Steuerrechtliche Organschaft – Teil 15 – Veranlagungszeitraum
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
4.4.8 Veranlagungszeitraum bei der Organschaft § 16 UStG
Wird die Organschaft im Laufe eines Kalenderjahres begründet, so bleibt für den Organträger das Kalenderjahr der Veranlagungszeitraum.
Den Umsätzen des Organträgers sind die Umsätze der Organgesellschaft zuzurechnen, die diese vom Zeitpunkt der Begründung der Organschaft an ausführt.
Für die Organgesellschaft endet das Unternehmerdasein mit der organschaftlichen Eingliederung.
4.4.9 Steuererklärungen, zusammenfassende Meldungen, Zahlungen und Erstattungen bei der Organschaft § 18 UStG
Die Pflicht zur Abgabe der Steuererklärungen (Voranmeldungen und Jahreserklärung) und die Verpflichtung zur Leistung der Zahlungen (Vorauszahlungen und Abschlusszahlungen) treffen den Organträger als den einzigen Unternehmer in der Organschaft.
Für die gesamte Organschaft ist nur jeweils eine Voranmeldung oder Steuererklärung für den Voranmeldungs- oder Veranlagungszeitraum abzugeben.
Der Organträger ist mit den Umsätzen der gesamten Organschaft zu veranlagen und führt gegebenenfalls die diesen betreffenden Rechtsbehelfsverfahren eigenständig.
4.4.10 Aufzeichnungspflichten bei der Organschaft § 22 UStG
Die Aufzeichnungspflichten sind grundsätzlich vom Organträger als dem einzigen Unternehmer in der Organschaft zu erfüllen.
Allerdings können entsprechende Aufzeichnungen von den Organgesellschaften für ihren jeweiligen Bereich gemacht werden.
4.5 Beginn und Beendigung der Organschaft
4.5.1 Beginn
Die Begründung der Organschaft ist kein umsatzsteuerbarer Vorgang.
Dem liegt der Gedanke zu Grunde, dass die Aufnahme beziehungsweise Bildung der Organgesellschaft kein Leistungsaustausch zugrunde liegt, weil der Organträger und die Organgesellschaft wechselseitig weder eine Leistung noch eine Gegenleistung erbringen.
Um eine Organschaft zu begründen, braucht der Organträger nicht bereits Unternehmer zu sein.
Es genügt, dass er Unternehmer erst durch die Organschaft wird, d.h. durch Zurechnung der von der Organgesellschaft getätigten Umsätze.
Die Organschaft entsteht nicht erst mit der Eintragung der Organgesellschaft in das Handelsregister, sondern bereits mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages.
4.5.2 Beendigung
Eine Organschaft wird beendet
- durch Auflösung der Organgesellschaft,
- durch Veräußerung ihres Betriebs,
- durch ihre Umwandlung in eine Personengesellschaft,
- durch eine entscheidende Änderung der Stimmverhältnisse bei ihr durch Aufnahme weiterer Gesellschafter,
- durch Auflösung des Organträgers,
- durch Veräußerung seines Betriebs oder dadurch,
- dass sonst eine der Voraussetzungen für die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung nicht mehr erfüllt ist.
Bleibt die Einordnung bis zu diesem Zeitpunkt gewahrt, stellt die Übertragung des Vermögens auf die verbleibende Gesellschaft einen nicht steuerbaren Vorgang dar.
Ab dem Zeitpunkt der Beendigung der Organschaft stellen Organträger und Organgesellschaft zwei selbständige umsatzsteuerliche Rechtssubjekte dar, die zueinander in Leistungsaustauschbeziehungen treten können.
4.5.2.1 Beendigung durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens
4.5.2.1.1 Insolvenz der Organgesellschaft
Bei einer Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters bleibt die Organschaft jedoch regelmäßig bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehen.
Dem liegt der Gedanke zu Grunde, dass die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen nicht auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht und deshalb der Organträger weiterhin als Geschäftsführer der von der Insolvenz bedrohten Organgesellschaft tätig bleibt.
Dies gilt selbst dann, wenn das Insolvenzgericht anordnet, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind.
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Organgesellschaft beendet grundsätzlich die Organschaft.
Die Organgesellschaft ist mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens damit kraft Gesetzes aufgelöst.
Da das Verfügungs- und Verwaltungsrecht über das Gesellschaftsvermögen dem Insolvenzverwalter zusteht, kann die Organgesellschaft nicht mehr wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert sein.
Vom Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind deshalb die Umsätze zwischen dem bisherigen Organträger und der bisherigen Organgesellschaft als Außenumsätze steuerbar.
4.5.2.1.2 Insolvenz des Organträgers
Eine Organschaft die durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Organträgers beendet wird, ist nach den Umständen des Einzelfalles zu betrachten.
Die finanzielle und organisatorische Eingliederung der Organgesellschaft wird grundsätzlich nicht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Organträgers berührt.
Der entsprechende Einfluss des Organträgers wird jedoch nun durch den Insolvenzverwalter ausgeübt.
Dabei wird lediglich die personelle Willensbildung beim Organträger beeinflusst, die für die Ausübung der Beherrschung maßgeblich ist.
Überdies macht es für die organisatorische Eingliederung einer Organgesellschaft keinen Unterschied aus, durch welche Personen sie seitens des Organträgers beherrscht wird.
Die Organgesellschaft ist in Fällen wirtschaftlicher Eingliederung des Organträgers vielmehr unverändert in dessen Unternehmen organisatorisch eingegliedert.
Daher endet die Organschaft regelmäßig erst, wenn der Organträger seine aktive unternehmerische Tätigkeit einstellt und in die Liquidation eintritt.
Überdies endet die Organschaft mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Organträgers, wenn sich das Insolvenzverfahren nicht auf die Organgesellschaft erstreckt und der Insolvenzverwalter auf ihre laufende Geschäftsführung keinen Einfluss nimmt.
4.5.2.2 Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse
Die Organschaft wird nicht ohne weiteres dadurch beendet, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Organgesellschaft mangels Masse abgelehnt wird.
Die Vermögenslosigkeit der Kapitalgesellschaft kann jedoch dazu führen, dass sie nicht mehr in das Unternehmen wirtschaftlich eingegliedert ist und die Organschaft aus diesem Grunde beendet wird.
Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Steuerrechtliche Organschaft“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-003-8.
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter