Kündigungsschutz und Kündigungsschutzklage – Teil 05 – Die Arten der Kündigung

3.7 Die Arten der Kündigung

Es sind einige Kündigungsarten zu unterscheiden.

3.7.1 Die ordentliche Kündigung

Grundsätzlich wird zwischen der ordentlichen und der außerordentlichen Kündigung unterschieden.
Die ordentliche Kündigung verlangt nach dem BGB keine inhaltlichen Voraussetzungen wie einen Kündigungsgrund.[1] Dies gilt inzwischen jedoch nur noch außerhalb des Geltungsbereiches des Kündigungsschutzgesetzes. Innerhalb des Geltungsbereiches muss die Sozialwidrigkeit der Kündigung ausgeschlossen sein.[2 ]
Die ordentliche Kündigung oder auch fristgebundene Kündigung ist an die Einhaltung der gesetzlichen, vertraglichen oder tarifvertraglichen Kündigungsfristen gebunden.[3]
Grundsätzlich gilt gemäß § 622 I BGB eine Kündigungsfrist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines jeden Monats. Ausnahmen bestehen im Hinblick auf die Dauer des Bestandes des Arbeitsverhältnisses (s. § 622 II BGB), wegen möglicher Regelungen in einem Tarifvertrag oder während der Probezeit.
Des Weiteren ist die Kündigung gem. §§ 623, 125 S. 1, 126 I BGB schriftlich zu erklären. Mündliche Kündigungen sind formnichtig.[4] Die Kündigung muss weiter als empfangsbedürftige Erklärung zugegangen sein (--> 3.4.1 und 3.4.2)
Sollte nicht klar sein ob eine ordentliche oder eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen wurde, für den Gekündigten günstigere Möglichkeit, dementsprechend die ordentliche Kündigung.[5]

3.7.2 Die außerordentliche Kündigung

Dem gegenüber steht die außerordentliche, fristlose Kündigung- Die außerordentliche Kündigung benötigt nach § 626 I einen wichtigen Grund der das Festhalten am Bestehen des Arbeitsverhältnisses für beide Parteien unzumutbar macht. Dadurch soll dem engen Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber Rechnung getragen werden.
Beispiele für einen wichtigen Grund sind:

  • Diebstahl
  • (Schwere) Beleidigungen
  • Sexuelle Belästigung
  • Annahme von Schmiergeldern
  • Arbeitsverweigerung
  • Selbstbeurlaubung

Hierbei besteht keine Bindung an eine Kündigungsfrist.[6] Das Aussprechen einer außerordentlichen Kündigung ist sowohl dem Arbeitnehmer, als auch dem Arbeitgeber möglich.[7] Allerdings muss der Arbeitgeber spätestens zwei Wochen, nachdem er von den die Kündigung maßgeblich beeinflussenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat, kündigen, vgl. § 626 II BGB. Anderenfalls verliert er das Recht auf die Kündigung. Die Wirkung der außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB tritt unverzüglich bei Zugang ein.[8]

3.7.3 Die Änderungskündigung

Regelmäßig wird die Kündigung das Ende des Arbeitsverhältnisses bezwecken wollen. Eine weitere Möglichkeit stellt jedoch die Änderungskündigung i.S.d. § 2 KSchG als Anpassung der Vertragsbedingungen dar (--> 4.3). Dies umfasst eine Kündigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses im Zusammenhang mit dem Anbieten der Fortsetzung zu geänderten Arbeitsbedingungen.[9] Folglich setzt sich die Änderungskündigung aus zwei Willenserklärungen[10], einer Kündigung und einem Vertragsangebot, zusammen.[11] Die Änderungskündigung ist als echte Kündigung an alle formalen Anforderungen aus § 623 BGB gebunden. Diese richten sich danach ob die Änderungskündigung als ordentliche Änderungskündigung[12] mit Fristbindung oder als grundsätzlich anerkannte außerordentliche Änderungskündigung[13] angewandt wird.
Ein Ausschluss der Änderungskündigung auf Grund ihrer Bedingtheit besteht weiter nicht, da der Eintritt der Bedingung ausschließlich vom Arbeitnehmer abhängt und somit eine Potestativbedingung vorliegt.

3.7.4 Die Massenkündigung

Die Massenkündigung stellt eine besondere Kündigungsart. Sie wird neben dem besonderen Kündigungsschutz bei Massenentlassungen ausführlich in --> Kapitel 12 behandelt.

3.7.5 Die Teilkündigung

Eine weitere Kündigungsart stellt die Teilkündigung dar. Im Gegensatz zu einer Kündigung des gesamten Arbeitsverhältnisses möchte dabei eine Vertragspartei lediglich einzelne Vertragsbedingungen einseitig abändern.[14] Eine Teilkündigung ist somit nicht auf die Beendigung des gesamten Arbeitsverhältnisses, sondern auf den Fortbestand dessen unter Abänderung der Bedingungen ausgerichtet.[15]
Dies ist nach herrschender Meinung unzulässig.[16] Eine Möglichkeit der nachträglichen Abänderung einzelner Vertragsabreden würden zunächst einmal das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung stören.[17] Des Weiteren gilt grundsätzlich „pacta sunt servanda“[18]. Im Rahmen der Privatautonomie können Verträge ausgehandelt werden. Folglich hätten die Vertragsparteien jeder einzelnen Abrede des Vertrages zugestimmt und weiter eine Beziehung der einzelnen Abreden untereinander hergestellt.[19]

Eine Teilkündigung ist dementsprechend nicht zu rechtfertigen.[20]


[1] Kittner/Däubler/Zwanziger, S. 78, Rn. 119; Stahlhacke/Vossen/Preis, § 18, Rn. 420.

[2] Stahlhacke/Vossen/Preis/Preis, Rn. 420.

[3] Ascheid/Preis/Schmidt/Preis, Grundlagen E, Rn. 5.

[4] Gallner/Mestwerdt/Nägele/Mayer, § 1 Teil B, Rn. 101.

[5] Kittner/Däubler/Zwanziger, S. 78, Rn. 122; vgl. LAG Köln 6.10.2005, NZA-RR 2006, 353.

[6] Stahlhacke/Vossen/Preis/Preis, Rn. 522; Kittner/Däubler/Zwanziger, S. 78, Rn. 120.

[7] Stahlhacke/Vossen/Preis/Preis, Rn. 524.

[8] Stahlhacke/Vossen/Preis/Preis, Rn. 524.

[9] Ascheid/Preis/Schmidt/Preis, Grundlagen E, Rn. 9.

[10] Gallner/Mestwerdt/Nägele/Pfeiffer, § 2, Rn. 5.

[11] Ascheid/Preis/Schmidt/Preis, Grundlagen E, Rn. 9.

[12] Vgl. dazu Ascheid/Preis/Schmidt/Preis, Grundlagen E, Rn. 10.

[13] Vgl. dazu Ascheid/Preis/Schmidt/Preis, Grundlagen E, Rn. 11.

[14] Kittner/Däubler/Zwanziger, S. 79, Rn. 126; Stahlhacke/Vossen/Preis/Preis, Rn. 166.

[15] KR/Kreft, § 2 KSchG, Rn. 87.

[16] KR/Kreft, § 2 KSchG, Rn. 87; ErfK, § 611 BGB, Rn.. 377, krit.: Ascheid/Preis/Schmidt/Preis, Grundlagen E, Rn. 14.

[17] ErfK/Preis, § 611 BGB, Rn. 377.

[18] Lat., „Verträge sind einzuhalten“.

[19] Vgl. dazu Ascheid/Preis/Schmidt/Preis, Grundlagen E, Rn. 13;

[20] BGH 5.11.1992 EzA § 622 BGB Teilkündigung Nr. 6.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kündigungsschutz und Kündigungsschutzklage“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Paulina Zoe Linke, wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-76-2.


Kontakt: tilo.schindele@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Tilo Schindele, Rechtsanwalt

Portrait Tilo-Schindele

Rechtsanwalt Tilo Schindele ist seit 20 Jahren im Arbeitsrecht tätig.
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Rechtsanwalt Schindele ist Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart.
Seit 2001 unterrichtet er „Grundzüge im Arbeits- und Insolvenzrecht".

Rechtsanwalt Tilo Schindele hat veröffentlicht:

  • Arbeitnehmerüberlassung, Tilo Schindele und Patricia Netto, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-55-7
  • Die internationale Entsendung von Mitarbeitern, Tilo Schindele und Babett Stoye, LL.B., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-57-1

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