Vermieter oder Mieter – Wer beseitigt Schnee und Eis? - 1. Teil


Vermieter oder Mieter – Wer beseitigt Schnee und Eis? - 1. Teil

Jedes Jahr zu Beginn des Winters stellt sich die Frage, wem die Pflicht obliegt, Gehwege von Schnee und Eis zu befreien. In diesem Zusammenhang stellt sich immer die Frage, wer zur Erfüllung der so genannten Verkehrssicherungspflicht berufen ist.

Bei öffentlichen Bürgerstiegen besteht die Verpflichtung zur Durchführung der Räum- und Streuarbeiten der Gemeinde, denn ihr obliegt die Verkehrssicherungspflicht. Allerdings haben die meisten Gemeinden von der gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht, diese Verpflichtung auf die Straßenanlieger, sprich die Grundstückseigentümer zu übertragen. Dann ist nicht mehr die Gemeinde sondern die Hauseigentümer für den Winterdienst auf den öffentlichen Gehwegen zuständig. Bei Miethäusern ist das entweder der einzelne Vermieter und bei Eigentümergemeinschaften die Wohnungseigentümer und/oder die Gemeinschaft.

Ihnen obliegt jedoch nicht nur der Winterdienst für die öffentlichen Bürgersteige; sie sind auch dafür verantwortlich, dass die Mieter und Besucher unfallfrei ins Haus gelangen können.

Diese zivilrechtliche Streupflicht ergibt sich aus § 535 BGB. Danach ist der Vermieter verpflichtet, dem Mieter während der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache zu ermöglichen. Dazu gehört auch die Begehbarkeit der Zugänge und das diese schnee- und eisfrei sind. Zu den Zugängen gehören neben dem Weg zum Wohngebäude auch der Weg zu Außenbriefkästen, Garagen oder Mülltonnen.

1. Inhalt und Umfang der Streupflicht

Das Schwierige bei der Beschreibung von Inhalt und Umfang der Streupflicht ist, dass sich der Rahmen örtlich unterscheiden kann und es bezüglich gesetzlicher Unbestimmtheiten keine einheitliche Rechtsprechung gibt. Sehr häufig ergeben sich Unterschiede, je nach bestehender Wetterlage.

Zunächst hilft oft ein Blick in die örtliche Straßenreinigungssatzung. Diese legt im Normalfall die Zeit fest, in der eine Räumpflicht besteht. Die Straßenreinigungssatzung der Stadt Potsdam beispielsweise sieht in § 4 Abs.4 vor, dass werktags zwischen 6 – 20 Uhr und an Sonn- und Feiertagen zwischen 9 – 20 Uhr Schnee und Glätte unverzüglich zu beseitigen sind. Damit scheiden häufig Streitigkeiten aus, in denen diskutiert wird, ob der Winterdienstverpflichtete auch nachts bzw. vor der allgemeinen Geschäftszeit eine Räumpflicht hat.

Eine Pflicht früh um 5 Uhr die Gehwege und Zugänge zu räumen besteht in den seltensten Fällen. Auch wenn die Zeit nicht durch die Straßenreinigungssatzung geregelt ist, beginnt die Streupflicht in der Regel mit dem Einsetzen des Tagesverkehrs und endet auch mit der üblichen Verkehrs- und Geschäftszeit.

Allerdings muss auch hier beachtet werden, dass die öffentlich-rechtliche Winterdienstpflicht von der Zivilrechtlichen zu unterscheiden ist. Hat der Vermieter sich verpflichtet, die Zugänge schon um 5 Uhr früh geräumt zu haben, können die Mieter eine Räumung zur vereinbarten Zeit verlangen.

Häufig wird in den Satzungen auch die zu räumende Gehwegbreite festgelegt. Diese ist in der Regel so bemessen, dass zwei Personen vorsichtig aneinander vorbeigehen können und liegt meist zwischen 1 -1,5 m. Die Räumung des gesamten Gehweges ist normalerweise nicht zu erwarten und auch nicht zumutbar.

Von der allgemeinen Räumpflicht während der Geschäftszeiten gibt es jedoch unzählige Ausnahmen, wobei es insbesondere hier auf die Konstellationen des Einzelfalls ankommt. Zunächst hilft wieder ein Blick in die örtliche Satzung. Die Straßenreinigungssatzung der Stadt Potsdam legt fest, dass eine Verpflichtung zum Streuen dann nicht besteht, wenn das Streugut wegen anhaltend starkem Schneefall keine nachhaltige Streuwirkung erzielen würde. Vielmehr ist mit dem Streuen erst nach einer angemessenen Zeit nach Eintritt der Glätte oder Aufhören des Schneefalls zu beginnen. Handelt es sich allerdings nur um leichten, durch Pausen unterbrochenen Schneefall, besteht eine Räum- und Streupflicht schon währenddessen.

Nicht ganz einheitlich wird die Frage beurteilt, ab wann eine Streupflicht besteht und ob der Pflichtige Vorsorgemaßnahmen treffen muss. Während das OLG Brandenburg eine solche Sicherungspflicht bejaht, geht der BGH davon aus, dass eine Räumpflicht erst besteht, wenn die Glatteisgefahr konkret ist.

2. Möglichkeit der Übertagung auf den Mieter und Überwachungspflicht

Kann der Vermieter seine Räum- und Streupflicht auf die Mieter übertragen? Eine solche Übertagung auf den Mieter ist möglich und auch weit verbreitete Praxis. Dazu genügt eine ausdrückliche Regelung im Mietvertrag oder aber auch in der Hausordnung.

Bei der Hausordnung ist jedoch Voraussetzung, dass sie Bestandteil des Mietvertrages geworden ist, damit die Winterdienstpflicht für den Mieter nicht als überraschende und damit unwirksame Klausel iSd. § 307 I BGB verstanden werden kann. Eine spätere einseitige Änderung der Hausordnung durch den Vermieter kann den Mieter nicht zum Winterdienst verpflichten, es sei denn, der Vermieter hat sich eine derartige Änderung bereits vorher im Wortlaut der Hausordnung vorbehalten.

Ist der Mieter vertraglich verpflichtet, den Winterdienst durchzuführen, hat er bei Verhinderung wegen Beruf, Krankheit, Urlaub oder Ähnlichem, eine Vertretung zu besorgen. Probleme treten dann auf, wenn der Mieter seiner Winterdienstpflicht wegen Behinderung oder Gebrechlichkeit nicht (Fußnote) nachkommen kann. Gerade bei diesem Thema hat sich keine vorherrschende Meinung herausgebildet, vielmehr besteht in der Rechtsprechung Uneinigkeit darüber, ob in diesen Fällen die Verpflichtung des Mieters fortbesteht oder entfällt.

Zu beachten ist, dass der Vermieter, auch wenn er den Winterdienst auf die Mieter übertragen hat, dennoch verpflichtet bleibt, die Erfüllung dieser Pflicht zu überwachen und zu kontrollieren. An diese Überwachung werden strenge Maßstäbe gestellt. So muss der Vermieter zunächst die Organisation des Winterdienstes übernehmen, beispielsweise durch die Aufstellung eines konkreten Wochenplanes. Zudem hat er stichprobenartig zu überprüfen, ob die Mieter ihrer Räumpflicht nachkommen. Letzteres gilt auch, wenn ein professionelles Unternehmen mit der Durchführung betraut wurde. Nur wenn der Vermieter seiner Überwachungspflicht nachkommt und dies auch beweisen kann, ist er im Schadensfall nicht haftbar.


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Stand: 01/2009


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