Kündigungsschutz und Kündigungsschutzklage – Teil 02 – Die Kündigung

3 Die Kündigung

Die Kündigung stellt die häufigste Methode dar, ein Arbeitsverhältnis zu beenden (neben altersbedingte Beendigung). Sie bildet die Grundlage für eine mögliche Anwendbarkeit des KSchG.

3.1 Erklärung der Kündigung

Die Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürfte Willenserklärung.[1] Eine Willenserklärung ist eine Äußerung des eigenen Willens, die auf das Hervorrufen einer bestimmten Rechtsfolge gerichtet ist. Mit der Kündigung endet das Arbeitsverhältnis sofort (außerordentliche / fristlose Kündigung --> 3.7.2) oder nach Ablauf einer Kündigungsfrist (ordentliche / fristgemäße Kündigung --> 3.7.1).[2] Sie ist wirksam, sobald sie dem Vertragspartner zugegangen ist.[3] Dies kann bereits vor Arbeitsantritt der Fall sein.

3.1.1 Zugang der Kündigungserklärung unter Anwesenden

Die Kündigung wird wirksam, sobald sie dem Empfänger zugegangen ist. Ist dieser anwesend, geschieht der Zugang gleichzeitig mit der Abgabe der Kündigungserklärung.[4]

Beispiel 1:
Arbeitgeber Schmidt bestellt seinen langjährigen und treuen Arbeitnehmer Walter in sein Büro und überreicht ihm schweren Herzens das Kündigungsschreiben.

  • Schmidt gibt die Kündigungserklärung ab und sie geht Walter gleichzeitig zu. Damit ist sie wirksam.

Beispiel 2:
Schmidt überreicht Walter wieder das Kündigungsschreiben. Dieser gibt den verschlossenen Briefumschlag wieder an S zurück, weil dieser nichts über den Inhalt verraten möchte und erhält keine Kenntnis über den Inhalt des Briefes.

  • Dennoch gilt die Kündigungserklärung als unter Anwesenden als zu gegangen.[5]

Der Empfang sollte sich der Kündigende immer schriftlich bestätigen lassen. Dies geschieht regelmäßig durch Unterzeichnung einer Empfangsbestätigung desjenigen, gegenüber dem die Kündigung erklärt worden ist.

3.1.2 Zugang der Kündigungserklärung unter Abwesenden

Ist der Empfänger jedoch abwesend, geht ihm die Kündigung zu, sofern sie in den Machtbereich des Empfängers gelangt und für diesen unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit besteht, Kenntnis vom Inhalt der Erklärung zu erlangen.[6]
Dementsprechend ist unerheblich ob und wann der Empfänger die Erklärung tatsächlich zur Kenntnis genommen hat, es ist vielmehr entscheidend ob er die Möglichkeit dazu hatte.[7]

Der Zugang erfolgt zum Beispiel[8]:

  • Bei einer einfachen Briefsendung mit Aushändigung an den Empfänger oder an einen empfangsberechtigten Dritten.
  • Bei Einwurf in den Briefkasten zu dem Zeitpunkt, an dem mit der Leerung des Briefkasten zu rechnen ist (bei Einwurf am Abend um 20:00 Uhr ist die Kündigung erst am nächsten Tag zugegangen).
  • Bei einer Einlegung in ein Postfach wenn mit der Abholung gerechnet werden kann.
  • Bei einer Kündigung durch Einschreiben bei Aushändigung durch die Post.
  • Bei der Übergabe an einen Dritten, wenn diese Person als nach der Verkehrsauffassung als ermächtigt anzusehen ist. Dazu zählen beispielsweise in häuslicher Gemeinschaft lebende Familienangehörige[9], Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft[10] sowie Haus- und Büroangestellte des Empfängers[11].

Die Darlegungs- und Beweislast obliegt hierbei dem Kündigenden, im Regelfall also beim Arbeitgeber. Bei einer einfachen Briefsendung und einem einfachen Einsendebrief kann nur die Übergabe an die Post nachgewiesen werden. Da der Verlust von Briefen auf dem Postweg nicht vollkommen undenkbar ist, reicht das regelmäßig nicht aus um den Zugang nachzuweisen. Empfehlenswerter ist deshalb ein Einschreiben gegen Rückschein. Der Rückschein fungiert als Nachweis für den Zugang des Einschreibebriefes. Ist jedoch zu erwarten, dass keine empfangsberechtigte Person angetroffen wird, ist das Einwurfeinschreiben vorzuziehen. Dabei wird der Einwurf in den Briefkasten genau dokumentiert und die Heranziehung des Postzustellers zum Beweis des Zugangs erleichtert die Beweisführung[12]. Insoweit ist die Versendung per Einwurfeinschreiben immer vorzuziehen, da damit nachgewiesen wird, dass das Schreiben dem Machtbereich zugegangen ist. Ob das Kündigungsschreiben von einer berechtigten Person entgegen genommen worden ist, ist dabei unerheblich.
Zusendung an ein Postfach per Einschreiben per Rückschein ist ebenfalls nicht zu empfehlen. Wird, was bei einem Postfach immer der Fall ist, der Empfänger (oder ein vertretungsberechtigte Person) nicht angetroffen, so wird der Empfänger nur von dem Schreiben benachrichtigt, mit der Aufforderung, dieses bei der Post abzuholen. Solange er dies nicht tut, ist das Schreiben nicht zugegangen.
Wichtig ist die Zugangsproblematik für die Berechnung der Kündigungsfristen. Wirft ein Arbeitnehmer (Kündigungsfrist: 3 Monate zum Monatsende) sein Kündigungsschreiben am 31. März, abends um 20:00 Uhr bei seiner Firma ein, mit dem Inhalt, dass das Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 30. Juni enden soll. Allerdings kann er nicht damit rechnen, dass der Briefkasten an diesem Abend noch geleert wird. Das Schreiben gelangt also an diesem Tag nicht mehr in den Machtbereich des Empfängers, sondern erst am 01.04.. Die Kündigung zum 30. Juni ist damit unwirksam. Eine Kündigung ist erst wieder zum 31. Juli möglich. Entscheidend kann dies sein, wenn der Arbeitnehmer bereits einen neuen Arbeitsvertrag geschlossen hat und durch den verspäteten Zugang die neue Stelle nicht fristgerecht antreten kann.


[1] Gallner/Mestwerdt/Nägele/Mestwerdt, Einl., Rn. 1.

[2] Gallner/Mestwerdt/Nägele/Mestwerdt, Einl., Rn. 1.

[3] ErfK/Müller-Glöge, § 620 BGB, Rn. 16.

[4] Gallner/Mestwerdt/Nägele/Mestwerdt, Einl., Rn. 33.

[5] Vgl. dazu BAG 07.01.2004 – 2 AZR 388/03 – RzK I 2 c Nr. 36.

[6] BAG 9.6.2011 – 6 AZR 687/09.

[7] Gallner/Mestwerdt/Nägele/Mestwerdt, Einl. Rn. 36.

[8] Vgl. dazu Gallner/Mestwerdt/Nägele/Mestwerdt, Einl., Rn. 38ff.

[9] BAG 9.6.2011 – 6 AZR 687/09.

[10] LAG Bremen 17.02.1988 – 3 Ta 79/87 – DB 1988, 814.

[11] Vgl. z.B. BAG 13.10.1976 – 5 AZR 510/75 – AP BGB § 130 Nr. 8 zu I 2.

[12] Vgl. dazu Gallner/Mestwerdt/Nägele/Mestwerdt, Einl. Rn. 40.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kündigungsschutz und Kündigungsschutzklage“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Paulina Zoe Linke, wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-76-2.


Kontakt: tilo.schindele@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Tilo Schindele, Rechtsanwalt

Portrait Tilo-Schindele

Rechtsanwalt Tilo Schindele ist seit 20 Jahren im Arbeitsrecht tätig.
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Rechtsanwalt Schindele ist Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart.
Seit 2001 unterrichtet er „Grundzüge im Arbeits- und Insolvenzrecht".

Rechtsanwalt Tilo Schindele hat veröffentlicht:

  • Arbeitnehmerüberlassung, Tilo Schindele und Patricia Netto, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-55-7
  • Die internationale Entsendung von Mitarbeitern, Tilo Schindele und Babett Stoye, LL.B., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-57-1

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