Websiten abmahnsicher gestalten – Teil 12 – Wettbewerbsrecht

2.4. Wettbewerbsrecht

Die Registrierung einer Domain kann gegen die Vorschriften des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb (UWG) verstoßen. Ein Domainname, der sich aus beschreibenden Angaben oder Gattungsbegriffen zusammensetzt, kann den Internetnutzer irreführen[1].

Die Verwendung von sogenannten Tippfehlerdomains, die den Internetnutzer gezielt zur eigenen Internetpräsenz umleiten, kann gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen. Ebenfalls nach wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten wird das Domaingrabbing (2.4.3.) beurteilt.

2.4.1. Anwendungsbereich

Wettbewerbsrechtliche Ansprüche sind den Ansprüchen aus dem Markenrecht untergeordnet. Bei einem Rechtsstreit über die Berechtigung zur Nutzung einer Webseite, bestehen wettbewerbsrechtliche Ansprüche erst, wenn keine Verwechslungsgefahr mit einer bestehenden Marke oder einem geschäftlichen Zeichen besteht[2]. Ansprüche aus dem Markenrecht gehen damit den wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen als spezielleres Gesetz (lex specialis) voraus[3].

Die Anwendung des Wettbewerbsrechts setzt die Nutzung des rechtsverletzenden Domainnamens im geschäftlichen Verkehr (à 1.1.1.) voraus. Ein Handeln im geschäftlichen Verkehr wird in § 2 I Nr. 1 UWG, als jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt, definiert.

Nach der Generalklausel des Wettbewerbsrecht, dem § 3 I UWG, sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig, wenn sie geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen.

§ 3 I UWG enthält eine sogenannte Erheblichkeitsschwelle. Danach werden Fälle bei objektivem Vorliegen eines Rechtsverstoßes nicht als sanktionsfähig angesehen, sofern geringe Auswirkungen auf den Wettbewerb vorliegen.

Die §§ 4 und 5 UWG stellen allein keine selbstständigen Tatbestände unlauterer geschäftlicher Handlungen dar. Sie geben vielmehr nur Beispiele für unlautere Handlungen i. S. v. § 3 I UWG.

Unlauter handelt nach § 4 Nr. 10 UWG, wer Mitbewerber gezielt behindert.
Gemäß § 5 I UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt.

Daraus ergeben sich wettbewerbsrechtliche Ansprüche:

  • aus dem Behinderungswettbewerb nach § 4 Nr. 10 UWG und
  • aus der Irreführung nach § 5 UWG, insbesondere dann wenn eine Alleinstellung behauptet wurde[4].

Domainregistrierungen, die allein darauf abzielen, einen Berechtigten von der Nutzung einer Domain auszuschließen, werden als Behinderungswettbewerb eingestuft[5].
Vor allem bei Gattungsbegriffen, deren Verwendung als Domainname grundsätzlich zulässig ist[6], kann eine unzulässige Alleinstellungsbehauptung und Irreführung vorliegen[7]. Das Prioritätsprinzip findet nur dann Anwendung, wenn der Verkehr in der Verwendung der Domain keine Alleinstellungsbehauptung sieht[8].

Eine geschäftliche Handlung ist nach § 5 I 2 UWG irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die in § 5 I Nr.1 - Nr.7 beschriebenen Umstände enthält.

Sind die Beispielstatbestände der §§ 4 und 5 UWG bei der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung nicht anwendbar, dann wird auf die Generalklausel des § 3 I UWG als Auffangnorm zurückgegriffen.

2.4.2. Verwendung allgemeiner Gattungsbegriffe

Gattungsbegriffe und beschreibende Angaben gelten grundsätzlich nicht als geschäftliche Bezeichnung oder Marke, wodurch ausgeschlossen ist, dass namensrechtliche oder markenrechtliche Probleme auftreten können[9]. Abgesehen vom Titelschutz sind sie frei wählbar und können von jedermann verwendet werden. Aufgrund fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 II Nr. 1 MarkenG oder wegen eines besonderen Freihaltebedürfnisses i. S. v. § 8 II Nr. 2 MarkenG könnten beschreibende Angaben markenrechtlich nie einer Person zugewiesen werden[10].

Die Verwendung von Gattungsbegriffen und beschreibenden Angaben als Domain führt in der Praxis zu Problemen, wenn sie bei gewerblicher Verwendung eine kanalisierende Wirkung auf die Kundenströme im Internet haben und dadurch den freien Wettbewerb behindern[11].

Beispiel 1:

So ist die Benutzung des Kennzeichens Anwalt einem Anwalt vorbehalten. Es würde gegen Standesrecht oder wegen der damit verbundenen Kanalisierung von Kundenströmen gegen §§ 3, 4 Nr. 10 UWG bzw. gegen §§ 3, 5 UWG verstoßen, wenn ein Nicht-Anwalt das Kennzeichen nutzen würde[12].

Beispiel 2:

Das Hanseatische Oberlandesgericht schloss die Anwendung des § 8 MarkenG auf die Registrierung der Domain mitwohnzentrale.de aus[13]. Bis zum Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. Mai 2001 bezüglich der Domain mitwohnzentrale.de war strittig, ob und unter welchen Voraussetzungen die Registrierung und Nutzung einer beschreibenden Domain als irreführend gemäß § 5 UWG oder als unlauter gemäß § 3 UWG angesehen werden kann[14]. mitwohnzentrale.de kann den Eindruck erwecken, dass unter dieser Adresse alle Mitwohnzentralen Deutschlands zu finden sind[15]. Eine solche Adresse kann zu einer einseitigen Kanalisierung der Kundenströme führen und auf diese täuschend wirken. Damit kann sie als Verstoß gegen §§ 3, 4 UWG gewertet werden. In dem Urteil hat der Bundesgerichtshof das Prioritätsprinzip zum Leitprinzip des Domainrechts erhoben[16], wonach bei der Registrierung von Gattungsbegriffen derjenige Domaininhaber wird, der den Domainnamen sich zuerst hat registrieren lassen. Eine Unlauterkeit nach § 3 UWG schließt der Bundesgerichtshof aus, weil lediglich das dem Domainnamesystem zugrunde liegende Prinzip der Priorität ausgenutzt wird, wenn sich ein Konkurrent eine besonders attraktive Domain zum Missvergnügen seiner Mitbewerber sichert. Auch eine von dem Domainnamen ausgehende Irreführung nach § 5 UWG verneinten die zuständigen Gerichte. Zwar erwecke die Eingangsseite der Internetpräsenz, die über die Domain erreichbar ist, den irreführenden Eindruck einer Alleinstellung des Domainnutzers, aber es fehle an einer Behauptung des Domaininhabers, dass er eine Allein- oder Vorzugsstellung besäße[17].

Beispiel 3:

Das Landgericht Hamburg widersprach mit der Entscheidung zur Domain lastminute.com der erläuterten Ansicht des Hanseatischen Oberlandesgerichts und entschied, dass eine Kanalisierungsgefahr ausgeschlossen sei, wenn es für interessierte Kreise deutlich wird, dass es die angebotene Leistung von mehreren Anbietern gibt[18].

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Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Websiten abmahnsicher gestalten“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, und Sandra Kuley, Bachelor of Laws (LL.B.), erschienen mit Fußnoten im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-42-7.


 

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Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2015


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.

Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:

  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag

Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht

Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
  • Datenschutzstrafrecht
  • Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme

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