die Werbetafel als eigenständige Hauptanlage zu betrachten. Die Zulässigkeit bemisst sich nach den § 2 ff. BauNVO.

3.2.1.1.2 Kleinsiedlungsgebiete

§ 2 BauNVO bestimmt, was in Kleinsiedlungsgebieten baulich zulässig ist. Dabei zählen Kleinsiedlungsgebiete zu den Wohngebieten. Daher ist grundsätzlich das Gewerbetreiben nur eingeschränkt möglich. Wichtiges Kriterium ist dabei, dass der Wohnzweck nicht gestört wird. Im Einzelfall können nicht störende Gewerbebetriebe nach § 2 Abs. 2 BauNVO zugelassen werden.

Übertragen auf Werbeanlagen bedeutet dies, dass es nicht generell verboten ist, in einem Kleinsiedlungsgebiet eine Werbeanlage zu errichten. Allerdings werden die Voraussetzungen schwerer zu erfüllen sein, als in anderen Gebieten.

3.2.1.1.3 Reine Wohngebiete

Reine Wohngebiete sind in § 3 BauNVO geregelt und dienen dem Wohnen. Im Gegensatz zu den Kleinsiedungsgebieten findet sich hier keine Vorschrift, womit die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gewerbebetrieben geregelt wird. Die alleinige Nutzung des Gebietes ist dem Wohnzweck vorbehalten. Zwar finden sich Ausnahmen, die zur Abdeckung des täglichen Bedarfs der Bewohner gedacht sind, jedoch nur für nicht störende Handwerksbetriebe oder Ähnliches.

Fremdwerbeanlagen sind daher nicht zulässig. Das bedeutet jedoch nicht, dass man in diesen Gebieten keine Werbung finden kann. Wie oben gesagt, können in solchen Gebieten Eigenwerbeanlagen an der Stätte der Leistung nach § 14 BauNVO trotzdem zulässig sein. Darauf soll an späterer Stelle genauer eingegangen werden (siehe Nebenanlagen).

3.2.1.1.4 Allgemeine Wohngebiete

Das allgemeine Wohngebiet ist in § 4 BauNVO geregelt und dient vorwiegend dem Wohnen. Der Wohnzweck ist also auch hier das prägende Kriterium. Die Ausnahmemöglichkeiten sind jedoch weiter gefasst als bei reinen Wohngebieten. Nach § 4 Abs. 3 BauNVO können ausnahmsweise nicht störende Gewerbebetriebe zugelassen werden.

Wieder übertragen auf die Werbeanlagen bedeutet dies, dass in einem allgemeinen Wohngebiet Fremdwerbeanlagen zulässig sein können. Man muss jedoch vorsichtig sein. Die Gerichte handeln diese Ausnahme für allgemeine Wohngebiete äußerst restriktiv, sodass man regelmäßig Probleme mit der Genehmigung von Fremdanlagen im allgemeinen Wohngebiet bekommen dürfte.

Werbeanlagen an der Stätte der Leistung sind ebenfalls nach § 14 BauNVO grundsätzlich möglich.

3.2.1.1.5 Dorfgebiete

Das Dorfgebiet ist in § 5 BauNVO geregelt und zeichnet sich durch eine gewisse Mischnutzung aus. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 6 Bau NVO sind sonstige Gewerbebetriebe zulässig. Für Fremdwerbeanlagen bedeutet dies, dass sie in einem Dorfgebiet grundsätzlich zulässig sind.

3.2.1.1.6 Mischgebiete

In Mischgebieten nach § 6 BauNVO stehen wirtschaftliche Interessen gleichrangig neben dem Wohnzweck. Das Gebiet dient dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben die das Wohnen nicht wesentlich stören. Nach § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO sind nicht störende Gewerbebetriebe zulässig. Auch in einem Mischgebiet sind Fremdwebeanlagen grundsätzlich zulässig.


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Zulässigkeit von Werbeanlagen“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2016, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-006-9.


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.

Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:

  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag

Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht

Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
  • Datenschutzstrafrecht
  • Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme

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