UN-Kaufrecht – Teil 25 – Minderung
Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Tim Hagemann
Es muss allerdings beachtet werden, dass der Käufer das Recht, die Vertragsaufhebung zu verlangen gem. Art. 49 Abs. 2 CISG verliert, wenn er diese gegenüber dem Verkäufer nicht rechtzeitig erklärt. Auch diese Frist ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Während die Frist bei Nichtlieferung (lit b)) aufgrund der Offensichtlichkeit der Vertragsverletzung eher kurz bemessen sein dürfte, kommt es bei einer wesentlichen Vertragsverletzung (lit a)) auf die Erkennbarkeit des Mangels an. Darüber hinaus verliert der Käufer das Recht zur Vertragsaufhebung gem. Art. 82 Abs. 1 CISG für den Fall, dass er die Ware nicht im wesentlichen Lieferzustand zurückgeben kann. Ausnahmen bestehen gem. Art. 82 Abs. 2 CISG allerdings für den Fall, dass die Unmöglichkeit der Rückgabe auf einem Verhalten des Käufers beruht, die Beschädigung bei der Durchführung der Untersuchungsobliegenheit des Käufers entstanden ist oder der Mangel erst nach Verkauf oder Verarbeitung der Ware aufgefallen ist.
4.3.4 Minderung
Beim Rechtsbehelf der Minderung kann der Käufer bei der Lieferung vertragswidriger Ware den vereinbarten Kaufpreis für die Ware herabsetzen. Dabei kann sich der Käufer für jede Art von vertragswidriger Leistung auf die Minderung berufen, ohne einen wesentlichen Mangel nachweisen zu müssen. Der Verkäufer wiederum erspart sich die Nachbesserung oder gar die Rücknahme der mangelhaften Ware. Ziel ist es dabei, dass der Kaufpreis unter Berücksichtigung des hypothetischen Werts der Ware so angepasst wird, dass sie dem tatsächlichen Zustand der Ware entspricht.
Zu beachten ist, dass die Kaufpreisminderung nicht einfach nur der Differenz zwischen dem vertraglich vereinbarten Preis und dem Verkehrswert der mangelhaften Ware entspricht, sondern auch miteinbezogen werden muss, ob der reale Verkehrswert der mangelfreien Ware über oder unter dem vereinbarten Kaufpreis lag. Daraus ergibt sich folgende Formel zur Berechnung des geminderten Kaufpreises:
KP = Vereinbarter Kaufpreis
WmhW = Wert der mangelhaften Ware
WmfW = Wert der mangelfreien Ware
Beispiel
D bestellt sich zwanzig Palletten tschechisches Bier bei der Prager Brauerei P. Dabei handelt er mit dem Geschäftsführer von P einen guten Deal von nur 8.000 Euro für die Palletten aus, obwohl der Verkehrswert der Ware tatsächlich bei 10.000 Euro liegt. Als das Bier D geliefert wird, bemerkt dieser, dass einige der Flaschen beschädigt und dadurch unverkäuflich sind. Dadurch beträgt der tatsächliche Verkehrswert der gelieferten Ware nur noch 9.000 Euro. D erklärt daraufhin gegenüber P eine Kaufpreisminderung, die dieser allerdings mit der Begründung zurückweist, D würde ja immer noch weniger für die Ware bezahlen als sie tatsächlich wert sei. Zurecht?
- P hätte dann Recht, die Minderung des Kaufpreises zurückzuweisen, wenn sich der geminderte Kaufpreis nur auf die Differenz zwischen dem Verkehrswert und dem Kaufpreis beziehen würde. Das würde allerdings nicht dem Umstand Rechnung tragen, dass der Käufer eine Ware erhält, die weniger wert ist als die Ware, auf die er einen vertraglichen Anspruch hat. Der geminderte Kaufpreis, den D zu erbringen hat ergibt sich daher wie folgt: den geminderten Kaufpreis in Höhe von 7.200 Euro für die zwanzig Palletten Bier bezahlen. D hat vorliegend eine Ware erhalten, die ein Zehntel weniger wert war als die vertraglich vereinbarte Ware. Entsprechend reduziert sich auch der Kaufpreis im gleichen Verhältnis.
Wie auch bei den anderen Rechtsbehelfen muss die Ware vom Käufer ordnungsgemäß untersucht und gerügt worden sein. Zudem muss er die Minderung gegenüber dem Verkäufer eindeutig erklären. Sofern die Ware noch nicht bezahlt wurde ist der Käufer nur noch verpflichtet den so geminderten Kaufpreis zu erbringen. Ist er seiner Zahlungspflicht bereits nachgekommen, erhält er einen Erstattungsanspruch in Höhe des zu viel gezahlten Betrags gegen den Verkäufer.
Es muss allerdings beachtet werden, dass die Minderung logischerweise nicht mit der Nacherfüllung oder der Vertragsaufhebung kombiniert werden kann, da bei ersterem der eigentliche Verkehrswert wieder hergestellt wird, bei zweiterem jedoch die vertraglichen Leistungspflichten vollständig erlöschen. Allerdings kann der Käufer dann zusätzlich Schadensersatz verlangen, wenn die Kaufpreisminderung den entstandenen Schaden nicht vollständig ausgleicht. Auch wegen Rechtsmängel kann keine Minderung erklärt werden. Schließlich kann der Verkäufer die Minderung mit Verweis auf Art. 50 Satz 2 CISG abwehren, wenn er zur Nacherfüllung berechtigt ist und den Mangel auf seine Kosten behebt oder vom Käufer an der Nacherfüllung gehindert wird.
Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Struktur und Praxis des UN-Kaufrechts (CISG)“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt und Tim Hagemann LL.M., Diplomjurist, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2020, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-016-8.
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Über die Autoren:
Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Rechtsanwalt Harald Brennecke ist im Datenschutzstrafrecht als Strafverteidiger tätig.
Rechtsanwalt Brennecke hat zum Datenschutzrecht veröffentlicht:
- „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
- "Einführung in das Datenschutzrecht", Kapitel im E-Business Handbuch für Entscheider, 2. Aufl., ISBN 3.540-43263-9, 2002, Springer-Verlag
Folgende Veröffentlichung von Rechtsanwalt Brennecke ist in Vorbereitung:
- Einführung in das Datenschutzstrafrecht
Rechtsanwalt Brennecke war an der IHK Karlsruhe als Dozent für Datenschutzrecht tätig. Er ist Dozent für Datenschutzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:
- Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
- Datenschutzstrafrecht
- Datenschutz in Franchisesystemen – Die unterschätzte Gefahr für Franchisesysteme
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