UN-Kaufrecht – Teil 28 – Haftungsbefreiungen

4.3.5.2 Haftungsbefreiungen

Für die Mangelhaftigkeit der Ware muss der Verkäufer wie bereits erörtert verschuldensunabhängig einstehen (Fußnote). Allerdings macht machen Art. 79, 80 CISG im Falle von Schadensersatz einige Ausnahmen von diesem Grundsatz die hiernach im Überblick dargestellt werden:

• Art. 79 Abs. 1 CISG: Allgemeiner Befreiungstatbestand
Nach Art. 79 Abs. 1 CISG wird der Verkäufer von der Pflicht zur Leistung von Schadensersatz frei, wenn er darlegen kann, dass der Grund für seine vertragswidrige Leistung außerhalb seiner persönlichen Einflusssphäre lag und für ihn weder vorhersehbar noch abwendbar war. Hierunter fallen sowohl Naturkatastrophen (Fußnote) sowie unvorhersehbare politische Ereignisse (Fußnote). Aktuell fallen auch Maßnahmen die im Zuge der Covid-19 Pandemie erlassen wurden in diese Kategorien. Allerdings muss dabei unbedingt beachtet werden, dass die Haftungsbefreiung zugunsten des Verkäufers nur dann greift, wenn die ergriffenen Maßnahmen bei Vertragsschluss unvorhersehbar waren. Angekündigte, erwartbare oder abwendbare Eingriffe befreien ihn daher nicht von seiner Pflicht zur Leistung von Schadensersatz.

• Art. 79 Abs. 2 CISG: Haftungsbefreiung des Erfüllungsübernehmers
Bedient sich der Verkäufer eines Dritten zur Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten, so kann er nach Art. 79 Abs. 2 CISG unter bestimmten Umständen von der Haftung befreit sein. Dabei muss allerdings beachtet werden, dass im Gegensatz zum deutschen Zivilrecht (Fußnote) nur der selbstständige Dritte gemeint ist. Der Dritte muss folglich eigenverantwortlich auf eigene Rechnung handeln und nicht in die betriebliche Organisationsstruktur des Verkäufers eingebunden sein. Damit sind insb. im Auftrag des Verkäufers handelnde Sub-Unternehmer, Frachtführer und Spediteure umfasst (Fußnote). Der Verkäufer muss sodann zweierlei darlegen: Zuerst, dass das Erfüllungshindernis nicht in seinen Einflussbereich fällt und weder vorhersehbar noch beherrschbar war und sodann, dass dies auch für den Erfüllungsübernehmer gilt.

Für beide Varianten muss jedoch beachtet werden, dass bei vorübergehenden Leistungshindernissen gem. Art. 79 Abs. 3 CISG die Haftungsbefreiung nur für den Zeitraum gilt, in der das Leistungshindernis besteht. Sobald dieser die Leistungsausführung nicht mehr behindert, zB weil eine beschränkende Maßnahme im Zusammenhang mit Covid-19 aufgehoben wurde, muss der Schuldner wieder leisten. Darüber hinaus muss der Vertragspartner, der sich auf Art. 79 Abs. 1, 2 CISG beruft, gem. Art. 79 Abs. 4 CISG den anderen Teil grundsätzlich von den begründenden Umständen in Kenntnis setzen. Tut er dies nicht rechtzeitig, haftet er dem anderen Teil ggf. auf den daraus entstandenen Vertrauensschaden. Zudem muss beachtet werden, dass sich die Haftungsausschlüsse gem. Art. 79 Abs. 5 CISG ausschließlich auf Schadensersatzansprüche beziehen, sodass sonstige Rechtsbehelfe wie bspw. die Vertragsaufhebung weiterhin zulässig sind.

• Art. 80 CISG: Ausschluss bei Eigenverursachung
Sofern nicht der Verkäufer, sondern der Käufer die Ursache für das Leistungshindernis zu verantworten hat, so entfallen gem. Art. 80 CISG selbstverständlich alle Ansprüche des Käufers auf Mängelgewährleistung. Unterlässt es der Käufer bspw. dem Verkäufer nach einem Umzug seine neue Lieferadresse mitzuteilen, kann er diesem gegenüber keine Rechtsbehelfe wegen verspäteter Lieferung geltend machen. Art. 80 CISG gilt dabei nicht nur für den Schadensersatz wie Art. 79 Abs. 1, 2 CISG, sondern umfasst alle Rechtsbehelfe, die dem anderen Teil bei Schlecht- oder Nichtlieferung zur Verfügung stehen, also (Nach-)Erfüllung, Minderung und Vertragsaufhebung.

4.4 Käuferpflichten (Art. 53 – 60 CISG)

Gem. Art. 53 CISG bestehen für den Käufer grundsätzlich zwei wesentliche Vertragspflichten, die Zahlung des Kaufpreises und die Abnahme der Ware. Diese Pflichten werden sodann von Art. 54 - 60 CISG näher definiert:

Kaufpreiszahlung

  • Abnahme der Ware
  • Kaufpreisbestimmung, Art. 55, 56 CISG
  • Zahlungsort, Art. 57 CISG
  • Zahlungszeit, Art. 58 CISG
  • Zahlung ohne Aufforderung, Art. 59 CISG
  • Art. 53, 60 CISG

4.4.1 Kaufpreiszahlung

Die Verpflichtung des Kaufpreis zu zahlen umfasst gem. Art. 53 - 59 CISG die aufforderungslose Zahlung des Kaufpreises in voller Höhe, in der vereinbarten Währung, am vereinbarten Ort, zur vereinbarten Zeit und unter Beachtung aller in diesem Zusammenhang bestehenden Parteiabreden.

4.4.1.1 Kaufpreis

Die Höhe des Kaufpreises ergibt sich primär aus dem Vertrag. Wurde die Höhe dort weder ausdrücklich noch implizit, bspw. durch den Verweis auf besondere Preislisten, bestimmt, so ist auf Grundlage von Art. 55 CISG zu verfahren. Anders als grundsätzlich im deutschen Zivilrecht ist der Vertrag darnach nicht wegen Dissens unwirksam. Vielmehr unterstellt Art. 55 CISG eine implizite Einigung der Vertragsparteien auf einen Kaufpreis in Höhe des in dem betreffenden Geschäftszweig unter vergleichbaren Umständen allgemein üblichen Preises. Diese können sich bspw. aus Preislisten und amtliche Preisnotierungen ergeben.
Die Währung, in der der Kaufpreis zu zahlen ist, ergibt sich ebenfalls primär aus der Parteivereinbarung. Haben die Parteien sich nicht auf eine bestimmte Währung geeinigt, so ist zunächst auf die zwischen ihnen geltenden Handelsgewohnheiten und Gepflogenheiten abzustellen (Fußnote). Ist diese uneindeutig oder nicht vorhanden, so lässt sich aus Art. 57 Abs. 1 lit a) CISG schließen, dass im Zweifel die Währung am Sitz des Verkäufers einschlägig ist. Ein einseitiges Recht des Käufers eine andere Währung zu bestimmen besteht nicht.
Bei nach Gewicht festgesetztem Preis ergibt sich die Kaufpreishöhe gem. Art. 56 CISG mangels anderweitiger Abreden nach dem Nettogewicht, d.h. nach dem Gesamtgewicht bei Ankunft am Lieferort abzüglich des Gewichts der verwendeten Verpackung.


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Struktur und Praxis des UN-Kaufrechts (CISG)“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt und Tim Hagemann LL.M., Diplomjurist, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2020, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-016-8.


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.

Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:

  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
  • "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag

Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:

  • Einführung in das Datenschutzstrafrecht

Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
  • Datenschutzstrafrecht
  • Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme

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