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Rechtsmittel im Strafrecht Teil 1: Die Beschwerde

Rechtsmittel erfüllen in einem gerichtlichen Verfahren eine wesentliche Aufgabe. Sie führen bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen dazu, dass noch nicht rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen von einem Gericht höherer Instanz überprüft werden. Diesen Devolutiveffekt haben alle Rechtsmittel, die Beschwerde, die Berufung und die Revision, gemeinsam. Allein die Berufung und die Revision führen ferner dazu, dass der Eintritt der Rechtskraft des jeweiligen Urteils und damit deren Vollstreckbarkeit gehindert wird (Suspensiveffekt). Die Rechtsmittel können in jedem Fall erst nach Erlass der angefochtenen Entscheidung und nur in unbedingter Form eingelegt werden. Rechtsmittelberechtigt sind nach § 296 StPO sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Beschuldigte. Für letzteren kann auch der Verteidiger Rechtsmittel einlegen.
Die Rücknahme eines Rechtsmittels kann durch denjenigen, der es eingelegt hat, grundsätzlich nur bis zur Entscheidung über das Rechtsmittel erfolgen. Dafür gilt die gleiche Form wie für deren Einlegung. Zu beachten ist hier stets, dass die Rücknahmeerklärung unwiderruflich und unanfechtbar ist.

Das Rechtsmittel der Beschwerde
Die Beschwerde ist nach der Strafprozessordnung (StPO) in Form der einfachen (§ 304 StPO), der sofortigen (§ 311 StPO) und der weiteren (§ 310 StPO) Beschwerde möglich. Es handelt sich hierbei um Rechtsmittel, mit denen sowohl die Tatsachengrundlage der angefochtenen Entscheidung als auch die Rechtsanwendung im Einzelfall zur Überprüfung gebracht werden können. Zu beachten gilt es aber, dass eine Schlechterstellung des Beschwerdeführers, eine sog. reformatio in peius, grundsätzlich möglich ist.

Einfache Beschwerde
Die einfache Beschwerde kann hauptsächlich gegen alle gerichtlichen Beschlüsse im erstinstanzlichen Verfahren und Berufungsverfahren erhoben werden. Dies gilt jedoch nur für die Fälle, in denen das Gesetz den Ausschluss der Beschwerde nicht ausdrücklich vorsieht.

Beschwerdeberechtigt ist hier nicht nur der durch die Maßnahme in seinen Rechten Verletzte, sondern gemäß § 304 Abs. 2 StPO insbesondere auch Sachverständige und Zeugen.

Über die Beschwerde entscheidet nicht das Gericht, dem der Richter, der die angefochtene Entscheidung erlassen hat, angehört, sondern das übergeordnete Gericht, welchen in jedem Fall örtlich zuständig ist. Einzulegen ist die Beschwerde aber bei dem Gericht, von dem aus die angefochtene Entscheidung erlassen wurde. Dies kann zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich, aber auch per Fax erfolgen.

Sie kann unbefristet eingelegt werden, allerdings droht in bestimmten Fällen die Verwirkung. Die Beschwerde kann sich auch dadurch erledigen, dass durch den Fortgang des Verfahrens die angefochtene Entscheidung gegenstandslos geworden ist.

Die Beschwerde muss an sich keine Begründung enthalten. Eine solche ist aber zulässig und zu empfehlen. Ausreichend ist, dass die Begründung bei Einlegung der Beschwerde angekündigt wird. Sie muss daher nicht zwangsläufig zeitgleich mit der Beschwerdeeinlegung erfolgen.

Nach Einlegung der Beschwerde findet ein sog. Abhilfeverfahren statt. Damit soll dem „Ausgangsgericht“ die Möglichkeit der Korrektur seiner Entscheidung gegeben und die Befassung des Beschwerdegerichts mit der Sacher vermieden werden.

Sofortige Beschwerde
Im Gegensatz zur einfachen Beschwerde kann die sofortige Beschwerde nur dann eingelegt werden, wenn das Gesetz dies ausdrücklich bestimmt. Ferner ist hier unbedingt die Beschwerdefrist einzuhalten. Diese beträgt nach § 311 Abs. 2 StPO eine Woche und beginnt mit der Bekanntmachung, etwa in der Form der Verkündung oder der Zustellung, der angefochtenen Entscheidung. Bei Vorliegen der Voraussetzungen ist allerdings auch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 44 StPO möglich.

Auch die sofortige Beschwerde kann schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle bei dem „Ausgangsgericht“ eingelegt werden. Hinsichtlich der Begründung gelten hier die gleichen Grundsätze wie bei der einfachen Beschwerde. Die Begründung kann in diesen Fällen aber noch nach Ablauf der Beschwerdefrist eingereicht werden.

Die sofortige Beschwerde bewirkt grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Ausnahmen können sich aber dann ergeben, wenn das Gesetz dies ausdrücklich anordnet. Der Eintritt der Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung ist zunächst bis zum Ablauf der o.g. Wochenfrist gehemmt. Durch das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde wird die Hemmung über diesen Zeitraum hinaus erweitert, bis es durch Abhilfe, Rücknahme Verwerfung erledigt ist.

Weitere Beschwerde
Die weitere Beschwerde ist grundsätzlich ausgeschlossen. Der Ausschluss bezieht sich auf Beschlüsse, die auf eine Beschwerde hin erlassen worden sind. Sie müssen daher denselben Verfahrensgegenstand betreffen wie die erste Entscheidung.
Nach § 310 Abs. 1 StPO können jedoch Beschlüsse, die eine Verhaftung, eine einstweilige Unterbringung oder einen dinglichen Arrest zum Gegenstand haben, mit der weiteren Beschwerde angefochten werden. Insoweit handelt es sich um eine Ausnahmevorschrift.

Kontakt: kontakt@fasp.de

Stand: Dezember 2025


Normen: § 296 StPO, § 304 StPO; § 310 StPO; § 311 StPO

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