Vollstreckung von ausländischen Geldbußen in Deutschland ab dem 01.10.2010

Bisher sind Autofahrer im EU-Ausland meist ungeschoren davongekommen wenn Sie wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen oder Rotlichtverstößen geblitzt wurden. Zum 01.10.2010 tritt nun das Gesetz zur gegenseitigen Anerkennung von Geldbußen in der EU in Kraft. Wel-che Auswirkungen dies auf die Autofahrer haben wird soll mit folgendem Beitrag erläutert werden.

Deutsche Autofahrer durften für Verkehrsverstöße im europäischen Ausland bislang nur vor Ort, und das meist kräftig, zur Kasse gebeten werden. Dies wird sich ab dem 01.10.2010 grundlegend ändern. Zwar werden die Bußgeldkataloge nicht auf Europaebene harmonisiert. Mit der Umsetzung eines EU-Rahmenbeschlusses können aber ab dem 01.10.2010 ausländi-schen Bußgeldbescheide unter gewissen Umständen auch in Deutschland vollstreckt werden. Bislang war dies im wesentlichen nur aufgrund eines bestehenden Staatsvertrages mit Öster-reich möglich. Wer jetzt aber meint das er bis zum 01.10.2010 noch auf der sicheren Seite ist irrt. Das Gesetzt gilt nämlich nicht für die Verkehrsverstöße die ab dem 01.10.2010 begangen werden sondern auch noch rückwirkend. Anknüpfungspunkt ist allein das Ausstellungsdatum des Bußgeldbescheides. Und dies kann, je nach EU-Land, dauern. In Frankreich kann die Zustellfrist sogar 2 Jahre dauern. Für die bevorstehenden Urlaubsfahrten ins Ausland ist also Vorsicht geboten. Der jetzt noch begangene Verkehrsverstoß kann, soweit der Bußgeldbe-scheid erst nach dem 01.10.2010 zugestellt wird, in Deutschland vollstreckt werden. Eine Stichtagsregelung für alles Vergehen nach dem 01.10.2010 war nicht möglich, da das Gesetzt nicht nur Verkehrsverstöße sondern auch Fälle von Wirtschaftkriminalität erfasst und sich bei diesen Fällen der Tatzeitpunkt nicht exakt konkretisieren lässt.

Vollstreckt wird zukünftig aber nicht jeder noch so kleine Parkverstoß. Erst ab einer Mindesthöhe von 70,00 € können die Bußgelder vollstreckt werden. Es kommt dabei aber nicht auf das Bußgeld allein an sondern es werden auch die Gebühren für den Bußgeldbescheid hinzu-gerechnet. Ein 50,00 € Parkverstoß in Italien kann unter Hinzurechung der Gebühren auch noch zu einer Vollstreckung in Deutschland führen.

Neben der Entrichtung der Geldbuße müssen die Verkehrssünder aber auch zukünftig nicht mit einem Fahrverbot oder einem Eintrag im Verkehrszentralregister in Flensburg rechnen. Eine dahingehende Änderung sieht die neue Gesetzgebung nicht vor.

Will ein EU-Staat eine Geldbuße in Deutschland vollstrecken muss es sich zunächst an das Bundesamt für Justiz wenden. Dieses Amt prüft dann, ob die Unterlagen eine Vollsteckung zulassen. Zunächst wird aber der Betroffene zu der Beschuldigung angehört. Kann er keine Einwände vortragen oder äußert er sich gar nicht zu dem Vorfall wird die Geldbuße voll-streckt. Zuständig ist dann der Gerichtsvollzieher. Soll diese vermieden werden sollte die Geldbuße vorher gezahlt werden. Bevor es aber überhaupt zu einer Vollstreckung kommt müssen die Unterlagen dahin überprüft werden, ob eine Zwangsvollstreckung überhaupt zu-lässig ist. Grundvoraussetzung ist dabei, dass der Bußgeldbescheid in deutscher Sprache abge-fasst ist, so dass der Betroffene auch verstehen kann, welche Tat man ihm zur Last legt. Wei-gert sich das Land in dem das Vergehen begangen wurde den Bescheid zu übersetzen, kommt es wohl nicht zu einer Zwangsvollstreckung in Deutschland. Zu einer Zwangsvollstreckung kommt es auch dann nicht, wenn eine Vollstreckung gegen die verfassungsmäßigen Prinzi-pien Deutschlands verstoßen würde. Dies sind die Fälle der sogenannten Halterhaftung. So werden in Italien, den Niederlanden und in Frankreich grundsätzlich die Halter zu Kasse ge-beten auch wenn das Fahrzeug eine andere Person gefahren hat. Diese Form der Haftung ist in Deutschland fremd und wird wohl nicht durchgeführt werden. Geht ein solcher Bußgeldbe-scheid zu sollte hiergegen unbedingt Einspruch eingelegt.

Etwas ähnliches gilt in Österreich. Dort wird der Halter mit einem Bußgeld belegt wenn er nicht den Fahrer des Fahrzeuges benennt. Dies gilt selbst dann wenn die Ehefrau oder ein naher Angehöriger das Fahrzeug geführt hat. Diese Form der Haftung ist aufgrund des beste-henden Zeugnisverweigerungsrechtes in Deutschland ebenfalls unbekannt mit der Folge, dass solche Bußgeldbescheide nicht vollstreckt werden. Auch gegen solche Bußgeldbescheide soll-te daher in jedem Fall fristgerecht Einspruch eingelegt werden.

Für die oben genannten Fälle bedeutet dies aber nicht, dass die Halter auf der sicheren Seite sind. Kommen sie in dem jeweiligen Land in eine Polizeikontrolle kann das noch bestehende Bußgeld vor Ort eingezogen werden. Solange das Bußgeld nebst Kosten nicht beglichen wur-de werden die Papiere einbehalten und der Fahrer ist an der Weiterfahrt gehindert.

Auch die Verhängung von Bußgeldern und deren Durchsetzung ist in den Ländern verschie-den und zum Teil sehr drakonisch. In Finnland bemisst sich etwa das Bußgeld nicht nach Bußgeldsätzen sondern nach dem Einkommen des Beschuldigten. Dies hat zur Folge, dass zum Teil Bußgelder in Höhe von mehreren tausend Euro für leichte Verkehrsverstöße ver-hängt werden. Wird in Italien jemand mit einem Blutalkoholgehalt von über 1,5 Promille er-wischt wird das Fahrzeug sogar enteignet und versteigert.

Dieser Beitrag erschien in der Zeitschrift MuR – Mittelstand und Recht


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Stand: Juni 2010


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