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Steuerliche Betriebsprüfung – Teil 04 – Anlassprüfung


Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


2.6.4 Anlassprüfung

Eine Anlassprüfung erfolgt, wenn ein Steuerpflichtiger außerhalb des allgemeinen Prüfungsrhythmus ausgewählt wird, weil hierfür ein besonderer Grund besteht.

Gründe für eine Anlassprüfung können sein:

    • Nicht nachvollziehbare Umsatz-/ Gewinnschwankungen
    • Gewerbeaufgabe oder Gewerbeveräußerung
    • Verträge mit nahestehenden Personen (Verwandten)
    • private Grundstückserwerbe
    • hoher Anteil an Bargeldgeschäften
    • Gesellschafter-/ Geschäftsführerwechsel
    • Steuerliches Fehlverhalten mit strafrechtlichem Hintergrund in der Vergangenheit

Der Bundesfinanzhof hat hierzu entschieden, dass eine Anlassprüfung nur begründet werden muss, sofern dies zum Verständnis der Prüfungsanordnung wegen der besonderen Umstände oder nach Art der angeordneten Maßnahme erforderlich ist (Fußnote).

Ein Aufklärungsbedürfnis des Finanzamtes liegt vor, wenn Anhaltspunkte für die Abgabe einer unrichtigen oder unvollständigen Steuererklärung bestehen (Fußnote). In diesem Fall bedarf es allgemeiner sachbezogener Erwägungen, die die Annahme rechtfertigen, Steuern seien verkürzt oder zu Unrecht erhoben worden (Fußnote).

Beispiel

A wohnte in den Jahren 2010 bis 2012 in Deutschland und erzielte dort als angestellter Geschäftsführer einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 1,3 Mio. EUR (2010), 800.000 EUR (2011) und 1,8 Mio. EUR (2012). Er hat zusätzlich Kapitaleinkünfte in nur geringer Höhe erklärt. Auf Nachfrage des Finanzamtes hat er keine nachprüfbaren Angaben zur Verwendung der verfügbaren Geldmittel gemacht. Die Finanzverwaltung ordnete deshalb bei dem inzwischen in die USA verzogenen A eine Betriebsprüfung für die Einkommenssteuer 2010 bis 2012 an. Die auf § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO gestützte Prüfungsanordnung begründete die Finanzverwaltung damit, dass A aufgrund der in 2010 erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als sogenannter „Einkunftsmillionär” einzustufen sei. A wendet ein, dass das erforderliche Aufklärungsbedürfnis nicht vorgelegen habe.

    • Da A Kapitaleinkünfte nur in geringer Höhe erklärt und keine nachprüfbaren Angaben zur Verwendung der verfügbaren Geldmittel gemacht hat, ist eine Anlassprüfung gerechtfertigt.

2.7 Verbot der Willkür- und Schikaneprüfung

Die Betriebsprüfung dient nur der Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen, andere Aufgaben sind nicht vorgesehen.

Demnach liegen Ermessensfehler bei der Auswahl des zu prüfenden Steuerpflichtigen vor, wenn einer Prüfungsanordnung außersteuerliche Gesichtspunkte zugrunde liegen und sie daher aus sachfremden Erwägungen angeordnet worden ist. Die Betriebsprüfung darf von den Finanzverwaltungen nicht zweckentfremdet werden. Sie darf nicht als Macht- oder Einschüchterungsinstrument eingesetzt werden.

Das Auswahlermessen der Finanzverwaltung findet darum seine Grenze im Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und im Willkür- und Schikaneverbot (Fußnote). Verhältnismäßigkeit bedeutet, dass die Prüfung, und die zuihrer Durchführung notwendigen Handlungen,zu dem angestrebten Erfolg nicht erkennbar außer Verhältnis stehen.

Eine Betriebsprüfung kann grundsätzlich ohne weitere Begründung ermessensfehlerfrei angeordnet werden (Fußnote). Allerdings kann im Einzelfall die Auswahl fehlerhaft sein, wenn sich die Finanzverwaltung von sachfremden Kriterien hat leiten lassen und hierbei der Zweck der steuerlichen Überprüfung des ausgewählten Betriebs in den Hintergrund tritt (Fußnote).

In den Fällen willkürlicher und schikanöser Prüfungsauswahl ist es notwendig, die mangelhafte Prüfungsauswahl zu rügen. Denn der Steuerpflichtige verliert sein Rügerecht, wenn er in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht die unterlassene Sachaufklärung nicht rügt und keinen entsprechenden Beweisantrag stellt (Fußnote).

Beispiel

Die Finanzverwaltung will eine Tanzkapelle überprüfen. Der prüfende Steuerbeamte forderte von der Kapelle eine Aufstellung über die durchgeführten Auftritte. Anschließend erhalten zahlreiche Gastwirtschaften, in denen die Kapelle aufgetreten war, Betriebsprüfungsanordnungen. Die Daten der Gastwirtschaften wurden ausschließlich zusammengetragen, um damit Ermittlungen gegen die Musikkapelle vorzunehmen zu können. In den Anordnungen zur Betriebsprüfung der Gastwirtschaften wurde nicht offengelegt, dass diese Betriebsprüfungen das Ziel haben, die Tanzkapelle zu überprüfen. Der Prüfungsanlass der Gastwirtschaften wurde auf andere Gründe gestützt.

    • Die Betriebsprüfungen sind unzulässig gewesen. Hierauf müssen sich die Gastwirtschaften im Rechtsmittelverfahren, spätestens in der mündlichen Verhandlung des ersten Rechtszuges, berufen, sonst verlieren sie ihr entsprechendes Rügerecht.

Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Steuerliche Betriebsprüfung“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Jens Bierstedt, wissenschaftlicher Mitarbeiter mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-014-4.



Herausgeber / Autor(-en):
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Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de

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