Steuergestaltung Geschäftsführer – Teil 06 – Abfindung

3.5 Vergütungsbestandteile

Der Geschäftsführer erhält regelmäßig ein Festgehalt, doch darüber hinaus sind weitere Vergütungsbestandteile denkbar, die einer steuerlichen Bewertung unterliegen.

3.5.1 Abfindung

In den meisten Fällen werden Abfindungen von gekündigten Arbeitnehmern vor den Arbeitsgerichten erstritten. Dieser Rechtsweg ist einem Geschäftsführer gem. §§ 4 ff. KSchG mangels Geltung der einschlägigen Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes verwehrt. Jedoch kann der Geschäftsführer in seinem Anstellungsvertrag die gesetzlichen Kündigungsschutzrechte vereinbaren.

Sehr viel einfacher ist es allerdings, unmittelbar im Geschäftsführervertrag eine Abfindung und ihre Modalitäten zu vereinbaren. Das ist keine einseitige Bevorteilung des Geschäftsführers, sondern liegt bei einer Beendigung des Vertragsverhältnisses auch im Interesse des Unternehmens. Enthält der Geschäftsführervertrag eine Abfindungsklausel, kennen beide Vertragsparteien die Folgen einer Nichtverlängerung oder Kündigung und können sich darauf einstellen.

Abfindungen gehören nicht zum sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung, wohl aber zum lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn. Zur Milderung der Steuerprogression kommt gem. § 24 Nr. 1, § 34 Abs. 1 EStG eine tarifermäßigte Besteuerung nach der Fünftel-Regelung in Betracht. Deren wesentliche Voraussetzungen regelt der sogenannte Abfindungserlass der Bundesfinanzverwaltung.

Grundsätzliche Voraussetzung für die Fünftel-Regelung ist danach die sogenannte „Zusammenballung“ von Einkünften. Für deren richtige Beurteilung muss das Unternehmen eine Vergleichsberechnung vornehmen, die zwei Bedingungen prüft:

    • den Zufluss der Abfindung in einem Steuerjahr und
    • der Verdienst des Geschäftsführers (inkl. Abfindung) liegt im Jahr der Abfindungszahlung insgesamt höher, als er bei ungestört fortgesetztem Arbeitsverhältnis bis zum Jahresende der Fall gewesen wäre.

Fehlt eines dieser Kriterien, liegt keine Zusammenballung vor. Die Abfindung ist dann als „normaler“ sonstiger Bezug zu versteuern. Die ermäßigte Besteuerung kann der Geschäftsführer dann im Rahmen seiner persönlichen Einkommensteuererklärung prüfen lassen. Die Finanzverwaltung schreibt zwei Berechnungsschritte vor.

Erster Berechnungsschritt:

Die Fünftel-Regelung kann ohne weitere Prüfung dann angewendet werden, wenn die Abfindung im Jahr der Zahlung über dem Betrag liegt, den der Geschäftsführer bei seiner Weiterbeschäftigung noch bis Jahresende verdient hätte.

Beispiel:

Herr Müller verdiente als Geschäftsführer monatlich 10.000 € und erhält im November eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von 5.000 €. Der Auflösungsvertrag mit seinem Unternehmen sieht ein Ausscheiden von Herrn Müller zum 31. Juli 2019 vor. Er erhält eine Abfindung von 60.000 €.

    • Das Unternehmen führt folgenden Vergleich durch: (Schaubild)

Die Fünftel-Regelung darf angewendet werden, weil die Abfindung höher als die wegfallende Geschäftsführervergütung ist.

Zweiter Berechnungsschritt:

Es kann sein, dass die gezahlte Abfindung die bis zum Jahresende ausfallenden Einnahmen nicht übersteigt. Dann müssen weitere Einkünfte des Geschäftsführers, die durch das frühere oder ein neues Arbeitsverhältnis veranlasst sind, in die Prüfung einbezogen werden.

Beispiel

Herr Müller verdiente in den letzten Jahren in seinem Unternehmen als Geschäftsführer stets monatlich 10.000 € und erhielt auch immer im November eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von 5.000 €. Der Auflösungsvertrag mit seinem Unternehmen sieht ein Ausscheiden von Herrn Müller zum 31. Juli 2019 vor. Er erhält eine Abfindung von 40.000 €. Herr Müller legt eine Bescheinigung der Bundesagentur für Arbeit vor, die ab August 2019 ein monatliches Arbeitslosengeld von 1.900 € bestätigt.

    • Berechnung, ob Fünftel-Regelung anwendbar: (Schaubild)

Grundsätzlich muss die Abfindung in einem Steuerjahr, d.h. Kalenderjahr, ausgezahlt werden, damit die Fünftel-Regelung angewandt werden kann.

Beispiel 1:

Der Aufhebungsvertrag sieht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses von Herrn Müller zum 30. April 2019 vor. Die Abfindung in Höhe von 20.000 € soll in vier Raten à 5.000 € zum 30. Juni 2019, 1. August 2019, 1. Oktober 2019 und 1. Dezember 2019 erfolgen.

    • Der Zufluss erfolgt in einem Steuerjahr. Damit ist die Fünftel-Regelung anwendbar.

Beispiel 2:

Der Aufhebungsvertrag sieht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses von Herrn Müller zum 30. Juni 2019 vor. Die Abfindung in Höhe von 20.000 € soll in zwei Raten à 10.000 € zum 31. Oktober 2019 und im Folgejahr zum 31. Januar 2020 erfolgen.

    • Die Voraussetzung „Zufluss in einem Jahr“ ist nicht erfüllt, da eine letzte Teilrate erst im Folgejahr 2020 gezahlt wird. Die Fünftel-Regelung ist nicht anwendbar.

Die Finanzverwaltung gewährt jedoch Ausnahmen vom Grundsatz, dass die Abfindung im selben Steuerjahr zufließen muss, damit die Fünftel-Regelung angewandt werden kann.

    • Erste Ausnahme: Vereinbarung der Zahlung im nächsten Jahr

Zwischen dem Unternehmen und dem Geschäftsführer kann steuerunschädlich vereinbart werden, dass die im Jahr des Ausscheidens fällige Abfindung erst im Folgejahr ausbezahlt wird. Allerdings muss dann die Zusammenballung im Auszahlungsjahr geprüft werden.

    • Zweite Ausnahme: Zusätzliche Leistungen in späteren Zeiträumen

Häufig werden in Aufhebungsvereinbarungen für eine Übergangszeit weitere laufende Leistungen aus Gründen der sozialen Fürsorge vereinbart, die in das nächste Jahr rutschen können. Solche Nebenleistungen (z.B. weitere Dienstwagennutzung oder zeitlich befristete Übernahme von Versicherungsbeiträgen) sind für die Ermäßigung der eigentlichen Abfindung unschädlich, wenn sie maximal 50 % der Hauptleistung erreichen. Die Hauptleistung ist die im Abfindungsjahr gezahlte Abfindung. Beträgt die im Folgezeitraum gezahlte Leistung weniger als 50% der im Abfindungsjahr gezahlten Abfindung, ist dies unschädlich.

    • Dritte Ausnahme: Geringfügige Teilzahlungen in späteren Zeiträumen

Möglich ist auch die Auszahlung mehrerer Teilbeträge in unterschiedlichen Jahren, wenn der Teilzahlungsbetrag maximal fünf Prozent der Hauptleistung beträgt.

Die Anwendung der Fünftel-Regelung für Entschädigungen für den Verlust des Arbeitsplatzes bedeutet, dass diese als außerordentliche Einkünfte bei der Steuerberechnung nur mit 1/5 angesetzt werden. Danach wird die sich daraus ergebende Mehrsteuer verfünffacht.

Beispiel

Herr Müller, verheiratet, wird als Geschäftsführer entlassen. Sein Geschäftsführergehalt von 60.000 € führt zu einem zu versteuernden Einkommen von 11.130 € laut Splittingtabelle 2019 zzgl. Solidaritätszuschlag ohne Kirchensteuer. Er einigt sich mit seinem Arbeitgeber auf Zahlung einer Abfindung in Höhe von 20.000 €.

    • Die Abfindung von Herrn Müller gehört zu den außerordentlichen Einkünften und ist ermäßigt nach der 1/5-Regelung zu besteuern.

Die Steuerersparnis von Herrn Müller bei Anwendung der Fünftel-Regelung beträgt 385 €.


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Die Steuergestaltung des Geschäftsführers“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Jürgen Seul, Assessor mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-007-6.


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Monika Dibbelt, Rechtsanwältin

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Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei allen Fragen zum Handel am Kapitalmarkt. Dies umfasst nicht nur die Handelsobjekte des Kapitalmarktes im engeren Sinne, wie Aktien, Schuldverschreibungen, Aktienzertifikate, Genussscheine und Optionsscheine sondern auch die Handelsobjekte des grauen Kapitalmarktes, wie Anteile an Publikumspersonengesellschaften. Rechtsanwältin Ritterbach bietet ihre Beratung und Prozessvertretung im Kapitalmarktrecht Anlegern von Kapitalanlagen zur Geltendmachung von Ansprüchen aus Prospekthaftung oder fehlerhafter Anlageberatung sowie Unternehmern an. Diese unterstützt sie beispielsweise bei der kapitalmarktrechtlichen Compliance, denn nicht nur bei der erstmaligen Emission von Wertpapieren hat der Emittent Informations- und Berichtspflichten einzuhalten. Finanzanlagenvermittlern bietet Rechtsanwältin Ritterbach Beratung und Vertretung vor allem im Bereich der Berufsausübungspflichten, der Gewerbeerlaubnis sowie der Dokumentation ihrer beruflichen Tätigkeiten.

Rechtsanwältin Carola Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und absolviert derzeit den Fachanwaltskurs für Steuerrecht. 

Carola Ritterbach hat zum Kapitalmarktrecht veröffentlicht:

  • „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaften Bank- und Kapitalmarktrecht und Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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