Pensionsgeschäfte - ein Überblick, Teil 1

Einführung

Sie sind nicht sonderlich bekannt, aber zwischenzeitlich von großer wirtschaftlicher Bedeutung und der Grund für etliche Turbulenzen an den Märkten - die Wertpapierpensionsgeschäfte. Deswegen sollen sie in diesem und einem zweiten Artikel näher untersucht werden.Für die Wertpapierpensionsgeschäfte  gibt es – im Gegensatz zu Leasing, Factoring und Wertpapierdarlehen - eine Legaldefinition in § 340 b HGB:

§ 340 b HGB
Pensionsgeschäfte
(1) Pensionsgeschäfte sind Verträge, durch die ein Kreditinstitut oder der Kunde eines Kreditinstitutes (Pensionsgeber) ihm gehörende Vermögensgegenstände einem anderen Kreditinstitut oder einem seiner Kunden (Pensionsnehmer) gegen Zahlung eines Betrages überträgt und in denen gleichzeitig vereinbart wird, dass die Vermögensgegenstände später gegen Entrichtung des empfangenen oder eines im voraus vereinbarten anderen Betrages an den Pensionsgeber zurück übertragen werden müssen oder können.
Zwar gilt diese Regelung nach der Überschrift, unter der sie steht („1. Unterabschnitte – Ergänzende Vorschriften für Kreditinstitute“) nur für Kreditinstitute, wird aber allgemein für die Definition herangezogen. Gegenstände des Pensionsgeschäftes sind meist Wertpapiere, in Betracht kommen aber auch andere Vermögensgegenstände, z.B. Devisen und Gold.
Nur wenn der Rücknahmepreis bereits bei Vertragsschluss vereinbart wird, kann man von einem Pensionsgeschäft sprechen. Die Höhe des Rücknahmepreises kann frei vereinbart werden, also höher, niedriger oder gleich hoch wie der Kaufpreis sein. Der Preis der Pensionsgegenstände am Rücknahmetag soll dabei keine Rolle spielen.

Aus der Formulierung in § 340 b HGB „zurück übertragen werden müssen oder können“ wird bereits deutlich, dass es zwei verschiedene Formen von Pensionsgeschäften gibt. Folgerichtig lauten die Abs. 2 und 3 des § 340 b HGB:

(2) Übernimmt der Pensionsnehmer die Verpflichtung, die Vermögensgegenstände zu einem bestimmten oder vom Pensionsgeber zu bestimmenden Zeitpunkt zurück zu übertragen, so handelt es sich um ein echtes Pensionsgeschäft.
(3) Ist der Pensionsnehmer lediglich berechtigt, die Vermögensgegenstände zu einem vorher bestimmten oder von ihm noch zu bestimmenden Zeitpunkt zurück zu übertragen, so handelt es sich um ein unechtes Pensionsgeschäft.


Abgrenzung zum Wertpapierdarlehen
Rechtlich unterscheiden sich Wertpapierdarlehen und (Wertpapier-) Pensionsgeschäft wie folgt: Beim Wertpapierdarlehen handelt es sich um ein Sachdarlehen, beim Pensionsgeschäft um einen Kaufvertrag. Beim Darlehen besteht der Rückübertragungsanspruch per lege (§ 607 Abs. 1 S.2 BGB), bei den Pensionsgeschäften wird der Rückübertragungsanspruch vereinbart. Bei beiden Geschäften werden die entsprechenden Wertpapiere wirksam an den Vertragspartner übertragen. Der bei einem Pensionsgeschäft zu zahlende Betrag stellt den Kaufpreis dar, das zu zahlende Entgelt beim Sachdarlehen ist das Äquivalent für die Zinsen des Gelddarlehens.
Nach herrschender Meinung müssen beim Pensionsgeschäft wie beim Wertpapierdarlehen nicht identische Vermögensgegenstrände zurück übertragen werden, sondern lediglich Gegenstände gleicher Art, Güte und Menge. Handelt es sich beim Pensionsgegenstand um Wertpapiere so findet zumeist aufgrund der Girosammelverwahrung der Wertpapiere bereits bei Beginn des Geschäfts stückemäßig keine Unterscheidung statt.
Der Kaufpreis für die verpensionierten Gegenstände entspricht der Höhe des jeweiligen Marktwertes (z.T. mit Vereinbarungen, um Kursrisiken aufzufangen), während das Darlehensentgelt mit Hilfe eines Prozentsatzes p.a. auf den Wert zu Beginn des Darlehens angegeben ist und in der Regel nur 0,2% - 0,75% des Kurswertes beträgt. Liegt also das wirtschaftliche Interesse eher darin, sich Liquidität zu schaffen, wird ein Pensionsgeschäft vereinbart. Geht es nur darum, einen Zusatzertrag zu erzielen, ist das Sachdarlehen der geeignetere Weg.


Repurchase Agreements
Der Begriff „Repurchase Agreement“ bedeutet wörtlich übersetzt „Rückkaufvereinbarung“ (Repo). Er stammt wie sehr viele der Fachtermini in der Bankenwelt aus dem angelsächsischen Bereich und ist nach herrschender Ansicht lediglich ein anderer Begriff für das Pensionsgeschäft. Einige Stimmen in der juristischen Literatur (vgl. vgl. auch Kienle in Bankrechts-Handbuch § 105 Rn 31) wollen Pensionsgeschäft und Repo danach differenzieren, ob der Pensionsnehmer nur Gegenstände gleicher Art, Güte und Menge zurück zu liefern hat (Repo) oder identische Gegenstände. In der Praxis wird diese Unterscheidung jedoch nicht gemacht.


Wirtschaftliche Funktion
Pensionsgeschäfte, insbesondere Wertpapierpensionsgeschäfte, dienen vor allem der Liquiditätsbeschaffung des Pensionsgebers. Gäbe des die Pensionsgeschäfte nicht, müsste die Liquidität über den Verkauf der Wertpapiere beschafft werden. Dabei müssten ggf. erhebliche Verluste realisiert werden. Auch bei der Begebung von neuen Schuldverschreibungen können Wertpapierpensionsgeschäfte sinnvoll sein: kann die Schuldverschreibung zur Zeit der Begebung nicht vollständig platziert werden, kann sie von der Emissionsbank zur Verbesserung ihrer Liquidität vorübergehend verpensioniert werden.
Der Pensionsnehmer hat demgegenüber die Möglichkeit, überschüssige Liquidität gegen Besicherung anzulegen. Die Sicherheit besteht in den übertragenen Wertpapieren, die der Pensionsnehmer nur Zug um Zug gegen Zahlung des vorher vereinbarten Betrages zurück übertragen muss. Außerdem können Pensionsgeschäfte auch zu Arbitrageeffekten genutzt werden:

Beispiel:
PN schließt einen Pensionsvertrag über bestimmte Devisen zu einem recht niedrigen Preis in Frankfurt / Main ab. Dabei ist PN Pensionsnehmer. Der Rücknahmepreis, den PN bei Ende des Geschäftes vom Pensionsgeber (PG) erhält, ist derselbe wie der von PN an PG gezahlte Kaufpreis. Diese Devisen werden in Dubai zu einem deutlich höheren Preis gehandelt. Dort veräußert PN die Devisen. Die Differenz zum Kaufpreis in Frankfurt ist sein Gewinn. Das klappt allerdings nur, wenn PN die an PG zurück zu liefernden Devisen wieder zum gleichen Preis, den er gezahlt hat oder zu einem günstigeren Preis erwerben kann. Arbitragegeschäfte enthalten also immer auch spekulative Elemente.


Interessant und damit auch ein Grund für die Eingehung von Pensionsgeschäften sind die Bilanzierungsregeln. In § 340 b HGB ist bestimmt, dass Vermögensgegenstände, über die echte Pensionsgeschäfte abgeschlossen wurden, weiterhin in der Bilanz des Pensionsgebers auszuweisen sind (§ 340 b Abs. 4 HGB). Außerdem hat der Pensionsgeber in Höhe des für die Übertragung erhaltenen Betrags eine Verbindlichkeit gegenüber dem Pensionsnehmer zu bilanzieren. Der Pensionsnehmer darf die ihm in Pension gegebenen Vermögensgegenstände nicht in seiner Bilanz ausweisen; er hat in Höhe des für die Übertragung gezahlten Betrags eine Forderung an den Pensionsgeber in seiner Bilanz auszuweisen.


Für unechte Pensionsgeschäfte regelt § 340 b Abs. 5 HGB, dass die Vermögensgegenstände nicht in der Bilanz des Pensionsgebers, sondern in der Bilanz des Pensionsnehmers auszuweisen sind. Der Pensionsgeber hat unter der Bilanz den für den Fall der Rückübertragung vereinbarten Betrag anzugeben.
In den letzten Jahren ist das Risikobewusstsein im Interbankenhandel in Europa spürbar gestiegen. Unbesicherte Kredite werden nur ungern vergeben. Daher hat das Pensions- und Repogeschäft erheblich an Bedeutung gewonnen. Erleichtert werden diese Geschäfte durch automatische Computer-Handelssysteme, z.B. Eurex Repo (vgl. http://www.eurexrepo.com).

Schließlich wurden und werden Wertpapierpensions- und Repogeschäfte zur Geldmengensteuerung eingesetzt. Die Europäische Zentralbank bietet den Geschäftsbanken Pensionsgeschäfte mit unterschiedlichen Laufzeiten an. Damit können sich die Banken unauffällig (und günstig) mit Liquidität versorgen, ohne dass die europäische Zentralbank durch die Veränderung der Leitzinsen ein geldpolitsches Signal setzen muss.


Weiterlesen:
zum folgenden Teil des Buches

 

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Stand: Dezember 2010


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  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

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Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät und vertritt Mandanten in allen Bereichen des Bank- und Kapitalmarktrechts. Im Bereich Kapitalanlegerrecht prüft Sie, ob Ansprüche gegen Vermittler, Kreditinstitute oder freie Anlageberater wegen Beratungsfehlern in Betracht kommen und macht etwaige Ansprüche außergerichtlich und gerichtlich für Sie geltend.

Ein Schwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt im Bereich des Bank- und Bankvertragsrecht sind Fragestellungen rund um die Rechtmäßigkeit und Inanspruchnahme aus Darlehensverträgen, Krediten und Bürgschaften. Durch ihre Tätigkeit im Insolvenzrecht hat Frau Rechtsanwältin Dibbelt regelmäßig insbesondere auch immer wieder mit Fragen zur Verrechnung von Haben und Salden bei Kreditinstituten sowie der Berücksichtigung einer Inanspruchnahme aus (persönlichen und sachlichen) Sicherheiten im Rahmen von Insolvenzen zu tun.

Kreditsicherheiten sowie die Gestaltung klassischer Formen der Fremdkapitalfinanzierung, Mezzanine- und strukturierter Finanzierungen bilden einen weiteren Tätigkeitsschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt.

Sie unterstützt ihre Mandanten auch bei Kontenpfändungen durch Einrichtung von P-Konten bzw. eines Antrages auf Erhöhung des Pfändungsschutzbetrages. Derartige Pfändungsschutzanträge können nicht nur Verbraucher sondern auch Selbständige stellen.

Darüber hinaus berät und prüft Frau Rechtsanwältin Dibbelt, ob für eine Erlaubnis der Finanzaufsichtsbehörde (BaFin) erforderlich ist und erstellt ggf. die notwendigen Anträge.

Rechtsanwältin Monika Dibbelt ist Mitglied der Bankrechtlichen Vereinigung e.V.

Sie bereitet derzeit mehrere Veröffentlichungen im Bank- und Kapitalmarktrecht vor.

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