Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten - Freiwillige Leistungen Teil 2


Von außerordentlicher praktischer Bedeutung ist dabei die Frage, inwieweit Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 u. 11 BetrVG dadurch ausgeschlossen sind oder eingeschränkt werden, dass es sich bei den Leistungen des Arbeitgebers um so genannte „freiwillige Leistungen“ handelt, also um Leistungen, zu denen der Arbeitgeber nicht schon aufgrund bestehender Rechtsvorschriften verpflichtet ist.
Andererseits soll dem Arbeitgeber die Entscheidungsfreiheit darüber erhalten bleiben, in welchem Umfang der finanzielle Mittel für die Leistung zur Verfügung stellen will, zu welchem Zweck er die Leistung erbringen und welchen Personenkreis er mit der Leistung begünstigen will.

Bei der Frage, ob eine freiwillige Leistung also überhaupt eingeführt werden soll oder nicht, ist das „ob“ der freiwilligen Leistung mitbestimmungspflichtig.
Dem gegenüber ist die Entscheidung des Arbeitgebers, eine freiwillige Leistung einzustellen oder zu kürzen, grundsätzlich mitbestimmungsfrei, allerdings nur dann, wenn die Kürzung nicht wiederum eine Änderung des Verteilungsschemas mit sich bringt.

Missachtet der Arbeitgeber das insoweit noch gegebene Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, so ist der Widerruf der Zulagen den Arbeitnehmern gegenüber unwirksam. Die Arbeitnehmer können weiter die Zulage in der alten Höhe verlangen und auch gerichtlich einklagen.

TIPP: Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht nicht mehr, wenn der Betriebsrat einer Zulagenordnung zugestimmt hat, die die Anrechnung und/oder den Widerruf bereits beinhaltet. Die Anrechnung oder der Widerruf sind dann lediglich der Vollzug der mitbestimmten Ordnung durch den Arbeitgeber.

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG hat der Betriebsrat auch mitzubestimmen bei der Festsetzung von Akkord- und Prämiensätzen und vergleichbaren leistungsbezogenen Entgelten einschließlich der Geldfaktoren. Diese Vorschrift räumt dem Betriebsrat weitere Mitbestimmungsrechte ein, die sich aus Nr. 10 noch nicht ergeben.

Mitbestimmungspflichtig bei leistungsbezogenen Entgelten ist in erster Linie die Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und der vergleichbaren Entgeltfaktoren selbst.
Nach § 87 Abs. 1 Nr. 12 BetrVG hat der Betriebsrat schließlich mitzubestimmen bei der Aufstellung von Grundsätzen über das betriebliche Vorschlagswesen. Die Aufstellung solcher Grundsätze kann der Betriebsrat auch von sich aus verlangen, wenn dafür ein Bedürfnis besteht. Kein Mitbestimmungsrecht besteht jedoch hinsichtlich der Annahme einzelner Verbesserungsvorschläge und der Höhe der dafür zu zahlenden Prämie.

Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt.

Dies setzt voraus, dass eine Mehrheit von Arbeitnehmern in einer organisierten Gemeinschaft eine Arbeitsleistung erbringt, für deren Gelingen die Gruppenmitglieder gemeinsam Verantwortung tragen. Die gemeinsame Verantwortung bezieht sich auf die von der Gruppe zu erbringende Arbeitsleistung, nicht auf ein Arbeitsergebnis. Die Verantwortlichkeit ist tätigkeitsbezogen, nicht ergebnisbezogen.

Die Beteiligung des Betriebsrats bei der Durchführung der Gruppenarbeit soll den mit dieser Arbeitsweise verbundenen Gefahren für den einzelnen Arbeitnehmer entgegenwirken.

Die Gefahren der Gruppenarbeit liegen nach den bisherigen Erfahrungen mit dieser Arbeitsorganisation einerseits in der Gefahr der Selbstausbeutung der Gruppenmitglieder und andererseits in der Ausgrenzung leistungsschwächerer Arbeitnehmer. Gerade letzterer Gesichtspunkt erfordert eine Beteiligung des Betriebsrats, der für alle Arbeitnehmer, ungeachtet ihrer Leistungsstärke, verantwortlich ist.

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bezieht sich nur auf die Durchführung von Gruppenarbeit. Die unternehmerische Grundentscheidung über die Einführung und Beendigung von Gruppenarbeit ist mitbestimmungsfrei.
Das Mitbestimmu ngsrecht bezieht sich auf die nach der Einführung verbleibenden Maßnahmen und Entscheidungen, z. B. die an die Gruppe zu stellenden Vorgaben, den Gegenstand der Gruppenarbeit, Ziele und Verantwortung der Gruppe für Arbeitsergebnis, die Größe der Gruppe, die Zusammensetzung der Gruppe, Wahl des Gruppensprechers, dessen Stellung und Aufgaben etc.



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Stand: 15.06.2008


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