Lohn ohne Arbeit? Teil 2
1. Entgeltfortzahlung
Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall regelt sich nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz. Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen (Fußnote).
Ausdrücklich anspruchsberechtigt sind auch Teilzeitbeschäftigte – auch wenn sie nicht sozialversicherungspflichtig sind – kurzfristig Beschäftigte und nebenberuflich Beschäftigte.
Dieser Anspruch ist an verschiedene Voraussetzungen geknüpft:
- Zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber besteht ein Arbeitsverhältnis.
- Dieses Arbeitsverhältnis besteht ununterbrochen seit mehr als vier Wochen.
- Die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers ist krankheitsbedingt.
a) Krankheit
Krankheit im juristischen Sinne ist ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der in der Notwendigkeit der Heilbehandlung oder bei Arbeitsunfähigkeit wahrnehmbar zu Tage tritt (Fußnote).
Arbeitsunfähig ist derjenige, dem die Leistung der entsprechenden Dienste unmöglich oder unzumutbar ist.
Ein Arbeitnehmer ist z.B. arbeitsunfähig, wenn
- er wegen der Schwere der Erkrankung die Arbeitsleistung objektiv nicht erbringen kann oder nur auf die Gefahr hin, dass sich sein Gesundheitszustand verschlechtert (Fußnote),
- ihm die Arbeitsleistung subjektiv unzumutbar ist, weil eine Behandlung erforderlich ist,
- er die Arbeit nur unter großen Schmerzen verrichten kann (BAG, NJW 1984,199),
- der Arzt häusliche Heilbehandlung angeordnet hat,
- Ansteckungsgefahr für Dritte besteht (BAG, DB 1978, 2197).
Eine Arbeitsunfähigkeit liegt auch dann vor, wenn der Arbeitnehmer sich präventiv behandeln lässt, um künftig nicht an seiner Arbeitsleistung gehindert zu sein.
Beispiel:
Der Arbeitnehmer lässt einen Bandscheibenvorfall operativ beheben. Hierdurch wird es ihm ermöglicht, zukünftig seine Tätigkeit als Packer weiter auszuüben.
Keine Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn
- nur eine ambulante Behandlung des Arbeitnehmers stattfindet,
- die Arbeit nur wegen der langen Anfahrt zum Ort der Behandlung ausfällt (BAG, DB 1985,977),
- nur der Arbeitsweg aufgrund der Erkrankung nicht zurückgelegt werden kann
- die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit auf einer Fehldiagnose des behandelnden Arztes beruht.
Häufig entstehen Konflikte durch Arztbesuche des Arbeitnehmers während der Arbeitszeit. Dazu einige Grundsätze:
Erfolgt der Arztbesuch, weil der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt ist, hat der Arbeitgeber das Entgelt nach den Regelungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes fortzuzahlen.
Begibt sich der Arbeitnehmer wegen einer Krankheit zum Arzt aus der keine Arbeitsunfähigkeit folgt, kann er dies nur dann, wenn die Termingestaltung des Arztes keinen anderen Termin außerhalb der Arbeitszeit zulässt.
Legt der Arbeitnehmer den Termin ohne Not in die Arbeitszeit, hat er keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung.
b) Verschulden
Weitere Voraussetzung für den Entgeltfortzahlungsanspruch ist, dass den Arbeitnehmer kein Verschulden trifft.
Beispiele der Rechtsprechung für kein Verschulden:
- nicht grob fahrlässig verursachte Verkehrsunfälle,
- nicht grob fahrlässig herbeigeführte Sportunfälle,
- Selbstmordversuch,
- Alkohol- und Drogensucht, sofern diese nicht grob fahrlässig oder vorsätzlich verursacht worden ist,
- Ausübung einer Nebentätigkeit.
Beispiele bei denen Verschulden angenommen wird:
- Teilnahme an einer Schlägerei,
- Fehlverhalten im Straßenverkehr,
- Verletzung von Arbeitsschutzbestimmungen,
- Ausübung einer Sportart trotz mangelnder Eignung,
- Ausübung einer ungewöhnlich gefährlichen Sportart (anerkannt jedoch nur für Kickboxen und Bungee-Springen)
- Verstöße gegen das Arbeitszeitrecht
2. Anzeige- und Nachweispflichten
Im Zusammenhang mit der Krankheit erwachsen dem Arbeitnehmer einige Nebenpflichten, z.B. dass er seine Arbeitsunfähigkeit dem Arbeitgeber anzeigen und nachweisen muss.
Anzeigepflicht
Der Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber unverzüglich sein Fehlen und dessen voraussichtliche Dauer mitteilen (Fußnote). Dies gilt auch für eine Erkrankung im Ausland (Fußnote).
Nachweispflicht
Der Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber spätestens am 4. Tag die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen. Dies gilt auch bei jeder Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit.
Beachten Sie: Der Arbeitgeber kann die Arbeitunfähigkeitsbescheinigung auch schon früher verlangen.
Der Arbeitgeber kann bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von der Krankenkasse verlangen, dass diese ein Gutachten über die Arbeitsunfähigkeit einholt (Fußnote).
Beispiel:
Der Arbeitnehmer ist häufig am Montag erkrankt.
Verstößt der Arbeitnehmer gegen die einzelnen Pflichten hat dies zur Folge:
- Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer deswegen eine Abmahnung erteilen. Nach mehreren Abmahnungen mit gleichartiger Begründung kann er die ordentliche Kündigung aussprechen.
- Der Arbeitgeber hat das Recht die Leistung zu verweigern nach § 7 I Nr.1 EFZG bis der Arbeitnehmer eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt.
Beachten Sie: Für Kleinbetriebe mit nicht mehr als 20 Arbeitnehmern besteht nach dem weiterhin geltenden §§ 10, 14 LFZG ein Erstattungs- und Umlageverfahren. Danach werden die Lohnfortzahlungsaufwendungen für gewerbliche Arbeitnehmer und Auszubildende – nicht Angestellte – zu 80% von den Krankenkassen getragen.
Stand: 10.06.2008
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