Pressemitteilung 2008/12/31 +++ Neues Erbschaftsteuerrecht zum 01.01.2009

(mw) - Am 1. Januar 2009 ist der vom Bundestag am 27.11.2008 beschlossene Gesetzentwurf zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (ErbStRG, BT-Drucks. 16/11075), der am 05.12.2008 auch den Bundesrat passierte, in Kraft getreten.

Die Reform gilt für Vermögensübertragungen ab Neujahr 2009. Ein Wahlrecht zwischen alten und neuen Recht gibt es nur für Erbfälle in 2007 und 2008, sofern die Steuerfestsetzung noch anfechtbar ist. Da die Vorschrift zur rückwirkenden Anwendung des Rechts am 01.07.2009 außer Kraft tritt, ist es auch im Falle einer noch nicht unanfechtbaren Steuerfestsetzung möglich, das Wahlrecht längstens bis zu diesem Datum auszuüben.

Die Änderung der Erbschaftsteuer war nötig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht Immobilien- und Betriebsvermögen im Vergleich zu Kapitalvermögen als zu niedrig bewertet ansah und eine Änderung bis zum 31. Dezember dieses Jahres verlangte. Ob das neue Erbschaftssteuerrecht aber einer erneuten verfassungsrechtlichen Überprüfung standhält ist zweifelhaft, so Rechtsanwalt Marc Y. Wandersleben, Partner der Kanzlei BRENNECKE & PARTNER.

Nach der neuen Gesetzeslage wird das Betriebsvermögen und Immobilen höher bewertet. Privilegien, Freibeträge und unterschiedliche Steuersätze je nach Verwandtschaft und Vermögenshöhe gibt es weiterhin. Vorteile bringt die Gesetzesänderung für Ehepartner und Kinder; für Verwandte zweiten und dritten Grades sowie Geschwister, Neffen, Nichten, Tanten und Onkel ist die neue Gesetzeslage hingegen ungünstiger.

Nachfolgend die wesentlichen Punkte des ErbStRG im Überblick:

Wohnungs-Freibetrag:
Witwer, Witwen, eingetragene Lebenspartner und Kinder können eine Immobilie (Ein- oder Zweifamilienhaus, Mietgrundstück, Wohnungs- und Teileigentum, Geschäftsgrundstück) im Inland, der EU oder der EWiR steuerfrei erben oder geschenkt bekommen, wenn sie dieses zehn Jahre lang selbst weiter bewohnen. Eine Wertgrenze gibt es nicht, das Privileg ist aber nur auf dieses eine Objekt bezogen. Für Kinder gilt, dass die Wohnfläche des weiter bewohnten, elterlichen Hauses oder der Wohnung nicht über 200 Quadratmeter liegen darf. Ist sie größer, greift für die darüber liegende Fläche zunächst der persönliche Freibetrag von 400.000 € je Kind. Erst wenn auch dieser nicht mehr reicht, wird eine Steuer fällig.

Steuersätze:
In Steuerklasse I sollen sie nicht geändert werden; sie sollen je nach Vermögenshöhe weiter zwischen 7 und 30 Prozent liegen. Für ererbtes Vermögen bis 75.000 € beträgt der Steuersatz in Klasse I 7 Prozent, in Steuerklasse II wird er von 12 auf 30 Prozent und in Steuerklasse III von 17 auf 30 Prozent steigen. Der Höchstsatz von 30 Prozent in Steuerklasse I soll erst von mehr als 26 Mio. € an gelten. In Klasse II und III greift er von je 50 Prozent ab einem Vermögen von 13 Mio. €.

Freibeträge:
Nach § 16 ErbStG gelten nunmehr folgende Freibeträge:
- 500.000 € (bisher 307.000 €) Ehegatte
- 500.000 € Eingetragene Lebenspartner
- 400.000 € (bisher 205.000) Kinder
- 200.000 € (bisher 51.200) Enkel
- 100.000 € Übrige Personen der Steuerklasse I
- 20.000 € Personen der Steuerklasse II und II

Neben dem Freibetrag nach § 16 für den überlebenden Ehepartner und Lebenspartner ein besonderer Versorgungsfreibetrag in Höhe von 256.000 €.


Sachliche Freibeträge:
Die sachlichen Freibeträge betragen nach § 13 ErbStG künftig:
- in der Steuerklasse I für Hausrat 41.000 €
- für andere bewegliche Gegenstände 12.000 €
- in den Steuerklassen II und III 12.000 €


Übertragung von Betriebsvermögen:
Übergang einer Firma an nachfolgende Besitzer kann unter bestimmten Voraussetzungen voll steuerfrei bleiben. Bedingung ist, dass der Betrieb zehn Jahre lang fortgeführt wird und die Arbeitsplätze erhalten bleiben. Die Lohnsumme darf zwar jährlich um den Ausgangswert schwanken. Nach zehn Jahren aber darf die Lohnsummenquote nicht unter 1000 Prozent liegen, die Zahl der Jobs darf also nicht stark sinken. Die Lohnsummen-Regelung gilt aber erst bei Betrieben mit mehr als zehn Arbeitsplätzen.

Weitere Hürde für das Steuerprivileg ist, dass mindestens 90 Prozent des Betriebsvermögens in der Produktion gebunden sein müssen. Liegt das unproduktive Verwaltungsvermögen - etwa Gemälde oder nicht betrieblich genutzte Grundstücke - bei 10,1 Prozent, entfällt das Privileg voll. Alternativ kann eine siebenjährige Haltefrist gewählt werden. Dann werden 15 Prozent des Betriebsvermögens versteuert. Die Job-Auflage ist etwas weniger scharf, die Lohnsummenquote muss nach sieben Jahren 650 Prozent betragen.

Eine Entscheidung für eine der beiden Optionen ist endgültig. Wird der Betrieb verkauft, wird die Steuer fällig: im zweiten Jahr 90 Prozent der zu versteuernden Summe, im dritten Jahr 80 Prozent und so weiter. Wenn aber - etwa ein Kaufhauserbe - zwei von vier Standorten verkauft und die Erlöse daraus zur Schuldentilgung und Stärkung des Eigenkapitals nutzt, bleibt er verschont. Auch erlaubt der künftig flexiblere Betriebsvermögens-Begriff, dass ein Firmenerbe in ganz andere Geschäftsfelder investiert und das Steuerprivileg auch so über sieben oder zehn Jahre halten kann, wenn er die Arbeitsplätze hält.

Landwirte:
Auch für Landwirte gelten im Prinzip die selben Regeln wie beim Betriebsvermögen. Es gibt aber Sonderregelungen, um den Eigenheiten - etwa die Verpachtung von Flächen oder der «weichende Hoferbe», der ausgezahlt werden muss - zu berücksichtigen.





Kontakt: info@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: 12/2008


Normen: § 13 ErbStG, § 16 ErbStG