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Umwandlungssteuerrecht – Teil 07 – Ansatz des gemeinen Wertes, Zwischenwertansatz


Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


3.5 Ansatz des gemeinen Wertes

Nach § 20 UmwStG sind die Wirtschaftsgüter des eingebrachten Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteil grundsätzlich mit dem gemeinen Werten anzusetzen. Der Ansatz zum Buchwert bzw. Zwischenwert stellt einen Ausnahmetatbestand dar.

Beim Ansatz des gemeinen Werts sind alle stillen Reserven aufzudecken, steuerfreie Rücklagen (z.B. nach § 6 b EStG) aufzulösen und selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter, einschließlich des Firmenwerts, anzusetzen.

Da sämtliche stillen Reserven im Einzelunternehmen bzw. Mitunternehmeranteil schlagartig aufgedeckt werden, gewährt § 20 Abs. 4 UmwStG die Vergünstigungen der §§ 16, 34 EStG, auch nur einschränkend, da die Steuerermäßigung (sog. Fünftel-Regelung) nach diesen Vorschriften nur gewährt werden, wenn es sich nicht um einen eingebrachten Mitunternehmeranteil handelt.
Die Behandlung durch die Kapitalgesellschaft richtet sich danach, ob die Einbringung im Wege der Einzelrechtsnachfolge oder der Gesamtrechtsnachfolge erfolgt. Gesamtrechtsnachfolge liegt vor, wenn die Einbringung der Wirtschaftsgüter nach den Regeln des UmwG erfolgt. Einzelrechtsnachfolge liegt vor, wenn die Wirtschaftsgüter außerhalb des UmwG einzeln übertragen wurden.

Beispiel
Bei der Gründung einer GmbH soll der Alleingesellschafter G sein bisheriges Einzelunternehmen einbringen. Die Bilanz des Einzelunternehmens sieht zum Einbringungszeitpunkt wie folgt aus:

Aktiva:
Gebäude 100.000 EUR
Patente 200.000 EUR
diverse Wirtschaftsgüter 400.000 EUR

Passiva:
Kapital 700.000 EUR.
Die gemeinen Werte betragen:
Gebäude 300.000 EUR
Patent 600.000 EUR
Firmenwert 500.000 EUR

Die GmbH will in ihrer Eröffnungsbilanz die gemeinen Werte ansetzen. Das Gebäude wurde vom Einzelunternehmen für 250.000 EUR erworben und bisher zulässigerweise mit 3% p.a. abgeschrieben.

  • Sämtliche stillen Reserven sind aufzudecken. Damit sieht die Eröffnungsbilanz der GmbH wie folgt aus:

Aktiva:
Gebäude 300.000 EUR
Patent 600.000 EUR
diverse Wirtschaftsgüter 400.000 EUR
der Firmenwert 500.000 EUR

Passiva:
Stammkapital 1.800.000 EUR

  • Da Einzelunternehmen nach § 3 UmwStG nicht zu den verschmelzungsfähigen Rechtsträgern zählen, kann die Einbringung nur im Wege der Einzelrechtsnachfolge erfolgen. Nach § 23 Abs. 4 UmwStG gelten damit die eingebrachten Wirtschaftsgüter als im Zeitpunkt der Einbringung angeschafft. Die AfA nach Einbringung beläuft sich damit nach § 7 Abs. 4 Nr. 1 EStG für das Gebäude auf 9.000 EUR (300.000 EUR x 3% p.a.).
  • Der Firmenwert ist nach § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG linear über 15 Jahre abzuschreiben. Die Anschaffungskosten der diversen Wirtschaftsgüter (hier 400.000 EUR) sind auf die Restnutzungsdauer zu verteilen.

3.6 Zwischenwertansatz

Ein Zwischenwert ist höher als der Buchwert aber niedriger als der gemeine Wert.

Der Ansatz eines Zwischenwertes kann insbesondere dann interessant sein, wenn der einbringende Unternehmer Verlustvorträge hat, die er mit dem Gewinn aus der Aufdeckung der stillen Reserven verrechnen kann.

Bei der Wahl eines Zwischenwertes sind die stillen Reserven, die in den eingebrachten Wirtschaftsgütern stecken, gleichmäßig aufzustocken und zwar um den Betrag der zwischen Buchwert und Zwischenwert angesetzt wurde. Dies gilt auch für den einen selbst geschaffenen Firmenwert sowie sonstige selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter (z.B. Patente). Es ist nicht zulässig, die stillen Reserven eines Wirtschaftsgutes aufzudecken und die übrigen restlichen Wirtschaftsgüter mit dem Buchwert anzusetzen. Bei der Aufstockung sind grundsätzlich sowohl das Anlage- als auch das Umlaufvermögen zu berücksichtigen.

Die Aufdeckung der stillen Reserven beim Einbringenden ist als laufender Gewinn zu behandeln und zu versteuern.

Beispiel
Bei der Gründung einer GmbH soll der Alleingesellschafter G sein bisheriges Einzelunternehmen einbringen. Die Bilanz des Einzelunternehmers sieht zum Einbringungszeitpunkt wie folgt aus:

Aktiva:
Gebäude 100.000 EUR
Patent 200.000 EUR
diverse Wirtschaftsgüter 400.000 EUR.

Passiva:
Kapital von 700.000 EUR.
Die gemeinen Werte betragen:
Gebäude 300.000 EUR
Patent 600.000 EUR sowie
Firmenwert 500.000 EUR.

Die GmbH soll die Wirtschaftsgüter zulässigerweise mit 1 Mio. EUR aktivieren (Stammkapital 1 Mio. EUR).

  • Die Buchwerte des Einzelunternehmens sind um 300.000 EUR aufzustocken. Die gesamten stillen Reserven belaufen sich auf 1,1 Mio. EUR (200 TEUR + 400 TEUR + 500 TEUR), also den Unterschiedsbeträgen aus den Buchwerten und den gemeinen Werten. Damit sind 300.000 EUR der stillen Reserven aufzudecken.
  • Der Gesellschafter erzielt in seinem Einzelunternehmen einen laufenden Gewinn i.H.v. 300.000 EUR (1 Mio. EUR ./. 700.000 EUR). Dies entspricht den aufgedeckten stillen Reserven. Da nicht sämtliche stillen Reserven aufgedeckt werden, liegt insoweit ein laufender - und nach § 7 GewStG gewerbesteuerpflichtiger - Gewinn vor.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Umwandlungssteuerrecht“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und Steuerberateranwärter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-73-1.



Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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