Nachschusspflicht des Gesellschafters eines Immobilienfonds: Rechtsform KG
Im Zuge der Turbulenzen an den weltweiten Immobilien- und Finanzmärkten steigt für Anleger in Immobilienfonds die Gefahr, von in finanzielle Schwierigkeiten geratenen Fonds als Gesellschafter zwecks Nachzahlungen in Anspruch genommen zu werden.
Immobilienfonds dienen häufig der Finanzierung von Großprojekten gewerblicher Natur (z.B. Einkaufszentren) oder Bauten zu Wohnzwecken. Anleger werden durch ihren Beitritt zu einem Fonds quasi zum Unternehmer mit sämtlichen Chancen und Risiken. Den Reiz dieser Form der Geldanlage machten in der Vergangenheit Steueroptimierungsmodelle und zunehmend auch Renditechancen aus.
Viele geschlossene Immobilienfonds sind gesellschaftsrechtlich als Kommanditgesellschaft (KG) ausgestaltet. Eine KG ist eine im HGB geregelte Personengesellschaft von zwei oder mehreren natürlichen oder juristischen Personen. Das charakteristische Merkmal dabei ist, das bei einer dieser beiden Personen die Haftung auf die Vermögenseinlage beschränkt bleibt (Kommanditist) und bei der anderen Person diese Haftungsbeschränkung nicht gilt (persönlich haftender Gesellschafter bzw. Komplementär).
Als Komplementär tritt der Initiator des jeweiligen Fonds auf. Die Kapitalanleger, die einem geschlossenen Immobilienfonds beitreten, sind Kommanditisten, d.h. bei diesen bleibt die Haftung auf die von ihnen erbrachte Einlage in das Fondsvermögen beschränkt (§ 171 I HGB).
Nun gibt es eine ganze Reihe von Situationen, in denen sich die finanzielle Lage des Fondsvermögens aufgrund ökonomischer Gegebenheiten (z.B. Kostenzuwächse, Mietausfälle) recht prekär gestaltet und daher aufgrund von Kapitalunterdeckungen oder gar drohenden Insolvenzen von den Gesellschaftern (oder im Fall der Insolvenz dann vom Insolvenzverwalter) häufig Nachschüsse eingefordert werden.
Daher gilt es nun zu untersuchen, wann denn die Gesellschafter des Fonds tatsächlich in Anspruch genommen werden können und welche Voraussetzungen dafür im Gesellschaftsvertrag geschaffen sein müssen.
Gesetzlich geregelt ist die Haftung für den Fall der Rückzahlung von Einlagen an den Gesellschafter (§ 172 IV HGB), wie auch jüngst wieder durch den BGH bestätigt. Erhält der Gesellschafter Rückzahlungen von der Gesellschaft und sinkt dadurch der Kapitalanteil des Gesellschafters unter dessen Haftsumme, hat die Gesellschaft Anspruch auf Rückgewähr (sog. Wiederaufleben der Haftung). Hierunter fallen auch ein u.U. gezahltes Agio sowie die Ausschüttung von Gewinnanteilen.
Weiter kann ein Gesellschafter zur Hinnahme solcher Eingriffe (Nachschusspflicht entgegen des gesetzlichen Prinzips der Haftungsbeschränkung für Kommanditisten) in seine Mitgliedschaftsrechte nur dann verpflichtet sein, wenn diese im Gesellschaftsinteresse geboten sind und ihm unter Berücksichtigung seiner eigenen schutzwürdigen Belange zumutbar sind. Hiervon ist beispielsweise auszugehen, wenn nur eine geringe Nachschusszahlung der Gesellschafter eine drohende Insolvenz des Fonds abwenden kann. Ganz besonders hohe Anforderungen sind an Ansprüche geknüpft, die aus der Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft abgeleitet werden sollen.
Für Ansprüche gegen Gesellschafter, die nicht den oben genannten Gründen entstammen, ist als Grundlage von der Konzeption des jeweiligen Gesellschaftsvertrages auszugehen. Hierbei werden regelmäßig keine konkreten Bestimmungen bezüglich etwaiger Nachschusspflichten zu finden sein, um im Voraus potenzielle Kapitalanleger nicht abzuschrecken.
Laut Rechtsprechung des BGH muss aus dem Gesellschaftsvertrag jedoch eindeutig hervorgehen, dass es zu Nachschusspflichten kommen kann. Am Beispiel von nachträglichen Beitragspflichten oder Beitragserhöhungen, für die der BGH eine eindeutige Nennung im Gesellschaftsvertrag sowie die Erkennbarkeit von Ausmaß und Umfang der möglichen zusätzlichen Belastung, wozu auch die Nennung einer betraglichen Obergrenze gehört, verlangt, wird dies deutlich. Genügt der Gesellschaftsvertrag dem Anforderungskatalog des BGH nicht, so tritt für die Gesellschafter auch keine Nachschusspflicht ein. Diese erst seit wenigen Jahren praktizierte Rechtsprechung stellt eine erhebliche Verbesserung des Anlegerschutzes dar.
Auch eine gesellschaftsvertragliche Regelung, nach der eine Nachschusspflicht durch einen Mehrheitsbeschluss herbeigeführt werden kann, hält den Kriterien des BGH nicht stand. Laut jüngster Rechtsprechung können nachträgliche Beitragspflichten oder Nachschussregelungen nur mit einer jeden einzelnen Gesellschafter bindenden Wirkung und nur mit der Zustimmung der Betroffenen eingeführt werden (BHG II ZR 96/06).
Kommt es nun, aus welchen Gründen auch immer, zu einer Nachschusspflicht für den Gesellschafter, stellt sich die Frage, ob er dieser nicht auf irgendeine Art und Weise doch entgehen kann. Beispielsweise kann der Gesellschafter hierbei versuchen, den Gesellschaftsbeitritt wegen arglistiger Täuschung (z.B. Prospektmängel) anzufechten, was jedoch umfangreiche Beweisprobleme nach sich ziehen dürfte, oder die Zugehörigkeit aus wichtigem Grund zu kündigen, was insbesondere von der Einzelfallsituation abhängt.
In diesen Fällen müssen jedoch auch die Folgen für den Anleger berücksichtigt werden. So wurde auch in jüngster BGH-Rechtsprechung bestätigt, dass ein Rücktritt von dem Gesellschaftsbeitritt erst von dem Zeitpunkt des Rücktritts an wirkt („ex nunc“) und die Gesellschafterstellung nicht rückwirkend beseitigt werden kann. Daher wird der Anleger nach der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft bis zum Wirksamwerden der Kündigung mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten behandelt, d.h. bis dahin ggf. entstandene Nachschusspflichten sind von ihm zu erfüllen.
Den Anlegern ist daher zu empfehlen, bereits im Voraus anhand des Gesellschaftsvertrages gründlich zu prüfen, ob bestimmte Zahlpflichten, die über die Einlageleistung hinausgehen, entstehen können. Ist es für die Prüfung schon zu spät, weil der Vertrag schon abgeschlossen ist, hilft nur Beratung und ggf. Verhandlung mit dem Insolvenzverwalter
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Stand: Dezember 2025
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