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Verkehrsordnungswidrigkeiten - Teil 13 - Geschwindigkeitsüberschreitung I

5.2 Geschwindigkeitsüberschreitung

Die Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit im Straßenverkehr ist eine der meist geahndeten Ordnungswidrigkeiten. Geahndet werden Geschwindigkeitsverstöße mit Bußgeldern von 15,00 EUR bis zu 680,00 EUR und Maßregelungen von bis zu 2 Punkten und 3 Monaten Fahrverbot. Bußgelder für Verstöße innerorts werden dabei generell höher angesetzt. Hat man hier 31 km/h zu viel auf dem Tacho bekommt man bereits ein vorübergehendes Fahrverbot für einen Monat. Außerorts ist im Bußgeldkatalog ein Regelfahrverbot bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 41km/h vorgesehen.

Ein Geschwindigkeitsverstoß liegt immer dann vor, wenn man als Fahrzeugführer die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreitet. Was die zulässige Höchstgeschwindigkeit ist, bestimmt sich dabei entweder nach der aktuellen Verkehrssituation, den allgemeinen Geschwindigkeitsbegrenzungen aus § 3 STVO oder speziellen Verkehrszeichen zur einzuhaltenden Geschwindigkeit.

5.2.1 Geschwindigkeit nach Verkehrssituation (situationsadäquate Geschwindigkeit)

Nach § 3 Abs. 1 StVO darf man nur so schnell fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird. Das bedeutet, man darf sein Fahrzeug immer nur mit einer Geschwindigkeit fahren, in der man es auch kontrollieren kann.

Die Geschwindigkeit ist dabei den Straßenverhältnissen, den Verkehrsverhältnissen, den Sicht- und Wetterverhältnissen anzupassen. Außerdem muss die Geschwindigkeit auch den persönlichen Fähigkeiten des Autofahrers und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung angepasst sein. Es darf nur so schnell gefahren werden, dass man innerhalb der übersehbaren Strecke anhalten kann. Das wird als das sogenannt Sichtfahrgebot bezeichnet (OLG Celle, Beschluss vom 21. September 2015, Az.: 2 Ss (OWi) 263/15).

Beträgt die Sichtweite durch Nebel, Schneefall oder Regen weniger als 50 m, darf nicht schneller als 50 km/h gefahren werden, wenn nicht eine geringere Geschwindigkeit geboten ist. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn die Verkehrslage aufgrund der schlechten Sicht unklar ist und man nicht genau beurteilen kann, wie der vorausliegende Verkehrsfluss ist – also, ob ein Stau zu erwarten ist oder ob der Verkehr in Schrittgeschwindigkeit fährt (vgl. Schröder in: Bachmeier/Müller/Rebler, Verkehrsrecht Kommentar, § 3 STVO, Rn 1).

Bei besonders schmalen Fahrbahnen, auf denen der Gegenverkehr durch zu schnelles Fahren gefährdet werden könnte, muss sogar so langsam gefahren werden, dass mindestens innerhalb der Hälfte der übersehbaren Strecke gehalten werden kann. Solche Fälle treffen vor allem auf enge Straßen zu, die nur eine Fahrbahn haben, die von beiden Verkehrsrichtungen genutzt werden.

Beispiel
Der LKW-Fahrer L fährt mit seinem Sattelzug auf der rechte Fahrspur Bundesautobahn A9. Die Autobahn ist zweispurig. Da sich auf der rechten Fahrspur ein Stau bildet, reduzieren die vor L fahrenden Kraftfahrzeugführer ihre Geschwindigkeit. Der direkt vor L fahrende Lastkraftwagen bremst seine Geschwindigkeit sogar auf unter 40 km/h ab und schaltet sein Warnblinklicht ein. L verringert verringerte seine Geschwindigkeit nicht, sondern fährt ungebremst mit einer Geschwindigkeit von über 80 km/h auf den vor ihm fahrenden Lastkraftwagen auf.

  • L hat vor dem Auffahrunfall einen Geschwindigkeitsverstoß begangen, da er mit unangepasster Geschwindigkeit gefahren ist. Das ist ein fahrlässiger Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Satz 2 und Satz 4 StVO und gegen § 1 Abs. 2 StVO. Als Autofahrer darf man nämlich nach dem sog. Sichtfahrgebot nur so schnell fahren, dass man innerhalb der übersehbaren Strecke anhalten kann und muss außerdem seine Geschwindigkeit den Verkehrsverhältnissen anpassen. Ist die Verkehrslage unklar, weil man die Entwicklung des Verkehrs vor einem nicht sicher beurteilen kann, muss man seine Geschwindigkeit verlangsamen. Hier bestand für den L eine unklare Verkehrslage. Infolge eines sich auf der rechten Fahrspur bildenden Staus reduzierten die vor L fahrenden Kraftfahrzeugführer merklich ihre Geschwindigkeit und schalteten sogar zum Teil sogar die Warnblinkanlage ein. Aufgrund dieser Anzeichen konnte L die weitere Entwicklung des Verkehrs nicht sicher beurteilen. Diese unklare Verkehrslage begründete für L die Pflicht, seine Geschwindigkeit ebenfalls zu verringern und sie der Verkehrslage anzupassen. Diese Pflicht hat L verletzt.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Ordnungswidrigkeiten im Verkehr“ von Michael Kaiser, Rechtsanwalt, und Kristin Nözel, Volljuristin Dipl. jur. (Univ.), juristisch Fachautorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2018, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-84-7.


Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2018


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