Umwandlungssteuerrecht – Teil 14 – Rechtsfolgen bei Ansatz der gemeinen Werte
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
4.5 Rechtsfolgen bei Ansatz der gemeinen Werte
Wählt die übernehmende Personengesellschaft nach § 24 UmwStG den Ansatz der gemeinen Werte, so sind alle stillen Reserven des eingebrachten Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils für eine Rücklage nach § 6 EStG aufzudecken. Für die weitere Abschreibung ist nach § 23 Abs. 4 UmwStG zu differenzieren, ob die Einbringung im Wege der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge erfolgt:
- Liegt eine Gesamtrechtsnachfolge vor, so wird der Aufstockungsbetrag (= die aufgedeckten stillen Reserven) wie nachträgliche Anschaffungskosten behandelt. Die Abschreibungsmethode bleibt unverändert.
- Im Falle der Einzelrechtsnachfolge, wird die Übertragung der einzelnen Wirtschaftsgüter wie eine entgeltliche Veräußerung beurteilt.
Beispiel
Ein Einzelunternehmer soll in eine GmbH & Co. KG umgewandelt werden, wobei der bisherige Einzelunternehmer neben der Komplementär-GmbH einziger Gesellschafter werden soll. Die Bilanz des Einzelunternehmers sieht zum Umwandlungsstichtag wie folgt aus: Aktiva: Grundstück 100.000 EUR und Gebäude 300.000 EUR. Auf der Passiva: Kapital 400.000 EUR.
Der gemeine Wert des Grundstücks beträgt 300.000 EUR, der des Gebäudes 600.000 EUR. Der Firmenwert beläuft sich auf 500.000 EUR. Die Anschaffungskosten des Gebäudes betrugen 400.000 EUR, die bisher mir 3 % p.a. abgeschrieben wurden.
Die aufnehmende GmbH & Co. KG wählt den Ansatz der gemeinen Werte.
- Da sämtliche stillen Reserven des Einzelunternehmers aufgedeckt werden, kann U grundsätzlich die Vergünstigung der §§ 16, 34 EStG in Anspruch nehmen (§ 24 Abs. 3 UmwStG).
- Die Eröffnungsbilanz der GmbH & Co. KG sieht wie folgt aus:
Aktiva
Grundstück 300.000 EUR
Gebäude 600.000 EUR
Firmenwert 500.000 EUR.
Passiva
Kapital von 1,4 Mio. EUR. - Da es sich bei dieser Umwandlung um einen Fall der Einzelrechtsnachfolge handelt, ist nach § 23 Abs. 4 UmwStG die Bemessungsgrundlage neu festzulegen. Dies ist nun identisch mit dem gemeinen Wert (entspricht Kaufpreis). Die Abschreibung erfolgt nach § 7 Abs. 4 Nr. 1 EStG mit 3 % p.a. (wie bisher). Die AfA ist somit jährlich mit 18.000 EUR (600.000 * 3 %) vorzunehmen.
4.5.1 Rückwirkung
Das UmwG sieht in § 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG die Möglichkeit vor, die Wirkungen einer Verschmelzung auf einen maximal acht Monate vor der Anmeldung liegenden Stichtag zurück zu beziehen. Der Vorteil liegt darin, dass bereits ab diesem Zeitpunkt der Verschmelzung der neue Rechtsträger geschäftlich agieren kann.
Erfolgt die Einbringung i.S.d. § 24 UmwStG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge, so kann steuerlich nach § 24 Abs. 4 i.V.m. § 20 Abs. 5 und 6 UmwStG ein maximal acht Monate zurück liegender Stichtag gewählt werden.
Beispiel
Die XY-GbR mit den Gesellschaftern A, B und C nimmt den D als weiteren Gesellschafter gegen Bareinlage auf. Der Gesellschaftsvertrag wird am 15.02.2017 geschlossen. Aus Vereinfachungsgründen wollen die Gesellschafter eine rückwirkende Aufnahme zum 31.12.2016.
- Da eine GbR nach § 3 UmwG kein verschmelzungsfähiger Rechtsträger i.S.v. § 3 UmwG ist, kann die Umwandlung handelsrechtlich nur im Wege der Einzelrechtsnachfolge erfolgen. Damit ist nach § 24 Abs. 4 UmwStG eine rückwirkende Einbringung steuerlich nicht möglich.
Beispiel
Die A-KG und B-KG werden zur neuen C-KG verschmolzen.
- Da eine KG ein verschmelzungsfähiger Rechtsträger i.S.v. § 3 UmwG ist, kann steuerlich ein bis zu acht Monate zurück liegender Verschmelzungsstichtag gewählt werden. Nach § 24 Abs. 4 UmwStG kann steuerlich die Einbringung rückwirkend auf den 31.12.2016 erfolgen.
4.5.2 Einbringung von Beteiligungen
Soweit im Rahmen einer Einbringung nach § 24 Abs. 1 UmwStG Anteile an einer Körperschaft in eine Personengesellschaft eingebracht werden und die aufnehmende Personengesellschaft die Beteiligung mit dem Buchwert oder einen Zwischenwert ansetzt, gilt nach § 24 Abs. 5 UmwStG eine Sperrfrist von sieben Jahren. Wird die Beteiligung innerhalb dieses Zeitraums veräußert, so sind die Grundsätze der sperrfristverhafteten Anteile § 22 UmwStG anzuwenden, mit der Folge, dass der Gewinn aus der Einbringung nachversteuert wird.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Umwandlungssteuerrecht“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und Steuerberateranwärter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-73-1.
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2017