Markenrecht – Einführung – Teil 36 – Typische Irrtümer

10 Typische Irrtümer im Markenrecht

Mit der folgenden Zusammenstellung, die auch als Zusammenfassung dieses Werkes dient, soll auf die typischen und häufigsten Irrtümer im Markenrecht eingegangen werden:

  • „Die Marke ist auch dann geschützt, wenn sie nicht mehr benutzt wird.“

Eine Marke ist solange geschützt, wie die Eintragung andauert. Läuft die Eintragung aus, ist die Marke nicht mehr geschützt, soweit die Marke mittlerweile keinen Schutz auf Grund Verkehrsgeltung oder notorischer Bekanntheit beanspruchen kann. Bis zum Auslaufen der Eintragung ist der Markenschutz nur gewährleistet, soweit die Marke auch benutzt wird. Denn § 49 MarkenG gibt die Möglichkeit die eingetragene Marke löschen zu lassen, wenn diese innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraumes von fünf Jahren ab der Eintragung der Marke nicht im Sinne des § 26 MarkenG benutzt worden ist (sogenannter Verfall). Hiermit soll ausgeschlossen werden, dass Marken unter anderem alleine zum Zwecke der Behinderung von Konkurrenten angemeldet und eingetragen werden.

  • „Eine Markenanmeldung erübrigt sich, wenn ich mein Kennzeichen benutze.“

Grundsätzlich ist eine Anmeldung der Marke nicht zwingend erforderlich, um Markenschutz zu erlangen. Markenschutz kann ebenso durch Verkehrsgeltung oder in Fällen der notorischen Bekanntheit einer Marke erlangt werden, § 4 Nr. 2 und Nr. 3 MarkenG.
Gleichwohl ist es kein einfaches Unterfangen den Beweis der ausreichenden Verkehrsgeltung oder der notorischen Bekanntheit einer Marke zu führen. Der Verkehr müsste dieses nicht eingetragene Zeichen mit dem Unternehmen in Verbindung bringen. Solange dieser Beweis nicht geführt werden kann, kann jede später eingetragene (jüngere) Marke den Markenschutz durch Verkehrsgeltung oder durch notorische Bekanntheit verhindern.

  • „Ein ™ oder ein ® ist ausreichend, um Markenschutz begründen zu können.“

Diese aus dem angloamerikanischen Raum stammenden Zusatzzeichen ™ oder ® reichen jedenfalls in Deutschland nicht aus, um alleine durch deren Verwendung Markenschutz zu begründen. Vielmehr kann die Verwendung solcher Zusatzzeichen ohne dass eine Eintragung des Zeichens als Marke tatsächlich erfolgt ist, als wettbewerbswidrig eingestuft werden.[1] Jedenfalls für das ™ hat das Kammergericht Berlin entschieden, dass es nicht wettbewerbswidrig ist, wenn das ™ verwendet wird, solange das Zeichen zumindest als Marke angemeldet ist, selbst wenn noch keine Eintragung erfolgt ist.

  • „Eine professionelle Markenrecherche ist teuer. Deshalb ist es vollkommen ausreichend, wenn der Markenanmelder die Recherche selbst durchführt.“

Natürlich kann der Markenanmelder die Recherche selber durchführen und sich so erhebliche Kosten ersparen – nur wird dem Markenanmelder in aller Regel die hierfür notwendige Erfahrung fehlen.
Ob eine identische Marke für die anvisierten Nizza-Klassen bereits eingetragen worden ist mag über eine eigene Recherche beim DPMA oder den einschlägigen Suchmaschinen noch gelingen. Sobald es aber um die ebenfalls vom Markenschutz umfasste Ähnlichkeit eines Zeichens geht, stoßen die gängigen und frei zugänglichen Recherche-Tools an ihre Grenzen. Sollte der Markenanmelder dennoch auch eine Ähnlichkeitsrecherche durchgeführt haben, so bleibt am Ende einer jeder Ähnlichkeitsrecherche die rechtliche Bewertung der gefundenen Ergebnisse – jedenfalls hier wird dem Markenanmelder die notwendige Expertise fehlen!

  • „Eine Wort-Bildmarke kann die Ablehnung einer Wortmarke umgehen.“ | „Wenn ich eine Wort-Bildmarke anmelde, ist auch der Wortteil vom Schutz umfasst.“

Grundsätzlich kann mit der Anmeldung einer Wort-Bildmarke Markenschutz erlangt werden, wenn die Eintragung einer Wortmarke an den vom Markenamt zu prüfenden absoluten Schutzhindernissen scheitert. Bei solchen zusammengesetzten Zeichen prüft das Amt den Gesamteindruck und nicht die einzelnen – unter Umständen nicht schutzfähigen – Einzelbestandteile (Wort und Bild) der zusammengesetzten Wort-Bildmarke.
Gleichwohl bietet die Wort-Bildmarke nicht den gleichen Schutz wie eine eingetragene Wortmarke. Allein aus der erfolgreichen Eintragung einer Wort-Bildmarke kann nicht gegen Dritte aus dem Wortbestandteil vorgegangen werden, wenn der Wortbestandteil nicht schutzfähig ist. Ist dagegen der Wortbestandteil schutzfähig bietet sich eine Anmeldung als Wortmarke eher an als eine Anmeldung als Wort-Bildmarke, denn der Schutzumfang einer Wortmarke ist stets größer.

  • „Meine Marke ist sicher, sobald die Widerspruchsfrist abgelaufen ist.“

Die Marke ist bei Ablauf der Widerspruchsfrist sicher davor, mit einem Widerspruch angegriffen zu werden. Nichtsdestotrotz bleibt auch nach dem Ablauf der Widerspruchsfrist die Gefahr, dass eine Marke mit einem Nichtigkeitsantrag oder -klage nach § 54 MarkenG wegen Verstoßes gegen die absoluten Schutzhindernisse (§ 8 MarkenG) oder mit einem Antrag oder einer Klage wegen Verfalles (Nichtbenutzung der Marke innerhalb der letzten fünf Jahre) nach §§ 53, 55 MarkenG angegriffen wird. Gleiches gilt für Klage auf Grund einer älteren Marke nach § 51 MarkenG.

  • „Das DPMA prüft von Amts wegen, ob identische oder ähnliche Marken bereits eingetragen worden sind.“

Wird eine Marke angemeldet, beschränkt sich die Prüfung durch das Markenamt darauf, dass der Anmeldeantrag ordnungsgemäß ausgefüllt worden ist, dass die Gebühren bezahlt worden sind und ob das Zeichen überhaupt nach § 8 MarkenG eintragungsfähig ist (also ob der Eintragung keine absoluten Schutzhindernisse entgegenstehen). Eine weitergehende Prüfung, insbesondere ob andere identische Marken oder ähnliche Marken bereits eingetragen oder bekannt sind, erfolgt nicht durch das Markenamt. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass eine solche Identitäts- oder Ähnlichkeitsrecherche durch den Anmelder vor Anmeldung des Zeichens erfolgt ist.
Daraus ergibt sich auch, dass sich der Anmelder nicht darauf verlassen kann, wenn sein Zeichen erfolgreich eingetragen worden ist – dies bedeutet nicht, dass keine identischen oder ähnlichen Zeichen bestehen.

  • „Andere Marken aus anderen Klassen können meine Marke nicht angreifen, selbst wenn die Zeichen identisch oder ähnlich sind.“

Nicht nur eine Identität oder Ähnlichkeit der Zeichen kann gefährlich werden. Ebenso können identische oder ähnliche für das Zeichen angemeldete Waren oder Dienstleistungen, die in unterschiedlichen Nizza-Klassen eingetragen worden sind, eine Verwechslungsgefahr begründen. Die Nizza-Klassifikation spielt nur eine Rolle für Verwaltungszwecke, weshalb Zeichen, die in unterschiedlichen Nizza-Klassen eingetragen worden sind, dennoch einander kollidieren können. Vielmehr sind die eingetragenen Begriffe der Waren und Dienstleistungen entscheidend. Eine Ähnlichkeit gemessen am Verbraucher liegt vor, wenn der Verbraucher von einer gemeinsamen Herkunft der beiden mit den kollidierenden Zeichen versehenen Waren oder Dienstleistungen ausgeht oder ausgehen kann. Dies liegt wiederum vor, wenn die mit dem Zeichen versehenen Waren oder Dienstleistungen nicht wenige Berührungspunkte unter Berücksichtigung aller Faktoren (Beschaffenheit, Herkunft, Vertriebs- und Absatzwege, Verwendungszweck) aufweisen.
Bei entsprechendem Abstand zwischen den Waren kann selbst bei einer Zeichenidentität keine Verwechslungsgefahr geltend gemacht werden.

  • „Ich verhalte mich markenrechtskonform, wenn ich ausschließlich mit Originalware handle.“

Hier gilt der Erschöpfungsgrundsatz aus § 24 MarkenG. Demnach ist ein Handel mit Originalware dann nicht markenrechtlich zu beanstanden, wenn diese mit Zustimmung des Markeninhabers von diesem in den europäischen Raum eingeführt worden ist.

  • „Eine Markenverletzung liegt bei jeder Benutzung ähnlicher oder identischer Zeichen vor.“

Eine Markenverletzung kommt erst in Betracht, wenn das Zeichen markenmäßig benutzt wird und das Zeichen nicht bloß als Verzierung oder als dekoratives Element aufgefasst wird. Eine markenmäßige Benutzung liegt vor, wenn die Marke zur Absatzförderung oder aus anderen geschäftlichen Zwecken verwendet wird, mithin das Zeichen zur Unterscheidung von anderen Waren oder Unternehmen genutzt wird (Nutzung zur Herkunftsunterscheidung). Demnach kommt eine markenmäßige Benutzung nicht in Betracht, wenn das Zeichen ausschließlich privat verwendet wird oder wenn das Zeichen nicht als markenmäßiges Zeichen, sondern lediglich als Verzierung oder als dekoratives Element vom Verbraucher wahrgenommen wird oder es sich lediglich um eine zulässige, weil unter anderem auch transparente Markennutzung handelt.


[1] BGH Urteil vom 26.02.2009 – I ZR 219/06 – Thermoroll

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Markenrecht – eine Einführung“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, Florian Brückner, wissenschaftlicher Mitarbeiter, (1. Auflage: ISBN 978-3-939384-22-9) und Constantin Raves, Rechtsanwalt, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, 2. vollständig überarbeitete und ergänzte Auflage, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-81-6.


Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


Wir beraten Sie gerne persönlich, telefonisch oder per Mail. Sie können uns Ihr Anliegen samt den relevanten Unterlagen gerne unverbindlich als PDF zumailen, zufaxen oder per Post zusenden. Wir schauen diese durch und setzen uns dann mit Ihnen in Verbindung, um Ihnen ein unverbindliches Angebot für ein Mandat zu unterbreiten. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.
Wir bitten um Ihr Verständnis: Wir können keine kostenlose Rechtsberatung erbringen.


Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke berät und vertritt als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz bei Markenanmeldungen für deutsche Marken, europäische Marken (Gemeinschaftsmarke) sowie internationale Marken (IR-Marke). Er unterstützt bei der Durchsetzung von Ansprüchen aus Markenverletzungen und bei Fragen der Nichtigkeit von Markenanmeldungen. 
Er tätigt als Markenanwalt die Anmeldung von Wortmarken, Bildmarken, Wortbildmarken,  dreidimensionalen Marken, Farbmarken oder Geschmacksmustern und verteidigt eingetragene Marken. Er berät über den möglichen Schutz von geografischen Herkunftsangaben, Werktiteln von Zeitschriften, Büchern, Filmen, Software oder Spielen, Geschäftsbezeichnungen oder Designs. Er führt Markenrecherchen durch, um Kollisionen mit bestehenden Anmeldungen zu vermeiden, die sehr teuer werden könnten.  Rechtsanwalt Brennecke begleitet und verhandelt Markenkaufverträge sowie Lizenzverträge zur Nutzung von Marken.

Er vertritt bei Streitigkeiten um Domainnamensrechte und Unternehmenskennzeichen,    

Rechtsanwalt Harald Brennecke hat veröffentlicht:

  • „Markenrecht - eine Einführung: Markenformen, Markenschutz und Markenanmeldung", ISBN 978-3-939384-22-9"Lizenzrecht - eine Einführung. Lizenzarten und Lizenzverträge.“ von Harald Brennecke und Florin Brückner, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht,  2010, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-08-3
  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, ISBN 978-3-939384-38-0, Verlag Mittelstand und Recht
  • "Urheberrecht - eine Einführung", von Harald Brennecke und Simon Hofmann, 2011, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-23-6
  • "Wettbewerbsrecht - Einführung in das Recht des unlauteren Wettbewerbs und das UWG", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-12-0

Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Markenrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet im Bereich des Markenrechts folgende Vorträge an:

  • Marken als strategischer Schutz des Unternehmenswerts
  • Der Wert von Marken
  • Markenschutz in Deutschland und Europa – wie weit ein Markenschutz sinnvoll ist
  • Der Schutz von Domainnamen als Namensrecht und markenähnliches Recht

Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, unter:
Mail: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28


Mehr Beiträge zum Thema finden Sie unter:

RechtsinfosMarkenrecht