Steuerliche Betriebsprüfung – Teil 09 – Verständigung
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
3.5.5 Tatsächliche Verständigung
Als sogenannte tatsächliche Verständigung werden Vereinbarungen zwischen dem Steuerpflichtigem und der Finanzverwaltung über den der Besteuerung zugrunde zu legendem Sachverhalt bezeichnet.
In der Praxis ist diese Vereinbarung über eine einvernehmliche Regelung eines steuerlich erheblichen, jedoch zwischen dem Finanzamt und dem Steuerpflichtigen streitigen Sachverhalts nicht mehr wegzudenken. Denn gerade in Zeiten der steigenden Arbeitsbelastung in der Finanzverwaltung kann nicht jeder Fall bis ins kleinste Detail ausermittelt werden. Insbesondere bei Schätzungen der Besteuerungsgrundlagen, z.B. der Umsätze und Gewinne bei bisher unbekannten Steuerfällen oder bei Hinzuschätzungen durch ungeklärte Geldzuflüsse kann durch eine tatsächliche Verständigung ein Verfahren schnell und mit wenig Aufwand zum Abschluss gebracht werden. Insbesondere in den Fällen in denen eine tatsächliche Aufklärung sehr umständlich wäre. Die tatsächliche Verständigung kann nach dem BFH (Fußnote) zu jedem Zeitpunkt desVeranlagungsverfahrens,insbesondere anlässlich einer Betriebsprüfung und während eines anhängigen Rechtsbehelfsverfahrens (eingelegter Einspruch bzw. Anfechtungsklage gegen die Betriebsprüfung), getroffen werden.
3.5.6 Nach der Betriebsprüfung
Nach der Betriebsprüfung hat das Finanzamt den Betriebsprüfungsbericht zu erstellen. Nach Unterzeichnung durch den zuständigen Sachgebietsleiter der Finanzverwaltung erfolgt die Übersendung einer Berichtsabschrift an den Steuerpflichtigen beziehungsweise dessen steuerlichen Berater.
Bei einer ergebnislosen Betriebsprüfung ist ebenfalls eine Mitteilung zu fertigen und an den Steuerpflichtigen oder dessen steuerlichen Berater zu versenden. Diese Mitteilung stellt keinen Verwaltungsakt dar, da sie lediglich feststellt, dass die zuvor erfolgte Steuererklärung korrekt ist. Sie kann deshalb nicht mit dem Einspruch angefochten werden.
3.5.7 Abgekürzte Betriebsprüfung
Wenn die Finanzbehörde eine regelmäßige Betriebsprüfung nicht für notwendig hält, kann sie eine abgekürzte Betriebsprüfung vornehmen. In diesem Fall gelten die allgemeinen Regelungen über die Betriebsprüfung, es wird allerdings an den Steuerpflichtigen kein Prüfungsbericht übersandt und es findet keine Schlussbesprechung statt. Das Finanzamt muss allerdings dem Steuerpflichtigen vor Abschluss der Prüfung mitteilen, inwieweit esvon den bisherigen Steuerfestsetzungen oder Steuerbescheiden abweichen will.
3.5.8 Änderung der Prüfungsanordnung
Wenn sich Änderung des Prüfungsbeginns, der eingeteilten Betriebsprüfer oder Ähnlichem ergeben, dann wird die Prüfungsanordnung intern geändert und dem Steuerpflichtigem neu bekannt gegeben.
3.5.9 Erweiterung des Prüfungszeitraums
Bei der Erweiterung des Prüfungszeitraum ist intern über den Grund der Erweiterung ein Vermerk zu erstellen und vom Sachgebietsleiter abzuzeichnen. Die erweiterte Prüfungsanordnung muss dem Steuerpflichtigen erneut bekanntgegeben werden. Allerdings beschränkt sich eine Erweiterung des Prüfungszeitraums nur auf die Jahre, bei denen der jeweilige Grund sich tatsächlich ausgewirkt haben kann.
Beispiel
Bei der Durchführung einer Betriebsprüfung bei der A-GmbH werden verdeckte Gewinnausschüttungen infolge von Veruntreuungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers festgestellt. Die Prüfung erstreckte sich auf die Jahre 2013 bis 2015. Der untreue Gesellschafter-Geschäftsführer war zu Beginn des Jahres 2012 in die Gesellschaft eingetreten. Der Prüfungszeitraum wurde auf das Jahr 2012 erweitert.
- Eine Erweiterung der Prüfung um das Jahr 2012 ist gerechtfertigt, da in diesem Zeitraum der Geschäftsführer auch schon tätig war. Eine Erweiterung bis in das Jahr 2011 ist nicht gerechtfertigt.
3.6 Betriebsprüfungsbericht
Der Steuerpflichtige kann einen Betriebsprüfungsbericht beantragen. Die Betriebsprüfungsstelle muss ihm dann eine Abschrift des Prüfungsberichts übersenden. Der Steuerpflichtige erhält dabei die Gelegenheit in angemessener Zeit (in der Regel innerhalb eines Monats) dazu Stellung zu nehmen. Hat die Betriebsprüfung zu keiner Änderung der Besteuerungsgrundlagen geführt, teilt die Betriebsprüfungsstelle dies dem Steuerpflichtigen schriftlich mit. Nach einer abgekürzten Betriebsprüfung werden die steuerlich erheblichen Prüfungsfeststellungen dem Steuerpflichtigen spätestens mit den Steuerbescheiden schriftlich mitgeteilt. Sofern eine Stellungnahme erfolgt, ist nach Ablauf der erfolgten Stellungnahmefrist der Betriebsprüfungsbericht auszuwerten, wenn alle zu klärenden Punkte mit dem Steuerpflichtigen abgestimmt wurden. Die Betriebsprüfungsstelle hat danach zu entscheiden, ob und inwieweit sie Einwendungen des Steuerpflichtigen folgt. Darüber ist der Steuerpflichtige zu unterrichten.Kann innerhalb der Erörterungen zur Stellungnahme keine Einigung zwischen Finanzverwaltung und Steuerpflichtigen erzielt werden, werden die Veranlagungen im Betriebsprüfungsbericht trotzdem entsprechend geändert und der Steuerpflichtige kann innerhalb der Rechtsbehelfsfrist Einspruch gegen den Änderungsbescheid einlegen.
3.7 Rechtsbehelfsverfahren nach Abschluss einer Betriebsprüfung
Ist die Betriebsprüfung abgeschlossen, ist die Prüfungsberechtigung des Betriebsprüfers ab dem Zeitpunkt der Freigabe der Steuerbescheide erloschen.
Gehen im Anschluss Einsprüche gegen die aufgrund der Betriebsprüfung erfolgten Änderungsbescheide ein und lassen sich die Gründe des Einspruchs nicht vollständig seitens der Betriebsprüfungsstelle mit dem Steuerpflichtigen klären, sind die noch offenen beziehungsweise nicht geklärten Punkte an die Rechtsbehelfsstelle abzugeben. Diese Übernimmt dann im Anschluss das Rechtsbehelfsverfahren in eigener Zuständigkeit.
Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Steuerliche Betriebsprüfung“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Jens Bierstedt, wissenschaftlicher Mitarbeiter mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-014-4.
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter