Markenrecht – Einführung – Teil 33 – Die Marke innerhalb der EU

7 Die Marke innerhalb der EU

Das EU-Markenrecht ist geprägt durch eine Reihe von EuGH-Entscheidungen aus den letzten Jahren.

Unter anderem dienten diese Entscheidungen als Grundlage elementare Regelungen des EU-Markenrechtes zu überarbeiten. Ziel der Reform war es, dass EU-Markenrechtsverfahren zu vereinfachen sowie günstiger und zügiger zu gestalten.

Somit ist im März 2016 die entscheidende Markenrechtsverordnung (abgekürzt als „UMV“ – Verordnung über die Unionsmarke 2015/2424) in Kraft getreten. Einzelne Vorschriften aus der Verordnung entfalten erst zum Oktober 2017 ihre Wirkung, während demgegenüber das Gros der Vorschriften bereits seit 2016 Anwendung finden.

Bis Anfang 2019 haben die nationalen Gesetzgeber Zeit die parallel zur UMV erlassene Markenrechtsrichtlinie (Richtlinie (EU) 2015/2436) in nationales Recht umzusetzen. Bis zu dem Umsetzungszeitpunkt kann es zu der Konstellation kommen, dass die Unionsmarke einen besseren Schutz bietet als nationale Marken.

7.1 Die neue Unionsmarke

Gegenüber der bisherigen Gemeinschaftsmarkenverordnung, die noch aus den Jahren 1993/1994 stammt, ist auffälligste Änderung die Umbenennung des bisher zuständigen „Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt“(HABM) in „Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum“ (EUIPO) sowie die Umbenennung der „Gemeinschaftsmarke“ in „Unionsmarke“.

Die inhaltlichen Neuerungen sind durch die Rechtsprechung des EuGH geprägt. Folgende Änderungen sind für das neue EU-Markenrecht unter anderem am maßgeblichsten:

  • Entfall des Wahlrechts

Während es vor der Markenrechtsreform noch möglich war, eine Gemeinschaftsmarke auch über das DPMA anmelden zu lassen, ist dieses Wahlrecht entfallen. Eine Unionsmarke kann nur noch ausschließlich über die EUIPO angemeldet werden, Art. 25 UMV.

  • Recherchebericht nur auf Antrag

Die Recherche nach älteren Gemeinschafts- bzw. Unionsmarken erfolgt nicht mehr von Amts wegen, sondern nur von auf Antrag des Anmelders der Marke, Art. 38 UMV.
Die Recherche nach älteren nationalen Marken kann weiterhin gegen Gebühr beim Amt beantragt werden, Art. 38 Abs. 2 UMV. Diese beläuft sich (Stand 08/2017) auf 72 EUR und gilt für die Recherche von sechs nationalen Ämtern (somit je nationalem Amt 12 EUR)

  • Verkürzung Widerspruchsfrist

Die dreimonatige-Widerspruchsfrist beginnt nicht mehr erst sechs Monate, sondern bereits einen Monat nach dem Datum der Veröffentlichung der Marke an zu laufen, Art. 156 UMV.

  • Formulierung der Waren- und Dienstleistungsklassen

Art. 28 Abs. 2 UMV sind die Waren und Dienstleistungen, für die Markenschutz beantragt wird, vom Markenanmelder „so klar und eindeutig anzugeben“, dass allein auf dieser Grundlage der markenrechtliche Schutzumfang bestimmt werden kann. Die Angabe von Oberbegriffen reicht somit nicht mehr aus.
Um eine eindeutige Konkretisierung der vom Markenanmelder angebotenen Waren und Dienstleistungen zu ermöglich, kann auf Internetanwendungen (z.B. TMClass http://tmclass.tmdn.org/) zurückgegriffen werden.

  • erweiterter Schutz (Produktpiraterie)

Zur Umsetzung des Urteiles des EuGH vom 16.07.2015 (C-379/14) wurde mit Art. 9 Abs. 4 und Art. 9a UMV die Möglichkeit geschaffen, Dritten bereits die Einfuhr von Waren, die ein Zeichen aufweisen, welches mit einer Unionsmarke identisch oder ähnlich ist, zu untersagen. Ebenso können neuerdings Vorbereitungshandlungen im Zusammenhang mit dem Anbringen von Zeichen, die einer eingetragenen Marke entsprechen, verboten werden, bzw. das Besitzen von solchen Zeichen, die zur Anbringen gedacht sind, untersagt werden.

  • Markenbenutzung in abweichender Form

Marken genießen solange Schutz wie sie eingetragen sind und benutzt werden. Gleich wohl schreibt Art. 15 UMV keine zwangsweise Benutzung im Sinne der Markeneintragung vor. Vielmehr kann auch eine abweichende Markenbenutzung ausreichen, um sich des Nichtbenutzungseinwandes zu erwehren. Voraussetzung ist allein, dass die Benutzung nur in Bestandteilen abweicht ohne die Unterscheidungskraft der Marke grundlegend zu beeinflussen.

  • erweiterter Schutz (vergleichende Werbung, Handelsname, Unternehmensbezeichnung)

Eine Erweiterung gegenüber dem § 9 Abs. 3 MarkenG ermöglicht Art. 9 Abs. 3 d) und f) UMV: Hiernach kann der Markeninhaber es verbieten lassen, dass Zeichen als Handelsnamen oder Unternehmensbezeichnung (Kennzeichnung des Unternehmens anstatt eines Produktes) oder als Teil dessen oder in vergleichender Werbung zu benutzen. Letzteres ist jedoch dann wiederrum erlaubt, sofern die Vorgaben der Lauterkeitsgesetze (in Deutschland der § 6 UWG) eingehalten werden.

  • Erfordernis grafischer Darstellbarkeit entfallen

Die noch in § 8 Abs. 1 MarkenG vorgeschriebene grafische Darstellbarkeit einer Marke ist jedenfalls für die Unionsmarke entfallen. Mindestvoraussetzung ist nur noch, dass das Zeichen so dargestellt wird, dass die Behörden und Dritte den Markenschutz eindeutig bestimmen können, Art. 4 b) UMV. Dadurch ist die Möglichkeit geschaffen worden, dass auch Hör- und Geruchsmarken einer Eintragung zugänglich gemacht werden können. Gleichwohl bleibt – insbesondere wegen noch zukünftiger unbekannter Markenformen – es der EU-Rechtsprechung vorbehalten, dass in Art. 4 b) statuierte Erfordernis auszuformen.

  • Kein Markenschutz für charakteristische Warenmerkmale

Entsprechend dem § 3 Abs. 2 MarkenG konnten nach der Gemeinschaftsmarkenverordnung keine Zeichen als Marken eingetragen werden, die aus einer Form bestanden, die durch die Art der Ware bedingt war, zur Erreichung der technischen Wirkung erforderlich war oder die der Ware einen wesentlichen Wert verliehen hat.
In Art. 7 e) UMV ist nun das „charakteristische Merkmal“ zu der Form hinzugefügt worden. Nicht mehr die Form in ihrer Gesamtheit, sondern auch einzelne charakteristische Bestandteile der Marke können der Eintragung entgegenstehen.

  • Unionsgewährleistungsmarke

Mit Art. 74a bis 74k UMV wurde die Unionsgewährleistungsmarke neu eingeführt.
Während das deutsche Markengesetz eine solche Markenform nicht vorsieht, kann mit der Unionsgewährleistungsmarke das Material oder die Herstellung der Waren oder die Qualität Genauigkeit und die Eigenschaften der Dienstleistung geschützt werden, Art. 74a Abs. 1 UMV.
Somit können Prüfzeichen, wie beispielweise eine TüV-Zertifizierung oder Umweltzeichen geschützt werden, sofern derjenige, der solche Zertifizierungen ausgibt, die betroffenen Waren nicht selbst liefert, Art. 74a Abs. 2 UMV.
Voraussetzung ist, dass der Anmeldung eine Markensatzung nach Art. 74b UMV beigefügt wird.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Markenrecht – eine Einführung“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, Florian Brückner, wissenschaftlicher Mitarbeiter, (1. Auflage: ISBN 978-3-939384-22-9) und Constantin Raves, Rechtsanwalt, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, 2. vollständig überarbeitete und ergänzte Auflage, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-81-6.


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Stand: Januar 2017


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke berät und vertritt als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz bei Markenanmeldungen für deutsche Marken, europäische Marken (Gemeinschaftsmarke) sowie internationale Marken (IR-Marke). Er unterstützt bei der Durchsetzung von Ansprüchen aus Markenverletzungen und bei Fragen der Nichtigkeit von Markenanmeldungen. 
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Er vertritt bei Streitigkeiten um Domainnamensrechte und Unternehmenskennzeichen,    

Rechtsanwalt Harald Brennecke hat veröffentlicht:

  • „Markenrecht - eine Einführung: Markenformen, Markenschutz und Markenanmeldung", ISBN 978-3-939384-22-9"Lizenzrecht - eine Einführung. Lizenzarten und Lizenzverträge.“ von Harald Brennecke und Florin Brückner, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht,  2010, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-08-3
  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, ISBN 978-3-939384-38-0, Verlag Mittelstand und Recht
  • "Urheberrecht - eine Einführung", von Harald Brennecke und Simon Hofmann, 2011, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-23-6
  • "Wettbewerbsrecht - Einführung in das Recht des unlauteren Wettbewerbs und das UWG", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-12-0

Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Markenrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet im Bereich des Markenrechts folgende Vorträge an:

  • Marken als strategischer Schutz des Unternehmenswerts
  • Der Wert von Marken
  • Markenschutz in Deutschland und Europa – wie weit ein Markenschutz sinnvoll ist
  • Der Schutz von Domainnamen als Namensrecht und markenähnliches Recht

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