Regelinsolvenz - Einführung ins Insolvenzrecht Teil 4.2.: Feststellung der Zahlungsunfähigkeit

1. Zahlungseinstellung


Wie erwähnt, fällt es einem Gläubiger, der die internen Geschäftsverhältnisse des Schuldners nicht kennt, schwer, die Zahlungsunfähigkeit auf Seiten des Schuldners nachzuweisen.

Die Insolvenzordnung vermutet bei eingestellten Zahlungen des Schuldners, dass Zahlungsunfähigkeit vorliegt.

 

Die Zahlungseinstellung zeigt sich darin, dass der Schuldner nach außen zu erkennen gibt, wegen eines Mangels an Zahlungsmitteln nicht mehr in der Lage zu sein, seine fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen.

 

Dies kann vom Schuldner allerdings widerlegt werden.

 

Die Zahlungseinstellung ist nur ein Indiz für die Zahlungsunfähigkeit.

Der Schuldner kann dieses Indiz beispielsweise dadurch widerlegen, dass er sämtliche anstehenden fälligen Verbindlichkeiten begleicht.

 

Die Anhaltspunkte, welche für eine Zahlungseinstellung sprechen, müssen nach außen erkennbar hervorgetreten sein. Hier ist aber ausreichend, dass die Zahlungseinstellung für den Gläubiger, welcher Gläubigerinsolvenzantrag stellt, deutlich geworden ist.

 

2. Finanz- / Liquiditätsplan

 

Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit (und die Vermeidung der Haftung des Geschäftsführers) erfordert die Aufstellung eines Liquiditätsstatus, der stichtagsbezogen erstellt wurde.

In diesem Liquiditätsstatus sind die am Stichtag fälligen Verbindlichkeiten und die vorhandenen Zahlungsmittel aufzuführen. Der Liquiditätsstatus zeigt, inwieweit bereits Liquiditätslücken aufgetreten sind.

Stellen sich Liquiditätslücken heraus, muss geprüft werden, ob dies nur eine vorübergehende Zahlungsstockung darstellt oder ob bereits Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Dies erfolgt mittels eines Finanz- oder Liquiditätsplans.

 

In diesem werden die am oben genannten Stichtag ermittelten Werte dergestalt fortgeschrieben, dass die (annähernd) genaue Liquidität über einen bestimmten Zeitraum dem Plan entnommen werden kann.

Die Fortschreibung geschieht durch taggenaue Erfassung der Ein- und Auszahlungen.

In dieser Gegenüberstellung im Plan ist die Liquidität zu jedem Zeitpunkt innerhalb des Plan-Zeitraums abzulesen.

 

Der Prognosezeitraum sollte insbesondere die nächsten drei Wochen beinhalten.

Wenn innerhalb dieser drei Wochen die Zahlungsstockung nicht ausgeglichen werden kann, so liegt regelmäßig Zahlungsunfähigkeit vor.

Für das vertretungsberechtigte Organ einer juristischen Person beginnt mit diesem Augenblick die Frist zur Stellung eines Insolvenzantrags (siehe unten).

 

Beispiel zur Liquiditätsplanung (stark vereinfacht):

Die Schubert GmbH verfügt über einen Kassenbestand zum 1. des Monats von 1.000 €.

Folgende Zahlungen fließen im Laufe des Monats:

§ Am 5.:    Zahlung eines Kunden über 5.000 €

§ Am 8.:    Die Schubert GmbH überweist eine

Rechung in Höhe von 15.000 €

§ Am 15.:  Kundenzahlung über 7.000 €

§ Am 21.:  Jährliche Instandhaltung einer Maschine

Kosten in Höhe von  10.000 €

§ Am 23.:  Kundenzahlung über 2.000 €

§ Am 26.:  Kundenzahlung über 20.000 €

§ Am 29.:  Monatliche Auszahlung des Lohns für

Angestellte und Arbeiter 35.000 €

§ Am 30.:  Abschlag für Strom/Wasser 2.000 €

Anhand eines aufgestellten Liquiditätsplans kann nun genau berechnet werden, wie hoch der Kassenbestand der GmbH zu jedem Tag des Monats ist.

 

Am 1. des Monats beträgt der Kassenbestand 1.000 €. Dieser Betrag ändert sich mit der Kundenzahlung vom 5.

Folgende Tabelle soll den Kassenbestand (Soll/Haben) der GmbH darstellen:

 

Tag                         +/-           Veränderung        Kassenbestand

1                                             0                            1.000€ Haben

5                             +             5.000 €                 6.000 € Haben

8                             -              15.000 €               9.000 € Soll

15                           +             7.000 €                 2.000 € Soll

21                           -              10.000 €               12.000 € Soll

23                           +             2.000 €                 10.000 € Soll

26                           +             20.000 €               10.000 € Haben

29                           -              35.000 €               25.000 € Soll

30                           -              2.000 €                 27.000 € Soll

                         

 

Dieser Aufsatz wurde entnommen dem Buch: Regelinsolvenz - Einführung ins Insolvenzrecht für Unternehmen und Unternehmer von Harald Brennecke, Dr. Maren Augustin und Markus Jauch, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6

 


 

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Stand: Mai 2010


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.

Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden  Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.   

Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.

Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.

Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so

  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
  • "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7 
  • "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
  • "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
  • "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6 
  • "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8

Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so

  • „Selbständigkeit in der Insolvenz“
  • „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
  • „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“

Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.  Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters 
  • Selbständigkeit in der Insolvenz – die große Chance des Neustarts


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