Umwandlungssteuerrecht – Teil 06 – Buchwert ist höher als das gezeichnete Kapital, Buchwert ist niedriger als das gezeichnete Kapital
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
3.4.3 Buchwert ist höher als das gezeichnete Kapital
Ist der Buchwert höher als das gezeichnete Kapital, so kann dies wahlweise durch
- Gewährung eines Darlehens durch den übertragenden Rechtsträger
- Zuzahlung durch den übertragenden Rechtsträger oder
- Einbringung einer Kapitalrücklage
kompensiert werden.
Im Falle der Darlehensgewährung oder der Zuzahlung bleibt das Wahlrecht des der GmbH nach § 20 Abs. 1 UmwStG erhalten, da der einbringende Gesellschafter trotz der Wertunterschiede neue Anteile an der Gesellschaft erhält. Die Gewährung zusätzlicher Wirtschaftsgüter (Darlehen oder Zuzahlung) hat Auswirkungen auf den Veräußerungspreis des eingebrachten Betriebs sowie auf die Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile (§ 20 Abs. 3 UmwStG). Die Anschaffungskosten werden um den Betrag gekürzt, der den Unterschied zwischen dem Buchwert und dem gezeichneten Kapital ergibt. Der Veräußerungspreis bleibt in der Höhe bestehen, den der Buchwert hat, da die Differenz als Darlehensverbindlichkeit bei der übernehmenden Gesellschaft zu verbuchen ist.
Beispiel
Bei der Gründung einer GmbH soll das Stammkapital (200.000 EUR) dadurch aufgebracht werden, dass Gesellschafter G1 eine Bareinlage i.H.v. 100.000 EUR erbringt. Gesellschafter G2 soll sein Einzelunternehmen (Buchwert 140.000 EUR) als Sacheinlage in die XY-GmbH einbringen. Zum Ausgleich der höheren Buchwerte soll G2 einen Darlehensanspruch erhalten.
- Die Eröffnungsbilanz der GmbH sieht wie folgt aus:
Aktiva:
Wirtschaftsgüter des eingebrachten Betriebs 140.000 EUR
Bank (= Bareinlage G1) mit 100.000 EUR.
Passiva:
Stammkapital 200.000 EUR
Darlehensverbindlichkeit gegenüber G2 40.000 EUR.
- Gesellschafter G2 hat nach § 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG für seinen Betrieb einem Veräußerungspreis i.H.v. 140.000 EUR erzielt. Hieraus resultiert aber kein Gewinn, da der Veräußerungspreis dem Kapital des eingebrachten Betriebs entspricht.
- Die Anschaffungskosten der GmbH-Anteile des G2 sind nach § 20 Abs. 3 Satz 3 UmwStG zu ermitteln. Da G2 neben den Gesellschaftsanteilen auch andere Wirtschaftsgüter erhielt (Darlehensanspruch), muss er den Wert dieses Wirtschaftsgutes bei der Bemessung der Anschaffungskosten abziehen. Somit betragen die Anschaffungskosten 100.000 EUR (140.000 EUR ./. 40.000 EUR).
Im Fall der Buchung des Darlehens oder der Zuzahlung als Kapitalrücklage ist zu beachten, dass insoweit eine verdeckte Einlage des einbringenden Gesellschafters vorliegt. Die verdeckte Einlage führt zu einem Zugang im steuerlichen Einlagekonto nach § 27 KStG. Wird die Kapitalrücklage für Zwecke der Ausschüttung aufgelöst, so stehen die Ausschüttungen den Gesellschaftern entsprechend ihrer Beteiligung am Stammkapital zu. Dies bedeutet, dass der einbringende Gesellschafter unter Umständen weniger Dividende erhält als er der Gesellschaft in Form der verdeckten Einlage zugeführt hat.
3.4.4 Buchwert ist niedriger als das gezeichnete Kapital
Erreicht der Buchwert das gezeichnete Kapital nicht, so müssen entweder die Wirtschaftsgüter von der GmbH über dem Buchwert angesetzt werden (§ 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG) oder der Gesellschafter muss eine Zuzahlung leisten.
Beispiel
Bei der Gründung einer GmbH soll das Stammkapital (200.000 EUR) dadurch aufgebracht werden, dass Gesellschafter G1 eine Bareinlage i.H.v. 100.000 EUR einbringt. Gesellschafter G2 soll sein Einzelunternehmen (Buchwert 40.000 EUR, gemeiner Wert 150.000 EUR) als Sacheinlage in die XY-GmbH einbringen.
- 1. Möglichkeit:
Die GmbH setzt die Wirtschaftsgüter mit 100.000 EUR an (Zwischenwert). Die Eröffnungsbilanz der GmbH sieht dann wie folgt aus:
Aktiva:
Wirtschaftsgüter des eingebrachten Betriebs 100.000 EUR
Bank (= Bareinlage G1) 100.000 EUR.
Passiva:
Stammkapital 200.000 EUR.
- Bei dieser Möglichkeit erzielt G2 einen Veräußerungspreis, der nicht nach § 16 EStG begünstigt ist (§ 20 Abs. 4 UmwStG), da die übernehmende Gesellschaft nicht den vollständigen gemeinen Wert ansetzt. Da der Wertansatz durch die GmbH nach § 20 Abs. 3 UmwStG als Veräußerungspreis gilt, erzielt G2 einen Veräußerungsgewinn i.H.v. 60.000 EUR (100.000 EUR ./. 40.000 EUR). Die Anschaffungskosten der neuen Gesellschaftsanteile betragen dann 100.000 EUR.
- 2. Möglichkeit:
Im Falle einer zusätzlichen Bareinlage durch G2 in Höhe von 60.000 EUR sieht die Eröffnungsbilanz der GmbH wie folgt aus:
Aktiva:
Wirtschaftsgüter des eingebrachten Betriebs 40.000 EUR
Bank (= Bareinlagen G1 und G2) 160.000 EUR
Passiva:
Stammkapital 200.000 EUR.
- G2 erzielt bei dieser Variante keinen Veräußerungsgewinn. Die Anschaffungskosten der Anteile belaufen sich für ihn auf 100.000 EUR (40.000 EUR + 60.000 EUR).
Wird das Mindestkapital nach § 5 GmbHG nicht erreicht, weil die Wirtschaftsgüter des eingebrachten Betriebs mit dem Buchwert angesetzt werden, dann muss der Einbringende die Differenz zwischen dem Buchwert und der vorgeschriebenen Stammeinlage durch eine Zuzahlung in der Handelsbilanz leisten. In der Steuerbilanz ist der Ansatz zum Buchwert unproblematisch, da der Maßgeblichkeitsgrundsatz (Handelsbilanz ist maßgeblich für Steuerbilanz) im Umwandlungssteuerrecht nicht gilt, können die Ansätze in der Handelsbilanz von den Ansätzen in der Steuerbilanz abweichen.
Beispiel
Bei der Gründung einer GmbH soll das Stammkapital (25.000 EUR) dadurch aufgebracht werden, dass der Alleingesellschafter G sein Einzelunternehmen (Buchwert 5.000 EUR, Teilwert 40.000 EUR) als Sacheinlage einbringt.
- In der Handelsbilanz sind die Wirtschaftsgüter des Einzelunternehmens mindestens mit 25.000 EUR anzusetzen. Das heißt, dass der Gesellschafter der GmbH die Differenz der Stammeinlage schuldet. Dieses kann durch Bar- und/oder Sacheinlage zusätzlich erfolgen.
- Abweichend davon kann in der Steuerbilanz nach § 20 UmwStG der Buchwertansatz gewählt und so die Aufdeckung stiller Reserven des eingebrachten Betriebs vermieden werden.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Umwandlungssteuerrecht“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und Steuerberateranwärter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-73-1.
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2017