Regelinsolvenz - Einführung ins Involvenzrecht Teil 2: Die Zuständigkeit der Gerichte
Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Markus Jauch
wissenschaftlicher Mitarbeiter
Zuständigkeit der Gerichte
1. Sachliche Zuständigkeit
Für das Insolvenzverfahren ist ausschließlich das Amtsgericht (Abteilung Insolvenzgericht) zuständig, in dessen Bezirk ein Landgericht seinen Sitz hat (§ 2 I InsO). Dieses Amtsgericht ist als Insolvenzgericht für den gesamten Bezirk des Landgerichts zuständig. Folglich gibt es pro Landgerichtsbezirk immer nur ein Insolvenzgericht, welches sich am Sitz des Landgerichts befindet.
Beispiel:
Schubert betreibt ein Unternehmen in Spaichingen (Landkreis Tuttlingen).
Sowohl in Spaichingen als auch in Tuttlingen gibt es ein Amtsgericht. Das zuständige Landgericht ist Rottweil (Landkreis Rottweil).
Will Schubert Insolvenzantrag stellen, so ist das Amtsgericht Rottweil zuständig, also weder das Amtsgericht in Spaichingen oder das Amtsgericht in Tuttlingen.
Da für Spaichingen das Landgericht Rottweil zuständig ist, ist in diesem Fall auch das Amtsgericht Rottweil für die Insolvenzanmeldung von Schubert zuständig.
2. Örtliche Zuständigkeit
Die örtliche Zuständigkeit, geregelt in § 3 I InsO, ist ausschließlich. Das bedeutet, dass eine von § 3 I InsO abweichende Parteivereinbarung unwirksam ist.
Die örtliche Zuständigkeit gilt sowohl für natürliche als auch juristische Personen, also unabhängig von der Rechtsform eines Unternehmens oder davon, ob eine natürliche Person Verbraucher oder Unternehmer ist oder war.
2.1. allgemeiner Gerichtsstand
Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem allgemeinen Gerichtsstand des Schuldners zum Zeitpunkt der Stellung des Insolvenzantrags. Verlegt der Schuldner zum Zwecke der Insolvenzantragstellung seinen Sitz, ändert dies die bis dahin bestehende örtliche Zuständigkeit nicht.
Dass in der Praxis ein Schuldner seinen Sitz absichtlich in einen fremden Landgerichtsbezirk verlegt, um auf dieser Weise der Aufmerksamkeit seiner Gläubiger zu entgehen, kommt vor. Der Umstand alleine, dass der Schuldner an seinem neuen Sitz keine nennenswerte werbende Tätigkeit aufgenommen hat, schließt die Ernsthaftigkeit der Sitzverlegung nicht aus. Dies kann allenfalls ein Indiz sein, die tatsächliche Verlegung des Sitzes in Zweifel zu ziehen.
2.2. Mittelpunkt selbständiger wirtschaftlicher Tätigkeit
Liegt der Mittelpunkt der selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners an einem anderen Ort als seinem allgemeinen Gerichtsstand, so ist ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk dieser Ort liegt (§ 3 I S. 2 InsO).
Beispiel:
Der allgemeine Gerichtsstand des selbständig tätigen Schuldners Schubert ist Pforzheim. Allerdings betreibt Schubert in Karlsruhe ein Antiquitätengeschäft. Somit liegt der Mittelpunkt der selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit von Schubert in Karlsruhe.
Im Falle einer eintretenden Insolvenz wäre somit nicht das Amtsgericht in Pforzheim für den Insolvenzantrag von Schubert zuständig, sondern das Amtsgericht in Karlsruhe.
Die selbständige wirtschaftliche Tätigkeit des Schuldners muss nicht gewerblicher Natur sein.
Es ist ausreichend, dass der Schuldner einer nachhaltigen, auf Erwerb zielenden unternehmerischen Tätigkeit (z. B. Freiberufler) nachgeht. Der Mittelpunkt einer wirtschaftlichen Tätigkeit liegt dort, wo die Geschäfte nach außen hin abgewickelt werden. Eine Eintragung ins Handelsregister oder eine satzungsmäßige Sitzregelung können allenfalls Indizcharakter besitzen. Maßgeblich ist der tatsächliche Geschäftsablauf.
Beispiel:
Angenommen, Schubert wäre mit seinem Antiquitätengeschäft in Pforzheim ins Handelsregister eingetragen.
Wenn er seine Tätigkeit nach außen hin in Karlsruhe abwickelt, so ist das Amtsgericht in Karlsruhe zuständig, da hier – vom tatsächlichen Geschäftsablauf ausgehend – der Mittelpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit von Schubert liegt.
Betreibt der Schuldner verschiedene Niederlassungen oder Betriebsorte, ist in der Regel der Ort der zentralen Verwaltung der Mittelpunkt der geschäftlichen Betätigung nach außen. Konzernrechtlich ist eine Muttergesellschaft nur dann für die insolvente Tochtergesellschaft zuständig, wenn sie diese tatsächlich wirtschaftlich geleitet und gelenkt hat. Wurde die wirtschaftliche Tätigkeit des Unternehmens beendet, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem allgemeinen Gerichtsstand und nicht mehr nach dem Mittelpunkt der selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit.
Für eine GmbH ist das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren satzungsmäßigen Sitz hat. Der Wohnsitz eines Geschäftsführers ist nicht maßgebend, auch wenn er mit der Abwicklung der Gesellschaft betraut wurde, die Geschäftsbücher an sich genommen hat und die weitere Korrespondenz führt.
2.3. Örtliche Zuständigkeit mehrerer Insolvenzgerichte
Nach § 3 I InsO können mehrere Insolvenzgerichte örtlich zuständig sein, wenn der Schuldner zwei Wohnsitze hat oder an mehreren Orten selbständige wirtschaftliche Tätigkeiten ausübt und nicht ersichtlich ist, ob an einem dieser Standorte der Mittelpunkt dieser selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit besteht.
Sind mehrere Gerichte örtlich zuständig, hat der Antragsteller ein Wahlrecht zwischen den zulässigen Gerichtsständen (§ 4 InsO i.V.m. § 35 ZPO). Wird Antrag bei einem der örtlich zuständigen Insolvenzgerichte gestellt, so schließt diese Antragstellung die übrigen Gerichte aus (§ 3 II InsO).
Die Zuständigkeit des Gerichts, bei dem Insolvenzantrag gestellt worden ist, bleibt auch dann bestehen, wenn der Schuldner beispielsweise seinen Wohnsitz dort aufgibt.
Dieser Aufsatz wurde entnommen dem Buch: Regelinsolvenz - Einführung ins Insolvenzrecht für Unternehmen und Unternehmer von Harald Brennecke, Dr. Maren Augustin und Markus Jauch, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
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Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Markus Jauch
wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Mai 2010
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Über die Autoren:
Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.
Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.
Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.
Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.
Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so
- "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
- "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
- "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
- "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7
- "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
- "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
- "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
- "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
- "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
- "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
- "Der Unternehmenskauf - Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
- "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so
- „Selbständigkeit in der Insolvenz“
- „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
- „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“
Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie. Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:
- Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
- Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
- Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
- Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
- Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters
- Selbständigkeit in der Insolvenz – die große Chance des Neustarts
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Mail: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28
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