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Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen – Teil 16 – Tatbestandsvoraussetzungen der Steuergefährdung § 379 AO, Selbstanzeige im Rahmen des § 379 AO

6.3.2 Tatbestandsvoraussetzungen der Steuergefährdung gem. § 379 Absatz 2 AO

§ 379 Absatz 2 AO regelt Folgendes:

Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig
1. der Mitteilungspflicht nach § 138 Absatz 2 nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkommt,
1a. entgegen § 144 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 1, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 5, eine Aufzeichnung nicht, nicht richtig oder nicht vollständig erstellt,
1b. einer Rechtsverordnung nach § 117c Absatz 1 oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.
2. die Pflicht zur Kontenwahrheit nach § 154 Absatz 1 verletzt.

6.3.2.1 Steuergefährdung gem. § 379 Absatz 2 Nr. 1 AO

Nach Nr. 1 muss ein Steuerpflichtiger die in § 138 Absatz 2 AO nähere Informationen über folgende Vorgänge innerhalb eines Monats bereitstellen:

  • Gründung und Erwerb von Betrieben und Betriebsstätten im Ausland
  • Beteiligung und Beteiligungsänderungen an ausländischen Personengesellschaften
  • Erwerb von Beteiligungen an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen in nicht unerheblicher Menge

Die Norm dient der Erleichterung der steuerlichen Überwachung von Auslandsbeziehungen, womit steuerliche Prüfungen erleichtert werden sollen.(Fußnote)

6.3.2.2 Steuergefährdung gem. § 379 Absatz 2 Nr. 1a AO

Absatz 2 Nr. 1a schützt die in § 144 AO normierte steuerrechtliche Pflicht gewerblicher Unternehmer zur Aufzeichnung des Warenausgangs.(Fußnote) Diese Pflicht dient der Kontrolle von Warenbewegungen zwischen Großhandel und Wiederverkäufern, wobei primär Schwarzeinkäufe erfasst werden sollen.(Fußnote) Es sollen Schwarzeinkäufe der Wiederverkäufer bzw. deren Schwarzverkäufe unterbunden oder aufgedeckt werden können, damit gerade Steuerhinterziehungen der Umsatzsteuer erschwert werden.

6.3.2.3 Steuergefährdung gem. § 379 Absatz 2 Nr. 1b AO

Absatz 2 Nr. 1b sichert die Einhaltung von Regelungen über die Erhebung und Übermittlung von Daten, die gemäß § 117 c Absatz 1 AO zur Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen zur Förderung der Steuerehrlichkeit getroffen worden sind.(Fußnote) Dies dient unter anderem der Bekämpfung von internationaler Steuerkriminalität und dem Schließen von steuerlichen Schlupflöchern.

6.3.2.4 Steuergefährdung gem. § 379 Absatz 2 Nr. 2 AO

Mit Absatz 2 Nr. 2 wird geahndet, wer Konten unter falschem oder erdichtetem Namen einrichten lässt. Damit soll verhindert werden, dass durch Pseudonyme die Nachprüfung steuerlicher Verhältnisse und Tatsachen erschwert wird.

In § 154 Absatz 1 AO ist folgendes Wahrheitsgebot angeordnet, das § 379 Absatz 2 Nr. 2 AO dann unter Strafe stellt:

Niemand darf auf einen falschen oder erdichteten Namen für sich oder einen Dritten ein Konto errichten oder Buchungen vornehmen lassen, Wertsachen (Geld, Wertpapiere, Kostbarkeiten) in Verwahrung geben oder verpfänden oder sich ein Schließfach geben lassen.

Für die Erfüllung des Tatbestandes ist es nicht maßgeblich, ob mit der Falschangabe tatsächlich Steuern verschleiert wurden. Einzig die Verletzung des Wahrheitsgebotes ist entscheidend für die Vollendung des Delikts.(Fußnote) Die reine Begehung, also die Verletzung von § 154 Absatz 1 AO, ist maßgeblich für die Vollendung des Delikts.

6.3.3 Tatbestandsvoraussetzungen der Steuergefährdung gem. § 379 Absatz 3 AO

Von § 379 Absatz 3 sind Verstöße gegen Auflagen umfasst, die gemäß § 120 Absatz 2 Nr. 4 AO einem Verwaltungsakt zum Zwecke der besonderen Steueraufsicht beigefügt worden sind.(Fußnote) Eine solche Auflage ist eine Bestimmung, durch die dem Begünstigten, also dem Adressaten der Auflage, ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (vgl. § 120 Absatz 2 Nr. 4 AO). Dabei kann Täter von § 379 Absatz 3 AO nur der Adressat der Auflage sein.(Fußnote)

6.3.4 Konkurrenzen und Selbstanzeige im Rahmen der Steuergefährdung gem. § 379 AO

6.3.4.1 Konkurrenzen

Konkurrenz im juristischen Sinne meint das Zurücktreten einer erfüllten Norm hinter eine andere, sofern beide Normen erfüllt sind. § 379 AO tritt dann zurück, wenn eine Verletzungshandlung eingetreten ist und entweder eine leichtfertige Steuerverkürzung nach § 378 AO (siehe ausführlich Kapitel 6.2) oder eine Steuerhinterziehung im Sinne des § 370 AO (siehe ausführlich Kapitel 5) begangen wurde.

6.3.4.2 Selbstanzeige

Eine Selbstanzeige mit strafbefreiender Wirkung ist für § 379 AO nicht möglich.(Fußnote) Es ist vielmehr so, dass - sofern sowohl § 379 AO als auch § 370 AO gleichzeitig erfüllt sind - eine wirksame Selbstanzeige bezüglich des § 370 AO, die Strafbarkeit nach § 379 AO wieder „aufleben“ lässt.(Fußnote)

Beispiel Selbstanzeige(Fußnote)
Der Unternehmer U führt teilweise ordnungsgemäß verbuchte Lieferungen aus, teilweise betreibt er auch „Schwarz-Geschäfte“. Nachdem U die unzutreffende Umsatzsteuervoranmeldung beim Finanzamt eingereicht hatte (entspricht vorsätzlicher, vollendeter Steuerhinterziehung gemäß § 370 Absatz 1 Nr. 1 AO), überkommt ihn die „Entdeckungsangst“. Noch bevor eine Prüfungsanordnung bekannt gegeben wird oder ein Prüfer zur steuerlichen Prüfung bei ihm erscheint, gibt U eine zutreffende, korrigierte Umsatzsteuervoranmeldung ab (Selbstanzeige). Außerdem kommt er seiner Verpflichtung zur Zinszahlung aus § 371 Absatz 3 AO nach. Die nicht ordnungsgemäße Buchführung, nachdem er ja diverse Umsätze schwarz generiert hat und diese damit nicht in den Büchern stehen, arbeitet U jedoch nicht auf.

  • U hat für die vorsätzliche Steuerhinterziehung wegen unzutreffender Umsatzsteuervoranmeldung wirksam Selbstanzeige erstattet. Jedoch bleibt daneben die Ordnungswidrigkeit nach § 379 Absatz 1 Nr. 3 AO bestehen, da er buchungspflichten Vorgänge nicht notiert hat, d.h. seine handelsrechtlichen Pflichten zur ordnungsgemäßen Erfassung seiner Buchführung nicht nachgekommen ist.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Steuerrecht, und Alexander Mayr, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9.


 

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Kontakt: Dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2016


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