Kreditvertragsrecht – Teil 51 – Bankgeheimnis: Gegenstand und Umfang, Rechtsfolgen bei Verletzung des Bankgeheimnisses


Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Alena Kehret
wissenschaftliche Mitarbeiterin


5. Bankgeheimnis

5.1. Grundlagen

Das Bankgeheimnis ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, wird aber sowohl vom Gesetzgeber als auch von den Banken allgemein anerkannt. So wird in verschiedenen gesetzlichen Vorschriften von der Existenz des Bankgeheimnisses ausgegangen. In Nr. 2 Abs. 1 der AGB-Banken, die fast allen Bankverträgen zugrunde liegen, ist das Bankgeheimnis ausdrücklich festgelegt.

Es basiert auf dem Schuldverhältnis zwischen der Bank und dem Bankkunden, das bereits mit Aufnahme der geschäftlichen Kontakte begründet wird. Mit der Aufnahme dieses Kontaktes ist die Bank gem. § 241 Abs. 2 BGB gesetzlich dazu verpflichtet, auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Bankkunden Rücksicht zu nehmen. Dazu gehört auch das Interesse der Bankkunden an Geheimhaltung über private und finanzielle Informationen. Damit muss die Bank auf dieses Interesse Rücksicht nehmen, indem sie Kundeninformationen geheim hält. Die Treue- und Rücksichtnahmepflichten der Bank gehen weiter als die Pflichten in anderen Schuldverhältnissen, weil das Verhältnis zwischen Bank und Kunden von Natur aus durch eine besonders tief reichende Vertrauensbeziehung gekennzeichnet ist.

5.2. Gegenstand und Umfang

Der Umfang der Verschwiegenheitspflicht der Banken richtet sich maßgeblich nach dem Willen des Bankkunden. So muss die Bank Geheimhaltung wahren, wenn der Kunde dies wünscht. Das gilt selbst dann, wenn aus objektiver Sicht kein vernünftiges Interesse an der Geheimhaltung besteht.

Beispiel

Herr Schröder hat bei der J-Bank ein Sparkonto eröffnet. Im Rahmen der Geschäftsverbindungen hat die J-Bank Kenntnis davon erlangt, dass Herr Schröder verheiratet ist. Dies soll nach Herrn Schröders ausdrücklichem Wunsch aber nicht nach außen getragen werden, obwohl es in der Stadt allgemein bekannt ist und sogar im Telefonbuch steht. Obwohl es objektiv keinen Grund gibt, warum die Bank die Information, dass Herr Schröder verheiratet ist, nicht an Dritte weitergeben sollte, muss die Bank sich daran halten, weil Herr Schröder es so wünscht. Sie darf die Information nicht weitergeben.

Inhaltlich muss die Bank über alle kundenbezogenen Tatsachen Verschwiegenheit wahren, die sie im Rahmen des Geschäftsverhältnisses erfährt. Das umfasst zum einen das Bestehen des Geschäftsverhältnisses zum Kunden an sich, sodass niemand erfahren darf, dass und welche Verträge zwischen Bank und Kunden verhandelt oder abgeschlossen werden. Darüber hinaus müssen sämtliche Fakten, die die persönliche und finanzielle Lage des Kunden betreffen, aber auch Beweggründe und Überlegungen, die der Kunde im Rahmen des Geschäftskontaktes anstellt, geheim gehalten werden. Bankgeschäftliche Details, z.B. wann Kontoverfügungen vorgenommen wurden oder wann Kreditrahmen ausgeschöpft sind, unterliegen ebenfalls der Geheimhaltung.

Bestehen Unsicherheiten, ob der Kunde bezüglich eines Umstandes Geheimhaltung wünscht, muss die Bank seinen Willen ermitteln. Bleiben Zweifel, ist davon auszugehen, dass alles, was die Bank im Rahmen der Geschäftsbeziehung erfährt, der Geheimhaltungspflicht unterliegt.

Das Bankgeheimnis besteht nicht erst ab dem Vertragsschluss sondern schon dann, wenn sich ein Vertrag zwischen Kunden und Bank anbahnt. Ab der Kontaktaufnahme zwischen Bank und Bankkunden ist die Bank also zur Geheimhaltung verpflichtet.

Das Bankgeheimnis besteht nach Beendigung der vertraglichen Beziehungen bzw. des geschäftlichen Kontakts weiter.

5.3. Rechtsfolgen bei Verletzung des Bankgeheimnisses

Verletzt die Bank ihre Verschwiegenheitspflichten, so können für die Kunden Schadensersatzansprüche und Kündigungsrechte entstehen. Die Bank können darüber hinaus strafrechtliche Sanktionen treffen.

5.3.1. Schadensersatz

Durch die Verletzung des Bankgeheimnisses verletzt die Bank ihre vertraglichen Pflichten gegenüber dem Kunden, sodass vertragliche Schadensersatzansprüche bestehen können. Daneben sind durch die Verschwiegenheitsbrüche auch Verletzungen des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts oder Eingriffe in den ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb des Kunden denkbar. Damit können deliktische Schadensersatzansprüche einhergehen.

Im Rahmen jedes Schadensersatzanspruchs muss die Bank alle Schäden ersetzen, die dem Bankkunden durch die Verletzung der Geheimhaltungspflichten entstanden sind. Der Kunde ist so zu stellen, wie er ohne die Pflichtverletzung stehen würde.

Dabei haftet die Bank für Verletzungen der Verschwiegenheitspflicht durch ihre Angestellten.

Beispiel

Die Firma Walther hat bei der P-Bank ihr Firmenkonto eingerichtet, auf dem alle Umsätze und Ausgaben der Firma verzeichnet werden. Ein Bankangestellter der P-Bank gibt Informationen über die angespannte finanzielle Lage der Firma Walther an einen Kunden der Firma weiter. Der Kunde sagt darauf hin bereits konkret geplante Aufträge mit der Firma Walther ab, die zu einem Gewinn für die Firma in Höhe von 5.000 EUR geführt hätten.

Durch die Weitergabe der Informationen hat der Bankangestellte das Bankgeheimnis verletzt, was der P-Bank zurechenbar ist. Der entgangene Gewinn in Höhe von 5.000 EUR führt zu einem Schadensersatzanspruch der Firma Walter gegen die P-Bank in Höhe von 5.000 EUR.

Das Bankgeheimnis dient nicht dazu, dass Bankkunden sich rechtswidrig verhalten können. Verletzt die Bank ihre Verschwiegenheitspflicht, indem sie den Steuerbehörden Auskünfte erteilt und muss der Kunde infolgedessen Steuern nachzahlen, so entsteht kein Schadens-ersatzanspruch gegen die Bank. In solchen Fällen ist davon auszugehen, dass das Vermögen des Kunden auch schon vor der Pflichtverletzung der Bank mit der Steuerverbindlichkeit belastet war. Er soll durch die Pflichtverletzung keine Besserstellung erfahren.

5.3.2. Kündigung

Gemäß Nr. 18 Abs.2 der AGB-Banken und Nr. 26 Abs. 2 der AGB-Sparkassen können Bankkunden ihre Verträge kündigen, wenn das Vertrauen zur Bank so tiefgreifend erschüttert ist, dass die Fortsetzung der Geschäftsverbindung für den Kunden nicht mehr zumutbar ist.

Die Voraussetzungen hierfür sind in jedem Einzelfall nach den konkreten Umständen zu beurteilen, liegen aber oftmals vor, wenn die Bank ihre Geheimhaltungspflichten verletzt hat. Handelt es sich nicht nur um völlig nebensächliche und unbedeutende Informationen, ist es dem Kunden regelmäßig nicht mehr zumutbar, den Vertrag fortzuführen und weitere Bankgeheimnis-Verletzungen durch die Bank zu riskieren.

Beispiel

Frau Hansemann hat bei der W-Bank einen Kredit aufgenommen. Die Laufzeit des Kredits soll noch bis 2016 andauern, vorher kann Frau Hansemann nicht ordentlich kündigen.

Ende 2014 findet Frau Hansemann heraus, dass die Bank immer wieder Informationen über die finanzielle Lage von Frau Hansemann an Dritte weitergegeben hat. Diese Umstände berechtigen Frau Hansemann zur außerordentlichen Kündigung, weil das Vertrauen zur Bank durch die Verletzungen des Bankgeheimnisses so tiefgreifend erschüttert wurde, dass die Fortsetzung der Geschäftsverbindungen für Frau Hansemann nicht mehr zumutbar ist.

5.3.3. strafrechtlicher Schutz

Verstöße gegen das Bankgeheimnis stellen nicht immer nur reine Ordnungswidrigkeiten dar, die gem. § 43 Bundesdatenschutzgesetz mit Bußgeldern geahndet werden können

Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Straftaten vorliegen, die zu empfindlichen Geldstrafen und sogar Freiheitsstrafen zu Lasten der Bank oder deren Mitarbeiter führen können.

Das ist insbesondere der Fall, wenn die Bank Informationen weitergibt, um sich selbst zu bereichern (§ 44 Bundesdatenschutzgesetz).

Beispiel

Frau Franz ist eine bekannte Schauspielerin und hat bei der R-Bank einen Kredit aufgenommen. Weil sie seit langem im Fokus der Öffentlichkeit steht, ruft eines Tages bei der R-Bank ein Journalist an und erbittet Auskunft darüber, ob Frau Franz es jetzt wirklich nötig hätte, Kredite aufzunehmen und wofür der Kredit denn benötigt werde. Für diese Informationen soll die R-Bank 5.000 EUR erhalten. Wenn die Informationen herausgegeben werden, stellt dies einen Verstoß gegen das Bankgeheimnis dar; darüber hinaus hat die Bank das Ziel, sich zu bereichern. Insgesamt liegt daher eine Straftat gem. § 44 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz vor.

Gehört die weitergegebene Information zum persönlichen Lebensbereich des Kunden oder handelt es sich um ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, kann gem. § 203 StGB ebenfalls eine Straftat vorliegen. Eine Strafbarkeit der Banken kann sich schließlich auch nach § 17 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ergeben, wenn es sich um ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis handelt und durch die Weitergabe der Informationen der Bank oder einem Dritten ein wirtschaftlicher Vorteil verschafft oder dem Bankkunden gezielt geschadet werden soll.

Beispiel

Die Firma Z hat bei der B-Bank mehrere Konten, auf denen sämtliche Geschäftsumsätze gebucht werden. Eines Tages erhält der Geschäftsführer der B-Bank einen Anruf von Firma Q, die seit langem mit Firma Z in Konkurrenz steht und endlich die Firma Z ausstechen will. Firma Q fordert den Geschäftsführer der B-Bank auf, ihr Informationen über die Geldflüsse der Firma Z zu erteilen, um besser planen zu können, wie sie Firma Z schaden kann. Dafür soll die B-Bank 200.000 EUR als „Ersatz für ihre Umstände“ erhalten. Der Geschäftsführer der B-Bank willigt ein und gibt die Informationen über Firma Z heraus.

Hier liegt ein gravierender Verstoß gegen das Bankgeheimnis vor, mit dem Ziel, die Bank zu bereichern. Die Geschäftsumsätze sind ein Betriebsgeheimnis, sodass eine Straftat gem. § 17 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vorliegt.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditvertragsrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Alena Kehret, wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9.


 

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Autor(-en):
Carola Ritterbach
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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Dezember 2014


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Über die Autoren:

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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