Steuerberaterhaftung – Teil 05 – Allgemeine Pflichten und Pflichten bei der Vorbereitung

3.2 Vertragliche Pflichten

Der Steuerberater hat allgemeine Pflichten[1] zu wahren, die jedem Steuerberatervertrag immanent sind.[2] Diese Pflichten werden durch den Umfang des Mandats – die besonderen Pflichten[3] – konkretisiert und müssen im Einzelfall herausgearbeitet werden.

3.2.1 Allgemeine Pflichten

Grundsätzlich besteht Aufgabe des Steuerberaters darin, im Rahmen seines Auftrags seinen Mandanten

  • in Steuersachen (§ 1 StBerG) zu beraten,
  • zu vertreten und
  • ihm bei der Bearbeitung seiner steuerlichen Angelegenheiten und
  • bei der Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten Hilfe zu leisten (§ 33 StBerG).

Ferner muss der Steuerberater seine Aufträge eigenverantwortlich und gewissenhaft ausführen und sich fortbilden (vgl. §§ 57, 60 StBerG, §§ 3, 4 BOStB). Pflichten können in unterschiedlichen Stadien der Ausführung des Steuerberatervertrags entstehen.

3.2.1.1 Pflichten bei der Vorbereitung

Die Pflichten bei der Vorbereitung entstehen bereits im Vorfeld der inhaltlichen Bearbeitung des Auftrags durch den Steuerberater.

3.2.1.1.1 Sachverhaltsermittlung

Der Steuerberater muss den Sachverhalt inhaltlich erfassen und sich über den Zweck seiner Tätigkeit Gewissheit verschafft haben. Hierzu hat er gegebenenfalls Tatsachen zu ermitteln und Beweismittel festzuhalten.[4] Der Mandant ist verpflichtet, den Steuerberater umfassend zu informieren.[5] Hierzu muss er

  • alle erforderlichen Unterlagen vorlegen und
  • alle tatsächlichen und rechtlichen Veränderungen aufzeigen, welche für das Mandat von Bedeutung sein können. Gegebenenfalls kann den Mandanten ansonsten ein Mitverschulden treffen. [6]

Dadurch, dass der Mandant mangels Erfahrung und entsprechender Kenntnisse nicht weiß, worauf es bei der ordnungsgemäßen Erfüllung des Auftrags ankommt, muss der Steuerberater entsprechende Hinweise geben.[7]

Beispiel

Steuerberater B soll für seinen Mandanten A eine Einkommensteuererklärung erstellen. A hat keine Kenntnis darüber, welche Unterlagen B zur Erstellung benötigt.

  • B ist verpflichtet, A mitzuteilen, welche Unterlagen für die Erfüllung seines Auftrags relevant sein können. Beispielsweise könnte er dem A eine umfassende Liste übermitteln oder mit ihm ein Gespräch führen, in dem er über alle relevanten Faktoren aufklärt und zur Einreichung der erforderlichen Unterlagen auffordert.

Reicht der Mandant dem Steuerberater Unterlagen ein, kann der Steuerberater auf die Richtigkeit und die Vollständigkeit der übermittelten Informationen vertrauen.[8]

3.2.1.1.2 Fristengebundenheit

Der Steuerberater ist an Fristen gebunden und hat die Pflicht, alle nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um diese einzuhalten. Hierzu hat er eine Frist zunächst durch Berechnung festzustellen, den Mandanten darauf hinzuweisen und anschließend die Einhaltung der Frist zu fördern.[9]

  • Gründe für eine Fristversäumnis sind beispielsweise:
  • Arbeitsüberlastung
  • Abwesenheit
  • Büroversehen
  • Fristenberechnung und Fristenkontrolle
  • Einlegung des Rechtsbehelfs an falscher Stelle

3.2.1.1.2.1 Fristbeginn

Die Frist beginnt mit dem Tag, der auf den Tag der Bekanntgabe des Steuerbescheids folgt (§ 108 Abs. 2 AO). Bekannt gegeben ist ein Steuerbescheid, wenn er dem Steuerpflichtigen zugegangen ist. Hierzu muss der Bescheid in den Machtbereich des Steuerpflichtigen gelangen und die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestehen (z.B. Einwurf in den Briefkasten). Ist die Bekanntgabe mangelhaft, beginnt die Frist nicht zu laufen.

Typische Mängel im Rahmen der Bekanntgabe sind z.B.

  • Steuerbescheid wird nicht dem Bevollmächtigten zugestellt (§ 121 Abs. 1 S. 3 AO) oder
  • Bekanntgabe gegenüber dem Ehegatten.

Die Bekanntgabe gegenüber dem Ehegatten ist dann ausreichend, wenn davon ausgegangen werden kann, dass die Ehegatten sich wechselseitig zur Entgegennahme bevollmächtigt haben (z.B. Unterschrift der Steuererklärung durch beide Ehegatten). Wird der Bescheid per Post übersendet, gilt – im Sinne einer Vermutung – der Bescheid mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben (§ 122 Abs. 2, 1. HS Nr. 1 AO). Gleiches gilt für einen elektronischen Steuerbescheid. Hier wird auf das Absenden abgestellt (§ 122 Abs. 2a AO). Auf die vermutete Bekanntgabe kann sich der Steuerpflichtige selbst dann berufen, wenn ihm der Steuerbescheid tatsächlich früher zuging.[10]

Beispiel

Das Finanzamt gibt den Steuerbescheid des Steuerpflichtigen A am 05. eines Monats zur Post.

  • Der Steuerbescheid wird dem A am dritten Tage nach Aufgabe zur Post, das heißt am 08. des Monats, bekannt gegeben. Die Rechtsbehelfsfrist beginnt am folgenden Tag, das heißt am 09. des Monats um 00:00 Uhr. Dies gilt selbst dann, wenn A den Steuerbescheid am 06. erhalten hat.

Bei der Versendung eines Steuerbescheids ins Ausland gilt er einen Monat nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben (§ 122 Abs. 2, 1. HS Nr. 2 AO).

Eine Ausnahme des Fristbeginns durch vermutete Bekanntgabe besteht dann, wenn der Steuerbescheid tatsächlich später zugegangen ist (§ 122 Abs. 2, 2. HS AO) oder durch förmliche Zustellung bekannt gegeben wurde.

Dies kann beispielsweise durch

  • Zustellungsurkunde (§ 3 VwZG),
  • Einschreiben (§ 4 VwZG) oder
  • gegen Empfangsbekenntnis (§ 5 VwZG)

erfolgen.

Die förmliche Zustellung muss z. B. durch eine Rechtsbehelfsentscheidung (§ 366 AO) gesetzlich angeordnet werden.

3.2.1.1.2.2 Fristende

Die Frist endet mit Ablauf des Tages, der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis – Bekanntgabe des Steuerbescheids – fällt (§ 188 Abs. 2 BGB). Eine Ausnahme besteht, wenn dieser Tag auf einen Samstag, Sonn- oder Feiertag fällt. Dann endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages (§ 108 Abs. 3 AO).

Beispiel

Das Finanzamt gibt den Steuerbescheid des Steuerpflichtigen A am 05. eines Monats zur Post. Die Rechtsbehelfsfrist beträgt einen Monat.

  • Der Steuerbescheid wird dem A am dritten Tage nach Aufgabe zur Post bekannt gegeben, mithin am 08. Die Rechtsbehelfsfrist beginnt mit dem Tag, der diesem folgt, d.h. am 09. um 00:00 Uhr. Die Frist endet mit Ablauf des Tages, auf den die Bekanntgabe des Steuerbescheides fällt und endet dementsprechend am 08. des Folgemonats um 24 Uhr. Fällt dieser Tag auf einen Samstag, Sonn- oder Feiertag, endet die Frist mit Ablauf des folgenden Tages, d.h. dem 09. um 24 Uhr.

Zu diesem Zeitpunkt muss das Schriftstück des Steuerberaters in die Verfügungsmacht der Finanzbehörde übergegangen sein. Der letzte Tag der Frist darf grundsätzlich ausgenutzt werden.[11]

[1] Fußnote

[2] Fußnote

[3] Fußnote

[4] Fußnote

[5] Fußnote

[6] Fußnote

[7] Fußnote

[8] Fußnote

[9] Fußnote

[10] Fußnote

[11] Fußnote

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Steuerberaterhaftung“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Steuerrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Anika Wegner, wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen mit Fußnoten im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9.


 

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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2016


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Über die Autoren:

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten.  Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren.  Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte. 
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.

Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
  • Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
  • Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7

Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so

  • Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren

Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
 Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:

  • Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
  • Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
  • Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
  • Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
  • Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
  • Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
  • Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter

Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 

Monika Dibbelt, Rechtsanwältin

Portrait Monika-Dibbelt

Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät und vertritt Steuerschuldner bei Fragen über die Abgabe von Steuern und die Pflichten zur Abgabe von Steuererklärungen, insbesondere im Rahmen von Insolvenzverfahren und Wohlverhaltensperiode. Sie vertritt ihre Mandanten bei der Einlegung von Rechtsbehelfen gegen Bescheide des Finanzamtes sowie in Verfahren vor den Finanzgerichten und im Steuerstrafrecht. Rechtsanwältin Dibbelt arbeitet derzeit an Veröffentlichungen im Bereich Steuerrecht.

Monika Dibbelt hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9

 

Eine steuerberatende Tätigkeit kann Frau Rechtsanwältin Dibbelt nicht erbringen. Bei Bedarf empfiehlt sie gerne einen geeigneten Kontakt.

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Normen: § 121 AO, § 122 AO, § 1 StBerG

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