Pfändungsschutz für Ehegatten

In Zeiten der wirtschaftlichen Krise kommt es immer häufiger zu Zwangsvollstreckungen, insbesondere zu Pfändungen. Hierbei stellt sich die Frage, ob der Gerichtsvollzieher für den Gläubiger Gegenstände pfänden darf, die zwar dem Schuldner gehören, vom Ehepartner jedoch zu Fortsetzung seiner Erwerbstätigkeit benötigt werden.

Um die Situation zu verdeutlichen, soll folgender Fall angenommen werden: der Gläubiger des Ehemannes beauftragt den Gerichtsvollzieher aus einem vollstreckbaren Titel zu pfänden. Der Ehemann ist arbeitslos und hat auch sonst keinerlei Gegenstände, die eine Pfändung lohnen würden – mit Ausnahme eines Kleinwagens, mit dem die Ehefrau jeden Tag vom ländlichen Wohnort zur Arbeit fährt. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln kann sie ihren Arbeitsplatz zu den für sie geltenden Arbeitszeiten nicht erreichen.

Grundsätzlich sind nach § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO (Zivilprozessordnung) solche Gegenstände unpfändbar, die zur Fortsetzung der Erwerbstätigkeit notwendig sind. Benötigt der Ehemann also das Kfz zur Aufrechterhaltung einer Erwerbstätigkeit, kann das Kfz nach § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nicht gepfändet werden.

Im oben geschilderten Fall braucht aber nicht der Schuldner selbst (also der Ehemann) das Fahrzeug, sonder seine Frau. Vom Wortlaut her ist § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO also nicht einschlägig und das Fahrzeug könnte gepfändet und verwertet werden.

Doch auch die Ehefrau gehört zu dem durch § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO geschützten Personenkreis. Das Zwangsvollstreckungsrecht ist dadurch geprägt, dass dem Schuldner und seiner Familie zumindest so viel verbleiben muss, dass, wenn auch in bescheidenem Umfang, davon gelebt werden kann. Dem Schuldner muss daher auch das belassen werden, was dazu dient, die für den notwendigen Lebensunterhalt erforderlichen Mittel zu erzielen. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob der Schuldner selbst mittels eines Fahrzeugs Erwerbseinkommen erzielt oder ob er dieses seinem Ehegatten zur Verfügung stellt, damit dieser für den Familienunterhalt sorgen könne. Bleibe der Ehefrau des Schuldners der Pkw erhalten, kann sie weiterhin ihre Unterhaltsverpflichtungen aus § 1360 BGB erfüllen. Eine weite Auslegung von § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO ist daher auch durch Art. 6 GG geboten.

Die Pfändungsverbote des § 811 Abs. 1 ZPO dienen dem Schutz des Schuldners aus sozialen Gründen im öffentlichen Interesse und beschränken die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen mit Hilfe staatlicher Zwangsvollstreckungsmaßnahmen. Sie sind Ausfluss der in Art. 1 GG und Art. 2 GG garantierten Menschenwürde bzw. allgemeinen Handlungsfreiheit und enthalten eine Konkretisierung des verfassungsrechtlichen Sozialstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG). Dem Schuldner und seinen Familienangehörigen soll durch sie die wirtschaftliche Existenz erhalten werden, um - unabhängig von Sozialhilfe - ein bescheidenes, der Würde des Menschen entsprechendes Leben führen zu können.

Welcher Ehegatte den zu pfändenden Gegenstand für seine Erwerbstätigkeit benötigt, kann daher im Rahmen des § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nicht entscheidend sein. Ansonsten wäre der Schuldner gesetzlich besser geschützt wäre als der nicht schuldende Ehegatte, der den Gegenstand zur Fortsetzung seiner Erwerbstätigkeit benötigt (so auch BGH, Urteil vom 28.01.2010 zum Akz.:VII ZB 16/09).

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Stand: April 2010


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