Preisabsprachen - Teil 11 - Erscheinungsformen einer Preisabsprache

5 Die unterschiedlichen Erscheinungsformen einer Preisabsprache

Der folgende Abschnitt soll auf die unterschiedlichen Erscheinungsformen und Klauseln von Preisabsprachen eingehen, wie sie in der Praxis vorkommen. Dabei wird eine Differenzierung zwischen horizontalen und vertikalen Preisabsprachen vorgenommen. Wenn im Folgenden zur Vereinfachung nur von Vereinbarungen gesprochen wird, sind auch Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen gemeint.

5.1 Horizontale Formen der Preisabsprache

Horizontale Preisabsprachen können in einer Vielzahl von Erscheinungsformen auftreten. Im Folgenden soll auf die wichtigsten Formen eingegangen werden.

5.1.1 Hardcore Preiskartell

Bei einem Hardcore-Preiskartell vereinbaren die Wettbewerber unmittelbar die Festsetzung einheitlicher Preise für ihre Produkte. Diese bezwecken ausschließlich eine Wettbewerbsbeschränkung und sind nicht freistellungsfähig.[1]

Beispiel:
Acht Kaffeeröster-Unternehmen verständigen sich im Rahmen ihrer regelmäßigen Sitzungen des Arbeitskreises über Preiserhöhungen. Zunächst sollen zwei Unternehmen die Preiserhöhung an die Verbraucher kommunizieren und anschließend die anderen Unternehmen in der vereinbarten Zeitspanne nachziehen.

  • Eine solche Vereinbarung beschränkt die Kaffeeröster-Unternehmen unmittelbar in ihrer Freiheit ihre Preise frei festzusetzen, sodass kein freier Wettbewerbspreis entsteht.
  • Die Vereinbarung stellt ein Hardcorekartell in Form einer Preisabsprache dar und unterfällt als Wettbewerbsbeschränkung dem Verbot des Art. 101 Abs. 3 AEUV und § 1 GWB.

5.1.2 Mindestpreisvereinbarung

Bei einer Mindestpreisvereinbarung legen die Parteien fest, dass der Preis für eine Ware oder Dienstleistung nicht unter einen bestimmten Betrag fallen darf. Die Mindestpreisvereinbarungen unter Konkurrenten stellen dabei die häufigste Form der verbotenen Preisabsprachen dar.[2]

Das Kartellrecht sieht derartige Vereinbarungen als wettbewerbsschädlich an, auch, wenn der vereinbarte Mindestpreis unter den üblichen Marktpreis fällt oder unter den Selbstkosten liegt.[3] Grundsätzlich ist eine Mindestpreisvereinbarung nicht freistellungsfähig. Jedoch können auch solche Preisbindungen unter die Legalausnahme des Art. 101 Abs. 3 AEUV und § 2 Abs. 1 GWB fallen, die im Einzelfall bestimmten anzuerkennenden Interessen Rechnung tragen. Ein solches Interesse stellt das Trittbrettfahrer-Problem dar, welches im Rahmen der vertikalen Mindestpreisvereinbarungen erläutert wird (siehe Kapitel 5.2.2).

Eine Ausnahme zu dem oben Gesagten stellt das Handelsvertreterprivileg dar. Die Festsetzung von Mindestpreisen des Prinzipals gegenüber echten Handelsvertretern oder Kommissionären ist zulässig. Diese Art von Beschränkung ist für das Funktionieren des Vertriebsverhältnisses notwendig.[4]

5.1.3 Preislistenbindung

Vereinbarungen unter Konkurrenten über die Verpflichtung zur Führung von Preislisten sind unbedenklich, sofern die Entscheidungsfreiheit der Parteien über ihre Preisbindung nicht beeinträchtigt oder beseitigt wird. Dabei bezieht sich die Entscheidungsfreiheit sowohl auf die Änderung der Preisliste als auch auf die Entscheidung von den Preislisten abzuweichen. In diesem Rahmen ist die Handlungsfreiheit der an der Vereinbarung beteiligten Unternehmen nicht beeinträchtigt und es liegt kein Verstoß gegen das Kartellrecht vor.

Einen wettbewerbsbeschränkenden Charakter nimmt die Vereinbarung jedoch an, wenn Änderungen und Abweichungen von der Preisliste begrenzt werden und es zu einer Bindungswirkung an die eigene Preisliste kommt. Auch die Absprache über die Übernahme einer fremden oder gemeinsam beschlossenen Preisliste stellt eine Preisabsprache dar und verstößt gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV/ § 1 GWB.[5]

5.1.4 Bruttopreisvereinbarungen

Die Vereinbarung von einheitlichen Bruttopreisen fällt ebenfalls unter das Kartellverbot, auch wenn der Nettopreis aufgrund von Rabatten zwischen den Wettbewerbern unterschiedlich ist. Rabatte und sonstige Preisnachlässe sind an den Bruttopreis gebunden, sodass ein Wettbewerb zwischen den Konkurrenten nur im Hinblick auf die Rabatte stattfindet und ansonsten kein Wettbewerb hinsichtlich der Preise existiert. Wenn der Preis dann nur noch durch einen Rabatt oder einen Preisnachlass veränderbar ist, wird die Handlungsfreiheit der Vereinbarungsteilnehmer beschränkt.[6]

5.1.5 Submissionsabsprachen

Submissionsabsprachen liegen vor, wenn mehrere im Wettbewerb zueinanderstehende Unternehmen vereinbaren, bei ihren Angeboten zu Ausschreibungen bestimmte Preise einzuhalten und diese nicht zu unterschreiten. Mit dieser Absprache wollen die Unternehmen einen Unterbieterkampf untereinander verhindern und sicherstellen, dass die vereinbarte Abfolge, wer den Zuschlag erhält, eingehalten wird.[7]

Wer eine Submissionsabsprache trifft, verstößt nicht nur gegen das Kartellrecht, sondern macht sich auch nach § 298 StGB wegen Submissionsbetrug strafbar.

Beispiel:
Automobilhersteller A und B teilen sich bei öffentlichen Ausschreibungen ihr jeweiliges Höchstangebot mit und vereinbaren, dass Hersteller A bei der Ausschreibung der Behörde X das günstigere Angebot abgeben wird. Hersteller B soll hingegen bei der Ausschreibung der Behörde Y das bessere Angebot abgeben und so den Zuschlag bekommen.

  • Die Absprache zwischen A und B, wer aufgrund des niedrigsten Preises die Ausschreibung gewinnt, verhindert, dass beide ihre Preise frei festlegen und somit in einen Preiswettbewerb miteinander treten.

5.1.6 Bestpreisklauseln

Die Vereinbarung von Bestpreisklauseln hat durch den Preisbezug gegenüber Wettbewerbern eine horizontale Wirkung auf den Wettbewerb. Näher wird diese Klausel bei den vertikalen Preisabsprachen in Kapitel 5.2.8. ausgeführt.


[1] Kling/Thomas, Kartellrecht, S. 592, Rn. 97.

[2] Zimmer in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 2. GWB/Teil 1, S. 110, Rn. 215.

[3] Zimmer in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 2. GWB/Teil 1, S. 110, Rn. 215.

[4] Kling/Thomas, Kartellrecht, 2. Auflage, S. 588, Rn. 81 f.

[5] Zimmer in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 2. GWB/Teil 1, S. 111, Rn. 217 f.

[6] Zimmer in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 2. GWB/Teil 1, S. 111 f., Rn. 221.

[7] http://www.oecd.org/daf/competition/cartels/48520533.pdf, S. 1.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Preisabsprachen im Kartellrecht“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Laura Macht, wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2018, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-87-8.


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Stand: Januar 2018


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Tilo Schindele, Rechtsanwalt

Portrait Tilo-Schindele

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Tilo Schindele ist Dozent für Kartellrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
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