Umwandlungssteuerrecht – Teil 25 – Steuerliche Folgen für die übernehmende Körperschaft
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
6.2.4 Buch- oder Zwischenwertansatz
Unter den Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Satz 1 UmwStG können die übergehenden Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Übertragungsbilanz - anstatt mit dem gemeinen Wert - mit dem Buchwert oder mit einem zwischen Buchwert und gemeinem Wert liegenden Wert (Zwischenwert) angesetzt werden. Damit wird das eigentliche Ziel des UmwStG, nämlich eine steuerlich unbelastete Umstrukturierung des Unternehmens, verfolgt.
6.2.5 Vermögensübertragung i. S. d. § 174 UmwG
Bei einer Vermögensübertragung i. S. d. § 174 UmwG können per definitionem die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Satz 1 UmwStG für einen Buch- oder Zwischenwertansatz in der steuerlichen Übertragungsbilanz nicht erfüllt sein, weil die Vermögensübertragung nur gegen Gewährung einer Gegenleistung an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers erfolgen kann, die nicht in Anteilen oder Mitgliedschaften besteht. Das widerspricht dem Gegenleistungsverbot des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UmwStG.
Folglich sind bei den Vermögensübertragungen i. S. d. § 174 UmwG grundsätzlich alle übergehenden Wirtschaftsgüter mit dem gemeinen Wert anzusetzen.
Geht das Vermögen auf den alleinigen Anteilseigner über (z. B. eine 100 %-Tochter-GmbH wird auf eine Gemeinde als deren Alleininhaber übertragen), ist ein Buchwertansatz möglich, weil in diesem Fall keine Gegenleistung vorliegt. Allerdings muss das übergehende Betriebsvermögen in einen Betrieb gewerblicher Art gelangen, weil andernfalls § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwStG eine Minderbewertung ausschließt.
6.3 Steuerliche Folgen für die übernehmende Körperschaft, § 12 UmwStG
Im Fall der Verschmelzung einer Körperschaft auf eine andere Körperschaft ergeben sich für die übernehmende Körperschaft besondere ertragsteuerlichen Folgen aus § 12 UmwStG. Dem Wortlaut des § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG erschließt sich die Vorstellung des Gesetzgebers von einer Aufwärtsverschmelzung (sog. up-stream-merger) einer Tochtergesellschaft auf ihre Muttergesellschaft (Verschmelzung durch Aufnahme). Auf Grundlage dieser angenommenen Sachverhaltskonstellation erklärt sich die Regelung zur Ermittlung des Übernahmeergebnisses. Im Unterschied zu den unter §§ 3 bis 10 UmwStG zu subsumierenden Vorgängen wird bei der Verschmelzung zweier Körperschaften die Körperschaftsteuersphäre nicht verlassen. Aus diesem Grund sind die Besteuerungsfolgen für die übernehmende Körperschaft und für die umwandlungsbeteiligten Anteilseigner unabhängig voneinander zu ziehen. Es ist nicht von einer Vollausschüttung der offenen Rücklagen auszugehen.
Von der übernehmenden Körperschaft werden sowohl die offenen Rücklagen als auch von der Übertragerin nicht mehr realisierte Gewinne fortgeführt. § 12 Abs. 1 Satz 1 UmwStG bildet dabei mit der Anordnung, die übergegangenen Wirtschaftsgüter mit dem in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft enthaltenen Wert i. S. d. § 1 UmwStG zu übernehmen, das notwendige Pendant zu der mit § 11 Abs. 2 UmwStG geschaffenen Möglichkeit einer steuerneutralen Umwandlung.
Für die Besteuerungsfolgen bei der übernehmenden Körperschaft ist nach folgendem Plan vorzugehen:
- Ermittlung des Beteiligungskorrekturgewinns
- Ermittlung des Übernahmeergebnisses
- Eigenkapitalveränderungen
6.3.1 Beteiligungskorrekturgewinn
Nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UmwStG i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwStG sind in früheren Jahren steuerwirksam vorgenommene Wertminderungen (Teilwertabschreibungen) und Abzüge (z. B. § 6b EStG) von den Anschaffungskosten der Anteile an der übertragenden Körperschaft rückgängig zu machen. Obergrenze für die Wertaufholung ist der gemeine Wert der Anteile an der übertragenden Körperschaft.
Anwendungsvoraussetzung für dieses Wertaufholungsgebot ist, dass die übernehmende Körperschaft am steuerlichen Übertragungsstichtag (§ 2 Abs. 1 UmwStG) Anteilseignerin der übertragenden Körperschaft war. Außerdem müsste sie in früheren Jahren (Teilwert-)Abschreibungen oder Abzüge von den Anschaffungskosten für diese Anteile nach § 6b EStG oder ähnliche Abzüge (z. B. Abzüge nach § 30 BergbauRatG oder nach R 6.5 EStR oder R 6.6 EStR) steuerwirksam vorgenommen haben. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kommt es zu dem Beteiligungskorrekturgewinn. Damit wird steuerlich nachgeholt, was sich die übernehmende Körperschaft in früheren Jahren erspart hat. Der Beteiligungskorrekturgewinn ist ein laufender voll steuerpflichtiger Gewinn, der sowohl der Körperschaftsteuer als auch der Gewerbesteuer unterliegt. Er entsteht am steuerlichen Übertragungsstichtag - und zwar eine logische Sekunde vor der Vermögensübertragung. Mit der Vermögensübertragung fallen nämlich die Anteile an der Übertragerin weg, sodass dann keine Wertkorrektur mehr vorgenommen werden kann. Der korrigierte Buchwert der Anteile bildet sodann die Grundlage für die Ermittlung des Übernahmeergebnisses nach § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG.
Die Bedeutung dieses Wertaufholungsgebots hat in den vergangenen Jahren stark abgenommen und wird sich in den nächsten Jahren weiter verflüchtigen. Teilwertabschreibungen auf Anteile an Kapitalgesellschaften konnten steuerwirksam nur bis zur Einführung des § 8b Abs. 3 KStG vorgenommen werden. Darüber hinaus besteht mit § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG i. V. m. Nr. 1 Satz 4 EStG ein allgemeines, ohnehin zu jedem Bilanzstichtag zu beachtendes Wertaufholungsgebot. Der Unterschied zu § 12 Abs. 1 Satz 2 UmwStG i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwStG besteht darin, dass nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG eine Wertzuschreibung bis zur Höhe des Teilwerts und nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwStG eine Zuschreibung bis zur Höhe des gemeinen Werts zu erfolgen hat. Nur für den Fall, dass der gemeine Wert den Teilwert überschreitet, geht das Wertaufholungsgebot des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwStG über das des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG hinaus. Das ist jedoch recht unwahrscheinlich, denn ein die Anschaffungskosten unterschreitender Teilwert kann nur bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG) während es für die Bestimmung des (niedrigeren) gemeinen Werts nur auf die Verhältnisse am steuerlichen Übertragungsstichtag ankommt.
Anschaffungskostenminderungen durch Kapitalrückzahlungen aus dem steuerlichen Einlagekonto gehören nicht zu den ähnlichen Abzügen i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwStG. Es sind keine steuerwirksamen Buchwertminderungen. Insoweit besteht kein Grund für eine gewinnwirksame Buchwerterhöhung nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UmwStG.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Umwandlungssteuerrecht“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und Steuerberateranwärter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-73-1.
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2017