Schutz des Unternehmervermögens aus familien- und erbrechtlicher Sicht – Teil 11 – Unternehmensnachfolge und Testament

3.4 Unternehmensnachfolge

Wenn ein Einzelkaufmann oder ein Gesellschafter eines Familienunternehmens verstirbt, besteht meist ein Interessenkonflikt:

  • zum einen besteht das Interesse, das Unternehmen vor unerwünschtem Eindringen Dritter zu schützen und
  • zum anderen besteht das Interesse, die Liquidität des Unternehmens vor Auseinandersetzungs- oder Abfindungsansprüchen zu bewahren.

Der Unternehmer, der das Unternehmen oder eine Beteiligung daran vererben möchte, will einerseits das Unternehmen an seine Abkömmlinge weitergeben, aber sieht sich möglicherweise andererseits damit konfrontiert, dass die Abkömmlinge mangels entsprechender Qualifikation und Motivation oder gar aufgrund hoher eigener Verschuldung für die Unternehmensübernahme ungeeignet sind. Um den Konflikten zielführend und interessengerecht zu begegnen, muss der Unternehmer eine vorsorgliche Nachfolgeplanung treffen. Die bestehenden Regelungen des Erbrechts sind in der Art und Weise, wie sie im Normalfall greifen würden, für die Vererbung eines Unternehmens oder einer Unternehmensbeteiligung nicht zielführend und interessengerecht.

Beispiel
Unternehmer U hat zwei Kinder und eine Frau F, mit der er im gesetzlichen Güterstad lebt. Er führt ein Alleinunternehmen und hat kein Testament errichtet. Im Todesfall erbt die F 1/4 nach § 1931 Abs. 1 BGB und 1/4 aus § 1371 Abs. 1 BGB und die Kinder jeweils auch 1/4 des Unternehmens.

  • Wie alt die Kinder sind oder welchen Ausbildungsgrad sie haben, wird nicht berücksichtigt. Stirbt die F, erben ihre Kinder den restlichen Unternehmensanteil. Dabei fallen zweimal Steuern an, sofern die Freibeträge überschritten sind, nämlich einmal wegen der Erbschaft des U und einmal wegen der Erbschaft der F.

Die festen erbrechtlichen Regelungen entsprechen also nicht dem Interesse des Unternehmens. Insbesondere ist problematisch, dass:

  • der eheliche Güterstand automatisch berücksichtigt wird
  • für übergangene Erbberechtigte Pflichtteilsansprüche bestehen und
  • bei der Nachfolge in Personengesellschaften aufgrund der besonderen Interessenlage erbrechtliche Nachfolgeregelungen nicht passen.

Um ein unternehmerisch sinnvolles Ergebnis zu erzielen, muss auf die Instrumente der gewillkürten Erbfolge zurückgegriffen werden. Damit können Fragen wie,

  • Wer soll Erbe werden?
  • Kann ich einer Person auch einzeln etwas zuwenden ohne sie zum Erben zu ernennen?
  • Wie kann ich sicherstellen, dass der Nachlass meinem Willen entsprechend abgewickelt wird?
  • Wie kann ich unerwünschte Pflichtteilsberechtigte umgehen?

rechtlich beantwortet werden.

3.4.1 Testament

Um ein Testament zu errichten, in dem der Erblasser seinen letzten Willen verfasst hat, müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Testierfähigkeit
  • Testierwille: Der Erblasser muss in dem Willen handeln, eine letztwillige Verfügung zu errichten
  • Einhaltung der Formerfordernisse: § 2247 BGB erfordert ein eigenhändiges Testament. Das ist ein eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Schriftstück. Bei einem öffentlichen Testament erfordert § 2232 BGB die Erklärung gegenüber einem Notar, der die Urkunde erstellt.
  • Inhalt: Der Inhalt der testamentarischen Regelung darf nicht gegen das Gesetz oder die guten Sitten verstoßen und ist an die erbrechtlichen Vorgaben gebunden.

Die Erstellung eines einfachen Testaments ist mangels notariellen Beurkundungserfordernisses kostenlos. Der Testamentsersteller kann das Testament jederzeit widerrufen oder durch ein neues Testament für ungültig erklären (§§ 2253 ff. BGB). Dies kann von Vorteil sein, wenn die Umstände der Familie, wie beispielsweise Nachwuchs oder Tod eines Angehörigen, es gebieten, zeitnah auf Veränderungen zu reagieren.

Beispiel
U hat zwei Kinder T und S. Sein Vermögen besteht zu einem Teil aus einem Einzelunternehmen und zum anderen Teil aus einer Immobilie. Er wollte, dass S sein Unternehmen fortführt und hat im Testament eine Teilungsanordnung in Bezug auf den Nachlass bestimmt. Danach soll S das Unternehmen und T die Immobilie erben. Kurz vor dem Tod des U heiratet S die X. Durch X Einfluss entsagt sich S jeglichen materiellen Interessen und lebt fortan auf Kosten anderer. U setzt nun ein neues Testament auf, in dem er der T das Unternehmen und dem S die Immobilie zuteilt.

  • Damit wird das frühere Testament widerrufen (§ 2254 BGB).


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Schutz des Unternehmervermögens aus familien- und erbrechtlicher Sicht“ von Michael Kaiser, Rechtsanwalt, und Thea Schenk-Busch, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-65-6.


 

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Stand: Januar 2017


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Über die Autoren:

Michael Kaiser, Rechtsanwalt

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Rechtsanwalt Michael Kaiser ist seit vielen Jahren im Familienrecht tätig. Er berät und vertritt bei

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Die außergerichtliche Beratung, Besprechung und Ausarbeitung von Ehevertragsentwürfen zur anschließenden notariellen Beurkundung sowie Teilnahme an den notariellen Beurkundungsterminen gehören zu den Haupttätigkeiten von Michael Kaiser. Hierdurch können viele Scheidungspaare
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Unternehmerscheidungen liegt der besondere Fokus regelmäßig auf dem Schutz des Unternehmensbestandes.

Rechtsanwalt Michael Kaiser ist Dozent für Familienrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

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