Kündigungsschutz und Kündigungsschutzklage – Teil 13 – Schutz vor der Änderungskündigung

4.3 Schutz vor der Änderungskündigung

Vertraglich vereinbarte Arbeitsbedingungen sind für beide Parteien grundsätzlich bindend. Einseitige Abänderungen der Vertragsbedingungen sind in der Regel nicht möglich. Anderes gilt für die Änderungskündigung. Die besteht aus zwei Rechtsgeschäften.(Fußnote) Einerseits liegt dann eine Kündigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses vor, andererseits wird gleichzeitig ein Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Vertragsbedingungen unterbreitet (--> 3.7.3). Die Änderungskündigung enthält somit immanent eine Beendigungskündigung und muss dementsprechenden Anforderungen genügen. Durch das zweite Rechtsgeschäft des Änderungsangebotes richtet sich der Schutz vor Änderungskündigungen jedoch nach § 2 KSchG. Die Änderungskündigung bedarf somit bei Anwendbarkeit des KSchG der sozialen Rechtfertigung. Umfasst werden jedoch erneut nur arbeitgeberseitige Änderungskündigungen.(Fußnote)

4.3.1 Begriff der Änderungskündigung

Die Änderungskündigung beinhaltet eine Beendigungskündigung. Für diese gelten alle Anforderungen wie an eine „echte“ Kündigungserklärung (--> Kapitel 3). Dabei wird sowohl die unbedingte, als auch die bedingte Änderungskündigung umfasst.(Fußnote) Die Bedingung, dass das Arbeitsverhältnis bei Ablehnung des Änderungsangebotes gekündigt wird ist insofern zulässig, weil ihr Eintritt allein vom Willen des Arbeitnehmers abhängt.(Fußnote) Im Zusammenhang mit der schriftlichen Kündigung muss folglich ein Angebot zur Fortsetzung unter geänderten Bedingungen abgegeben werden. Das Angebot muss im Zusammenhang mit der Kündigung stehen.(Fußnote) In der Regel ist dieser durch eine gleichzeitige Erklärung zu wahren.(Fußnote) Folgt das Änderungsangebot erst nach dem Zugang der Kündigung, ist der Zusammenhang nicht mehr gewahrt und dieses daher nicht zu berücksichtigen.(Fußnote)
Weiter muss auch das Änderungsangebot genau bestimmt sein, sodass es ohne weiteres angenommen werden kann.(Fußnote)

4.3.2 Reaktion des Arbeitnehmers

Die Änderungskündigung unterbreitet dem Arbeitgeber somit gleichzeitig mit der Kündigung ein neues Angebot. Es gibt folglich drei Möglichkeiten für den Arbeitnehmer darauf zu reagieren:

  • Er nimmt das Änderungsangebot vorbehaltlos an.
  • Er lehnt das Änderungsangebot vorbehaltlos ab.
  • Er nimmt die Änderungen unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung an.

4.3.2.1 Vorbehaltlose Annahme

Der Arbeitnehmer kann das Änderungsangebot vorbehaltlos annehmen. Dies kann er sowohl ausdrücklich als auch durch schlüssiges Verhalten tun.(Fußnote) Die Annahmeerklärung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung.(Fußnote) Dir Frist zur Annahme richtet sich dabei nach § 147 II BGB.(Fußnote) Danach darf bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, bis zu dem der Gegenüber mit einer Antwort rechnen darf. In der Praxis wird regelmäßig die Drei-Wochen-Frist des § 2 S. 2 KSchG als Konkretisierung des § 147 II BGB gesehen.[(Fußnote) Da dies aber durchaus umstritten ist, sollte der Arbeitgeber bei einer Änderungskündigung grundsätzlich eine Annahmefrist nach § 148 BGB bestimmen. Dies ist dann maßgeblich.

Beispiel:
Arbeitgeber Meyer hat seinem langjährigem Arbeitnehmer Kalle eine Änderungskündigung übergeben und ausdrücklich sein Änderungsangebot erklärt. Dieses umfasst unter anderem, dass Kalle einer anderen Tätigkeit nachgehen soll. Meyer hat eine Annahmefrist von drei Wochen bestimmt. Kalle äußert sich erst einmal gar nicht und fährt in den Urlaub. Nach zwei Wochen kommt er zur Arbeit und führt widerstandslos die neue Tätigkeit aus.

  • Arbeitet der Arbeitnehmer widerspruchslos zu geänderten Bedingungen weiter, ist dies regelmäßig als schlüssige Annahme des Änderungsangebots zu betrachten.(Fußnote) Dies ist insbesondere der Fall wenn der Arbeitnehmer eine andere Tätigkeit ausführt oder an einem anderen Arbeitsplatz oder zu geänderten Arbeitszeiten tätig wird.(Fußnote) Kalle befand sich zudem in der von Meyer gesetzten Annahmefrist. Für Kalle würde dies eine Annahme des Änderungsangebots bedeuten.

Wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot vorbehaltlos annimmt, werden die geänderten Bedingungen zum Vertragsinhalt.(Fußnote)


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kündigungsschutz und Kündigungsschutzklage“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Paulina Zoe Linke, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-76-2.


Kontakt: tilo.schindele@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Über die Autoren:

Tilo Schindele, Rechtsanwalt

Portrait Tilo-Schindele

Rechtsanwalt Tilo Schindele ist seit 20 Jahren im Arbeitsrecht tätig.
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und berät und vertritt Betriebsräte.

Rechtsanwalt Schindele ist Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart.
Seit 2001 unterrichtet er „Grundzüge im Arbeits- und Insolvenzrecht".

Rechtsanwalt Tilo Schindele hat veröffentlicht:

  • Arbeitnehmerüberlassung, Tilo Schindele und Patricia Netto, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-55-7
  • Die internationale Entsendung von Mitarbeitern, Tilo Schindele und Babett Stoye, LL.B., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-57-1

Rechtsanwalt Tilo Schindele bereitet derzeit folgende Veröffentlichungen vor:

  • Arbeitnehmer und Scheinselbständigkeit

Rechtsanwalt Tilo Schindele ist Dozent für Arbeitsrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
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