Leasingvertrag: Restwertklausel in der AGB-Kontrolle

Häufig enthält ein Leasingvertrag eine sogenannte Restwertklausel über den Leasinggegenstand. Das bedeutet, dass bei Abschluss des Leasingvertrages ein Restwert der Leasingsache kalkuliert und vertraglich festgelegt wird. Endet der Leasingvertrag, wird die Leasingsache durch den Leasinggeber veräußert und der Leasingnehmer ist verpflichtet, die Differenz zwischen dem tatsächlich erlangten Verkaufserlös und dem vertraglich vereinbarten Restwert zu bezahlen. Wortwörtlich heißt dies beispielsweise in einem Leasingvertrag:

„Nach Zahlung sämtlicher Leasingraten verbleibt zum Vertragsende ein Restwert in Höhe von 50.000 Euro. Dieser ist durch die Fahrzeugverwertung zu tilgen. Reicht dazu der vom Leasing-Geber tatsächlich erzielte Verkaufserlös nicht aus, garantiert der Leasing-Nehmer den Ausgleich des Differenzbetrages.“

Der Restwert der Leasingsache wird bei Vertragsschluss oft sehr hoch kalkuliert und nach dem Ende des Leasingvertrages ein wesentlich geringerer Verkaufserlös erzielt, so dass der Leasingnehmer nach Vertragsende oft erhebliche Restwert-Ausgleichszahlungen leisten muss.

Restwertvereinbarungen sind trotz dieser Folgen wirksam, egal ob sie individuell vereinbart oder in AGB geregelt worden sind. Entsprechende AGB halten der AGB-Kontrolle stand, denn die Restwertklauseln sind weder überraschend noch verstoßen sie gegen das Transparenzgebot. Selbst ein juristisch nicht vorgebildeter Laie kann die Restwertvereinbarung verstehen und richtig deuten.

1. keine überraschende Klausel

Nach § 305c Abs.1 BGB sind Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie nach den Umständen, insbesondere dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner vernünftigerweise nicht mit ihnen zu rechnen braucht. Dies trifft auf Restwertklauseln nicht zu. Sie sind geradezu leasingtypisch.

Finanzierungsleasingverträge sind durch das sogenannte Vollamortisationsprinzip gekennzeichnet. Dies bedeutet, dass der Leasingnehmer die Anschaffungskosten des Leasinggebers für die Leasingsache, seine Finanzierungsbelastungen sowie seinen Gewinn durch die Zahlung der Leasingraten und weiterer Posten komplett abdeckt.

Die Vereinbarung einer Restwertzahlung hat dasselbe Ziel. Durch die Restwertklausel wird erreicht, dass die Kosten des Leasinggebers durch den Leasingnehmer vollständig abgedeckt werden. Die Vereinbarung einer Restwertklausel stellt demnach nur eine bestimmte Ausgestaltung eines Leasingvertrages mit Vollamortisation dar. Der Leasingnehmer muss dafür in der Regel geringere monatliche Leasingraten bezahlen als bei Verträgen ohne Restwertklauseln.

Schon deshalb sind die Klauseln nicht überraschend.

Restwertklauseln sind auch nicht deshalb überraschend, weil der angegebene Restwert durch den Verkaufserlös in der Regel nicht erreicht wird. Der Restwert stellt einen Verrechnungsposten dar, mit dem der Leasinggeber seine Vertragskosten kalkuliert. Es geht dem Leasinggeber nicht darum, den tatsächlichen, wahren Wert der Leasingsache zu erhalten, sondern darum, insgesamt den von ihm kalkulierten Amortisationswert zu erreichen. Wegen des Prinzips der Vollamortisation muss der Leasingnehmer deshalb damit rechnen, dass er anderweitig die Aufwendungen des Leasinggebers ausgleichen muss.

Der Leasingnehmer kann folglich von Beginn an nicht erwarten, dass der kalkulierte Restwert durch den Verkauf der Leasingsache erzielt werden kann.

2. kein Verstoß gegen das Transparenzgebot

Die Restwertklauseln verstoßen auch nicht gegen das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Dieses setzt voraus, dass die Bestimmungen in einem Vertrag klar und verständlich sind und der Leasingnehmer seine vertraglichen Pflichten und Rechte eindeutig überschauen kann. Insbesondere seine wirtschaftlichen Verpflichtungen muss er erkennen können.

Diesen Anforderungen genügen die Restwertklauseln regelmäßig.

Der Leasingnehmer kann bei den gängigen vertraglichen Formulierungen der Restwertklauseln eindeutig erkennen, dass die Aufwendungen des Leasinggebers nicht alleine durch die Zahlung der Leasingraten ausgeglichen sind. Aus den Klauseln geht eindeutig hervor, dass der Leasingnehmer dafür garantiert, die Differenz zwischen dem Verkaufserlös und dem Restwert auszugleichen. Dies impliziert eindeutig und erkennbar, dass die Möglichkeit einer entsprechenden Differenz besteht und der Verkaufserlös den Restwert gerade nicht zwangsläufig erreicht.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn der Begriff „Restwert“ verwendet wird. Man könnte zwar der Auffassung sein, dass dieses Wort vom Leasingnehmer dahingehend verstanden wird, dass ein tatsächlicher, realistisch kalkulierter Wert der Leasingsache am Ende der Vertragslaufzeit gemeint ist. Der Restwertausgleich ist aber – wie oben dargestellt – ein Ausfluss aus dem Amortisationsprinzip, weil der Leasingnehmer insgesamt für die volle Amortisation inkl. Gewinn einstehen muss. Der Verkaufserlös stellt in diesem Zusammenhang nur einen unter mehreren Posten dar, um die Aufwendungen des Leasinggebers auszugleichen. Dies geht aus dem Sinn und Zweck des Leasingvertrages, aus dem Wortlaut der Restwertklausel und alleine schon aus dem Wort „garantiert“ hervor. Der Leasingnehmer kann erkennen, dass der Restwert eine feste Größe ist, die von dem tatsächlichen Wert und Verkaufserlös der Leasingsache unabhängig ist.

Zur Einhaltung des Transparenzgebotes ist es nicht nötig, dass im Vertrag die Kalkulation des Restwertes genau erläutert wird. Es reicht aus, dass der Leasingnehmer alle Angaben erhält, die er zur Berechnung des geschuldeten Betrages braucht. Dafür genügt die Angabe des garantierten Restwerts und die Mitteilung des bei der Verwertung der Leasingsache erzielten Verkaufserlöses.

3. Keine Überprüfung der Angemessenheit des Restwertes und keine Aufklärungspflichten

Leasingnehmer können sich nicht darauf berufen, dass der kalkulierte Restwert unangemessen hoch ist. Dieser Wert ist nämlich der gerichtlichen Überprüfung nicht zugänglich.

Der kalkulierte Restwert kann nicht gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB auf seine Angemessenheit hin überprüft werden, weil der Kontrolle nur Bestimmungen unterliegen, die von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen. Bestimmungen über die Hauptleistungen der Parteien unterliegen hingegen der Privatautonomie und können von den Parteien frei vereinbart werden. Die Leistungen des Leasingnehmers, die dazu dienen, dass die Aufwendungen des Leasinggebers amortisiert werden, sind Hauptleistungen. Sie stellen die Gegenleistung des Leasingnehmers für die Überlassung der Leasingsache dar.

Erst wenn der vereinbarte Restwert und somit die Hauptleistungspflicht des Leasingnehmers als Wucher einzustufen sind, kann eine Unwirksamkeit angenommen werden. Dies unterliegt aber hohen Voraussetzungen und ist bei den wenigsten Leasingverträgen der Fall.

Für den Leasinggeber besteht keine Pflicht, vor Abschluss des Vertrages ausdrücklich über die Bedeutung und Tragweite der Restwertgarantie aufzuklären. Er ist als Vertragspartei nicht gehalten, die Kalkulation offenzulegen, die der im Vertrag vereinbarten Gegenleistung des Leasingnehmers zugrunde liegt. Ebenso wenig muss eine Vertragspartei die andere auf die wirtschaftlichen Folgen des Vertragsschlusses hinweisen, weil jede Vertragspartei sich über diese Folgen selbst informieren muss.


Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: September 2014


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Über die Autoren:

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei allen Fragen zu Leasingverträgen, Leasingabrechnungen, Kündigungen von Leasingverträgen und Schäden am Leasinggut. 
Sie prüft Leasingverträge im Finanzierungsleasing wie im Operate-Leasing auf nachteilige oder gefährliche Klauseln und verhandelt Leasingverträge für Leasingnehmer mit Leasinggebern aus. Sie gestaltet und begleitet sale and lease back Geschäfte zur Gewinnung von Liquidität und zur Optimierung von Bilanzen (Erhöhung der Eigenkapitalquote, Ratingverbesserungen etc.).  Als Steuerrechtlerin achtet sie besonders auf die steuerlichen Auswirkungen von Leasinggeschäften und berät – zusammen mit dem Steuerberater des Mandanten – bei der steuerlich optimalen Gestaltung von Leasinggeschäften.  
Rechtsanwältin Ritterbach berät Unternehmer bei allen Leasingrechtsfragen wie über die Vor- und Nachteile von Vollamortisation und Teilamortisation, über Restwert und Andienungsrecht, über angemessene oder erforderliche Versicherungen des Leasinggutes oder über Risiken des Leasingnehmers bei der Leasingrückgabe oder bei der Verschlechterung des Leasinggutes. Sie prüft Leasingverträge auf Mithaftungsklauseln von Geschäftsführern und Unternehmern und wahrt deren persönliche Vermögensinteressen. 

Rechtsanwältin Carola Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und absolviert derzeit den Fachanwaltskurs für Steuerrecht. 

Carola Ritterbach hat im Leasingrecht und Bankrecht veröffentlicht:

  • "Leasingrecht - eine Einführung in das Recht des Leasings", ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht
  • „Kreditvertragsrecht“, 2014, ISBN 978-3-939384-35-9, Verlag Mittelstand und Recht
  • „Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken“, 2015, ISBN 978-3-939384-45-8, Verlag Mittelstand und Recht
  • „Bankvertragsrecht“, 2014, ISBN 978-3-939384-32-8, Verlag Mittelstand und Recht
  • „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“, 2015, ISBN 978-3-939384-30-4, Verlag Mittelstand und Recht
  • „Kreditsicherheiten“, 2015, ISBN 978-3-939384-27, Verlag Mittelstand und Recht

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Leasingrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaften Bank- und Kapitalmarktrecht und Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.

Sie bietet im Bereich des Leasingrechts folgende Vorträge an:

  • Sale and lease back – Vorteile und Risiken für Leasingnehmer
  • Grundlagen des Leasingrechts
  • Steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten im Leasingrecht
  • Rückkaufvereinbarungen und Andienungsrecht im Leasing


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Gericht / Az.: BGH, Urteil vom 28.05.2014, VIII ZR 241/13

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