Schutz des Unternehmervermögens aus familien- und erbrechtlicher Sicht – Teil 13 – Art und Weise der Nachlassverwaltung

3.5 Art und Weise der Nachlassverwaltung

Im Interesse des Unternehmers steht, neben der Frage, an wen das Unternehmen oder die unternehmerische Beteiligung übergehen soll, auch die Frage, wie diese Nachfolge abgewickelt werden soll. Damit nach dem Tod dieser Wille des Erblassers umgesetzt wird, bieten sich verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten an, um auf die Art und Weise der Nachlassverwaltung Einfluss zu nehmen.

3.5.1 Vor- und Nacherbschaft

Um das Unternehmervermögen über den Tod des Erblassers hinaus als Einheit zu erhalten und einflussreiche Vorgaben über die zukünftige Gestaltung des Unternehmens zu machen, kann der Erblasser eine Vor- und Nacherbschaft anordnen.

Im Testament kann der Erblasser jemanden als Erben einsetzen, der erst Erbe (Nacherbe) wird, nachdem zunächst ein anderer Erbe (Vorerbe) geworden ist, § 2100 BGB. Vorerbe und Nacherbe beerben beide den ursprünglichen Erblasser als Gesamtrechtsnachfolger und sind keine Erben untereinander.

Beispiel
Unternehmer U setzt seine Ehefrau F als Vorerbin und sein Kind K als Nacherben ein.

  • F und K beerben beide den Erblasser U, allerdings erbt erst F und dann K.

Mit dem Tod des Erblassers erbt der Vorerbe dessen Vermögen. Das Vermögen des Erblassers stellt für den Vorerben Sondervermögen dar, das heißt, dass dieses Vermögen nicht als Vermögen des Vorerben in seinen eigenen Nachlass fällt und verschieden zum eigenen Vermögen des Vorerben ist.

Der Vorerbe kann über das ihm vom Erblasser zugewendete Vermögen grundsätzlich frei verfügen (§ 2112 BGB). Allerdings tritt der aus der Verfügung erlangte Erlös an die Stelle des ursprünglichen Erbschaftsgegenstands (§ 2111 BGB). Ausnahmsweise ist der Vorerbe in der Verfügung über Grundstücke, Schiffe und bei großzügigen Schenkungen beschränkt (§ 2113 BGB).

Der Erblasser kann gegenüber dem Vorerben anordnen, dass dieser die Erbschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt an den Nacherben herausgeben muss (§ 2303 BGB). Zum Beispiel kann bestimmt werden, dass das Erbe, also das Unternehmen oder die Unternehmensbeteiligung, an den Nacherben herausgegeben wird, wenn dieser

  • volljährig wird
  • einen beruflichen oder akademischen Abschluss erlangt
  • heiratet oder
  • sich generell als tüchtig und vertrauenswürdig erweist.

Wird keine solche Vereinbarung getroffen, bestimmt sich der Zeitpunkt nach dem Tod des Vorerben.

Beispiel
Unternehmer U, der ein (Unternehmens-)Vermögen von 1.000.000 EUR besitzt, hat eine Ehefrau F und ein Kind K. Er möchte sicherstellen, dass das Unternehmen an sein Kind übergeht, wenn es älter ist. Da der betagte U dies voraussichtlich nicht mehr erleben wird, setzt er seine Ehefrau F als Vorerbin und sein Kind K als Nacherbe ein (§ 2100 BGB), wobei der Zeitpunkt für die Herausgabe der Erbschaft auf das 21. Lebensjahr des K bestimmt wird.

  • Stirbt U, erbt F 1.000.000 EUR. K hat aber einen Pflichtteilsanspruch gegen F, denn er wurde als gesetzlicher Erbe in der Erbfolge des U durch die Einsetzung als Nacherbe beschränkt (§ 2306 Abs. 2 BGB). Wird K 21 Jahre alt erbt K die 1.000.000 EUR von U, nicht von F. F "reicht" das Erbe des U nur an K weiter und unterliegt in der Zeit, in der sie es "verwahrt", Verfügungsbeschränkungen, §§ 2112 ff. BGB.

Um das Unternehmervermögen vor den Pflichtteilsansprüchen des zunächst übergangenen Erben zu schützen, kann zwischen dem Erblasser und dem pflichtteilsberechtigten Nacherben ein Pflichtteilsverzichtsvertrag abgeschlossen werden.

Die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft ist sinnvoll, um zu erreichen, dass bestimmte Personen nicht am Nachlass des Unternehmers beteiligt und Pflichtteilsansprüche komplett umgangen werden.

Beispiel
Unternehmer U möchte, dass seine Tochter T das Einzelunternehmen nach seinem Tod fortführt. T ist mit Künstler K verheiratet und hat einen Sohn S. U möchte nicht, dass für den Todesfall der T das Unternehmen an K übergeht, sondern S soll es erben.

  • Indem U die T als Vorerbin und seinen Enkel S als Nacherben einsetzt, übergeht er den Pflichtteilsanspruch des K. Denn der Nachlass des U fällt zur Zeit der Vorerbschaft der T nicht in ihren Nachlass.

Im Interesse des Erblassers und des Nacherben steht vordergründig der Erhalt der Erbsubstanz. Darum können Gläubiger des Vorerben nicht in das Vermögen der Vorerbschaft vollstrecken (§ 2115 Abs. 1 Satz 1 BGB). Gläubiger des Erblassers hingegen können in die Erbmasse vollstrecken (§ 2115 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Beispiel
U - mit einem Vermögen von 1.000.000 EUR - setzt seine Frau F zur Vorerbin und sein Kind K zum Nacherben ein. F ist aufgrund übermäßigen Luxuslebens hohen Schulden ausgesetzt.

  • Wenn U stirbt, erbt F 1.000.000 EUR. Die Gläubiger der F können aufgrund der Vorerbenstellung der F aber nicht in das von U geerbte Vermögen vollstrecken. (§ 2115 Abs. 1 Satz 1 BGB). Hätte U zur Zeit des Erbfalls auch Schulden gehabt, könnten dessen Gläubiger aber in die Erbmasse vollstrecken, da die F für diese Verbindlichkeiten haftet, §§ 1967 Abs. 1 BGB, 2115 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Die Interessen des Vorerben werden durch die Vor- und Nacherbschaft ebenso berücksichtigt. Er darf grundsätzlich frei über das Vermögen verfügen, solange die Verfügung nicht in einem Grundstück oder einer Schenkung besteht. Zudem stehen dem Vorerben nach § 2111 Abs. 1 Satz 1 BGB die Nutzungen des Nachlasses zu. Besteht die Erbschaft nun aus einem Unternehmen ist die Bestimmung der daraus entstehenden Nutzungen für den Vorerben schwierig. Bei einem Einzelunternehmen darf der Vorerbe den Reingewinn des Unternehmens nutzen oder gegebenenfalls einen Betrag für seine unternehmerische Tätigkeit aus der Erbschaft ziehen.(Fußnote) Gehört zur Erbschaft der Anteil an einer Kapitalgesellschaft stehen dem Vorerben Dividenden zu, bei einer Personengesellschaft Gewinnanteile(Fußnote) des Unternehmens.(Fußnote) Gewöhnliche Erhaltungskosten hat der Vorerbe allerdings selbst zu tragen, worunter neben üblichen Renovierungskosten auch Verwaltungskosten, wie z.B. die Grundsteuer und Versicherungen, zählen (§ 2124 Abs. 1 BGB). Damit ist das Interesse des Unternehmers an der Vorsorge und finanziellen Absicherung des Vorerben gewährleistet.

Da die Nutzungen, die der Vorerbe aus der Erbschaft ziehen darf, dem Vermögen des Vorerben zugeteilt werden, sind diese im Rahmen der Zwangsvollstreckung verwertbar.

Beispiel
Unternehmer U vererbt sein Einzelunternehmen an seine Frau F und sein Kind K, wobei die F Vorerbin und K Nacherbe sein sollen. F arbeitet nach dem Erbfall im Unternehmen und entnimmt aus dem Unternehmervermögen einen angemessenen Betrag für ihre unternehmerische Tätigkeit.

  • Dieser Betrag geht in das Vermögen der F über, weshalb Gläubiger der F darauf zugreifen können.

Um die Verwertung von den dem Vorerben gebührenden Nutzungen durch eine Zwangsvollstreckung zu verhindern, könnte der Erblasser anordnen, dass Erträge und Nutzungen in Form von Naturalleistungen oder wertmäßig unterhalb der Pfändungsgrenze aus der Erbschaft vom Vorerben entnommen werden dürfen.

Zu beachten ist, dass der Vorerbe alleiniger Erbe des entsprechenden Vermögens sein muss. Denn im Fall einer Erbengemeinschaft, können Gläubiger der Mitvorerben dessen Anteil pfänden, weil der Mitvorerbe seinen Vorerbanteil gemäß § 2033 BGB veräußern kann.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Schutz des Unternehmervermögens aus familien- und erbrechtlicher Sicht“ von Michael Kaiser, Rechtsanwalt, und Thea Schenk-Busch, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-65-6.


 

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Stand: Januar 2017


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Über die Autoren:

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Rechtsanwalt Michael Kaiser ist seit vielen Jahren im Familienrecht tätig. Er berät und vertritt bei

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Die außergerichtliche Beratung, Besprechung und Ausarbeitung von Ehevertragsentwürfen zur anschließenden notariellen Beurkundung sowie Teilnahme an den notariellen Beurkundungsterminen gehören zu den Haupttätigkeiten von Michael Kaiser. Hierdurch können viele Scheidungspaare
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Unternehmerscheidungen liegt der besondere Fokus regelmäßig auf dem Schutz des Unternehmensbestandes.

Rechtsanwalt Michael Kaiser ist Dozent für Familienrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

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