Vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung nach der VVG-Reform

1. Rechtslage vor der Reform
Vor Inkrafttreten der VVG-Reform zum 01.01.2008 war der Versicherungsnehmer nach § 16 Abs. 1 VVG a.F. verpflichtet, bei Schließung des Vertrages alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme des Gefahr erheblich sind, anzuzeigen. Diese zu Lasten des Versicherungsnehmers bestehende Anzeigeobliegenheit war umfassend und von den Fragen des Versicherers unabhängig. Der Versicherungsnehmer musste bei Antragstellung selbst sachgerecht einschätzen, welche Umstände sich für den Versicherer als gefahrerheblich darstellen. Der von dem Versicherer gestellte schriftliche Fragenkatalog auf dem Antragsformular war also nie abschließend. Auch in zeitlicher Hinsicht galt die vorvertragliche Anzeigeobliegenheit bis zum Vertragsschluss. Der Versicherungsnehmer war im Zweifel daher dazu verpflichtet, nach Antragstellung eingetretene Gefahrumstände dem Versicherer nachzumelden. Rechtsfolge bei schon leicht fahrlässiger Anzeigepflichtverletzung war ein Rücktrittsrecht des Versicherers.

2. Rechtslage nach der Reform
Auch nach der VVG-Reform bleibt der Versicherungsnehmer nach § 19 Abs. 1 VVG n.F. zur vorvertraglichen Anzeige von gefahrerheblichen Umständen verpflichtet. Neu und für den Versicherungsnehmer von entscheidendem Vorteil ist aber, dass er von dem schwer zu beurteilenden Risiko, ob ein bestimmter Umstand gefahrerheblich ist oder nicht, entlastet ist. Die Anzeigepflicht erstreckt sich nur noch auf Gefahrumstände, nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat. Hierdurch wir die Versicherungspraxis vor erhebliche Probleme gestellt, da der Versicherungsnehmer nach bisher gängiger Praxis bei der Antragstellung die Fragen nicht selbst durchliest. Dies übernimmt in den meisten Fällen der Versicherungsvermittler, der dann auch die Antworten auf den Antrag einfügt und diese unter Umständen sogar gleich in die EDV einarbeitet. Diese Vorgehensweise entspricht aber nicht der ausdrücklichen Vorgabe des Gesetzes. Bleibt es bei dieser bisher von den Versicherungsvermittlern gängigen Praxis können sich die Versicherer zukünftig nicht auf eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung berufen. Der Versicherer kann dann folglich nicht vom Vertrag zurücktreten. Ihm bleibt allein die Möglichkeit, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten. Hierzu ist der Versicherer aber beweisbelastet.

Erleichternd kommt für den Versicherungsnehmer auch hinzu, dass er zur Anzeigepflicht nur noch bis zur Angabe der Vertragserklärung verpflichtet ist. Auf den Zeitpunkt der Vertragsschlusses kommt es also nicht mehr an. Damit ist auch die Nachmeldepflicht des Versicherungsnehmers als Obliegenheit entfallen. Nur wenn der Versicherer nochmals in Testform nachfragt bleibt es bei der Nachmeldepflicht.

Hat der Versicherungsnehmer eine Anzeigepflichtverletzung begangen kann der Versicherer selbst bei unverschuldeter Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers den Vertrag innerhalb eines Monats ab Kenntnis der Anzeigepflichtverletzung kündigen. Ein Rücktrittsrecht des Versicherers besteht dagegen nur dann, wenn der Versicherungsnehmer zumindest grob fahrlässig eine Anzeigepflichtverletzung begangen hat. Diesen Einwand hat der Versicherungsnehmer zu widerlegen.

Von Vorteil für den Versicherungsnehmer im Falle des ausgeübten Rücktritts ist schließlich auch, dass dem Versicherer die Prämie nicht mehr bis zum Ende der Versicherungsperiode sondern nur noch bis zum Wirksamwerden der Rücktrittserklärung zusteht. Das gilt auch im Fall der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung.


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Stand: November 2008


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Normen: § 16 VVG a.F., § 19 VVG n.F.

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