Markenrecht – Einführung – Teil 31 – Erschöpfung

5.3.6 Erschöpfung, § 24 MarkenG

Der Inhaber einer Marke hat nach § 24 Abs. 1 MarkenG „nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung im Inland, in einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind“.

Durch diese wohl wichtigste Schranke wird ein Weitervertrieb sowie ein Zweitmarkt mit markenbezogenen Produkten gewährleistet. Sobald die Marke erstmalige mit Zustimmung des Markeninhabers in die EU oder den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden ist, kann der Markeninhaber nicht mehr gegen Händler vorgehen, die mit dieser Marke versehene Waren weiterverkaufen. Dadurch werden insbesondere Online-Auktions-Plattformen geschützt. Ohne eine dem § 24 MarkenG entsprechende Regelung, müsste jeder Händler - sei es, weil er mit der Marke versehen Waren im Internet oder im Ladengeschäft verkauft – von Markeninhaber die Zustimmung zur Kennzeichnung der Waren mit dessen Marke einholen. Ein solches wäre vor dem Hintergrund der nicht erfassbaren Anzahl an Händlern und Verkäufern aller Art allein in Deutschland nicht mehr praktikabel und würde die Händler und Verkäufer massiv beschränken.

Die Erschöpfung bezieht sich nicht auf das Recht aus einem Zeichen allgemein, sondern auf konkrete körperliche Gegenstände, die mit Zustimmung des Markeninhabers in Verkehr gebracht worden sind.

Beispiel
Der Inhaber der Marke X bringt sein Produkt Y in Europa auf den Markt. Ab diesem Zeitpunkt kann jeder dieses Produkt kaufen und verkaufen ohne dass sich der Dritte gegenüber dem Inhaber markenrechtsverletzend verhalten würde.

Eine Erschöpfung kann nicht bei Dienstleistungen auftreten, da sie immaterielle Wirtschaftsgüter sind, die auf dem freien Markt erbracht und nicht wie Waren auf den freien Markt gebracht werden.[1]

Ein Inverkehrbringen oder eine Zustimmung zum Inverkehrbringen gilt als erbracht, wenn der Inhaber der Marke die Verfügungsgewalt an der Ware einem Dritten tatsächlich übertragen hat und der Dritte die Möglichkeit eingeräumt bekommt, die Ware weiter zu veräußern, mithin den wirtschaftlichen Wert der Ware zu realisieren.[2] Hierzu bedarf es eines Veräußerungsgeschäftes; ein bloßes Einführen durch den Markeninhaber reicht nicht aus. Dazu ist im Regelfall die bloße Übergabe an den Spediteur, Frachtführer oder Lagerhalter schon ausreichend. Dieser erlangt den unmittelbaren Besitz an der Ware.

Die Beweislast, dass Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG eingetreten ist, mithin die Waren ohne Verletzung des Markenrechtes des Markeninhabers weiterveräußert werden können, obliegt dem Verletzter. Gleichwohl kommen ihm Beweiserleichterungen zu Gute, soweit das Inverkehrbringen in den Bereich des Markeninhabers fällt.

Der Grundsatz der Erschöpfung findet nach § 24 Abs. 2 MarkenG keine Anwendung, wenn sich der Inhaber der Marke der Benutzung der Marke im Zusammenhang mit dem weiteren Vertrieb der Waren aus berechtigten Gründen widersetzt, insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist.

Der Inhaber kann sich dem weiteren Vertrieb der Ware grundsätzlich widersetzen, wenn

  • die Ware in ihrer Eigenart verändert wurde,

Dies betrifft solche Fälle, in denen durch eine Handlung die unter der Marke vertriebenen Waren derart verändert werden, dass dies Auswirkungen auf die mit der Marke verbundenen Herkunfts- und Qualitätsfunktionen hat, bzw. solche Fälle, in denen durch eine Veränderung der Ruf der Marke unlauter ausgenutzt oder beeinträchtigt wird.[3]

  • der Zustand der Ware sich verschlechtert hat oder

Eine Verschlechterung der Ware braucht der Inhaber nicht hinzunehmen. Dies gilt insbesondere, soweit mit der Marke bestimmte Produkt- und Qualitätsanforderungen zu erfüllen sind.

  • aus sonstigen berechtigten Gründen

Sonstige Gründe kommen vor allem bei einer Schädigung des Rufes der Marke in Betracht. Grundsätzlich ist schon ein Verändern der Verpackung ein berechtigter Grund den Vertrieb zu untersagen, soweit die Veränderung der Verpackung nicht per Gesetz vorgeschrieben ist.


[1] Fezer, Markenrecht, 4. Auflage 2009, § 24 MarkenG Rn 13.

[2] Ekey in: Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht, 3. Aufl. 2014, § 24 MarkenG, Rn. 19.

[3] Ekey in: Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht, 3. Aufl. 2014, § 24 MarkenG, Rn. 51.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Markenrecht – eine Einführung“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, Florian Brückner, wissenschaftlicher Mitarbeiter, (1. Auflage: ISBN 978-3-939384-22-9) und Constantin Raves, Rechtsanwalt, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, 2. vollständig überarbeitete und ergänzte Auflage, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-81-6.


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Stand: Januar 2017


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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

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Rechtsanwalt Harald Brennecke berät und vertritt als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz bei Markenanmeldungen für deutsche Marken, europäische Marken (Gemeinschaftsmarke) sowie internationale Marken (IR-Marke). Er unterstützt bei der Durchsetzung von Ansprüchen aus Markenverletzungen und bei Fragen der Nichtigkeit von Markenanmeldungen. 
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  • „Markenrecht - eine Einführung: Markenformen, Markenschutz und Markenanmeldung", ISBN 978-3-939384-22-9"Lizenzrecht - eine Einführung. Lizenzarten und Lizenzverträge.“ von Harald Brennecke und Florin Brückner, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht,  2010, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-08-3
  • „17 UWG – Betriebsgeheimnisse und Verrat durch (ehemalige) Mitarbeiter“, 2015, ISBN 978-3-939384-38-0, Verlag Mittelstand und Recht
  • "Urheberrecht - eine Einführung", von Harald Brennecke und Simon Hofmann, 2011, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-23-6
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