Rechtliche Risiken beim Unternehmenskauf – Teil 23 – Das vertragliche Gewährleistungssystem, Übernahme von Steuerschulden, Rückforderung von Beihilfen

2.8. Das abschließende vertragliche Gewährleistungssystem

Damit es nach einem Unternehmensverkauf nicht zur Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen kommt, empfiehlt es sich, im Vertrag ein abschließendes Gewährleistungssystem zu vereinbaren. Voraussetzung hierfür ist, dass das zu übernehmende Unternehmen genau auf bestehende rechtliche Risiken überprüft wird. Im Folgenden werden einige Risiken dargestellt, die im Kaufvertrag sachgerecht auf die einzelnen Vertragspartner verteilt werden sollten.

2.8.1 Die Übernahme von Steuerschulden

Nach § 75 I AO haftet der Erwerber für die nicht gezahlten Steuern des zu übernehmenden Vermögens, vorausgesetzt, dass die Steuern seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahrs entstanden sind und bis zum Ablauf von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebs durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet werden. Allerdings gilt diese Vorschrift auch entsprechend für Steuergutschriften. Hier sollte erstens festgestellt werden, in welcher Höhe die Steuerzahlung oder die Steuergutschrift festgesetzt wird, und zweitens, wem die Steuerzahlung oder die Steuergutschrift zufallen sollen.

2.8.2 Die Rückforderungen von Beihilfen

Wenn Unternehmen europarechtliche Beihilfen im Sinne von Art. 87 I AEUV rechtswidrig gewährt wurden, sind diese an die Europäische Kommission zurückzuzahlen. Grundsätzlich ist der Empfänger der rechtswidrigen Subvention zur Rückzahlung verpflichtet. Allerdings können auch Unternehmen zur Rückzahlung verpflichtet werden, die im Rahmen eines Asset Deals erhebliche Vermögensgegenstände eines solchen Unternehmens erworben haben.(Fußnote) Das ist etwa dann der Fall, wenn ein Straßenbauunternehmen alle seine Maschinen an einen Erwerber verkauft, der dann wiederum mit diesen Maschinen im Straßenbau tätig ist. Damit möchte die Europäische Kommission verhindern, dass sich Unternehmen durch Verkäufe, insbesondere durch Asset Deals, ihrer Rückzahlungsverpflichtung entziehen.

Die Rückforderung hängt nicht von der positiven Kenntnis des Erwerbers von der Rechtswidrigkeit der Gewährung der Beihilfe ab. Für die Rückforderung ist es ausreichend, wenn er weiß, dass das zu erwerbende Unternehmen in der Vergangenheit Beihilfen bezogen hat und dass die Kommission ein Kontrollverfahren eingeleitet hat.(Fußnote)

2.8.3 Kartellrechtliche Bußgelder

Schwebt gegen das zu übernehmenden Unternehmen ein kartellrechtliches Verfahren, so ist zu beachten, dass ein eventuell verhängtes Bußgeld auch gegen den Erwerber verhängt werden kann.(Fußnote) Aber auch für Vorgänge, die den zuständigen Kartellbehörden noch nicht bekannt geworden sind, kann der Käufer in die Haftung genommen werden. Denn Anknüpfungspunkt ist hier das Unternehmen als wirtschaftliche Einheit und nicht der Unternehmensträger. Umgehungsgeschäfte nach § 140 BGB, wie etwa ein auf wichtige Unternehmensteile bezogener Asset-Deal, können an der Beurteilung als wirtschaftliche Einheit daher nichts ändern. Da sich ein eventuell verhängtes Bußgeld seiner Höhe nach an den Umsätzen der beteiligten Unternehmen orientiert, empfiehlt es sich, das Unternehmen zunächst als selbständiges Tochterunternehmen zu führen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Unternehmenskauf – Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-18-2.


 

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Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Dezember 2014


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