Kreditsicherheiten – Teil 39 – Zweiterwerb der Grundschuld: Abtretung der Forderung / Grundschuld


Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Daria Lehmann
wissenschaftliche Mitarbeiterin


9.8. Zweiterwerb der Grundschuld

Da Grundschuld und Forderung nicht voneinander abhängig sind, können sie getrennt voneinander übertragen werden, es sei denn, die separate Abtretung der Grundschuld bzw. der Forderung wurde im Sicherungsvertrag ausgeschlossen. Bei einer getrennten Abtretung werden die Forderung und die Grundschuld an verschiedene Personen abgetreten. Die Parteien können ein Abtretungsverbot vereinbaren, das zu seiner Wirksamkeit ins Grundbuch eingetragen werden muss. Eine mündliche Vereinbarung ist nicht ausreichend. Des Weiteren muss bei der Abtretung der Grundschuld zwischen Brief- und Buchgrundschuld differenziert werden.

9.8.1. Abtretung der Forderung

Die Forderung, die durch die Sicherungsgrundschuld besichert wird, kann vom Gläubiger an einen Dritten abgetreten werden. Tritt der Gläubiger die durch eine Grundschuld gesicherte Forderung an einen Dritten ab, hat der Schuldner einen neuen Vertragspartner. Weil die Sicherungsgrundschuld nicht akzessorisch ist, geht sie nicht automatisch auf den neuen Gläubiger mit über. Der Inhaber der Sicherungsgrundschuld und der Inhaber der Forderung können somit auseinanderfallen.

Der Schuldner darf aber durch die Abtretung nicht schlechter gestellt werden, als er ohne die Abtretung stünde. Deshalb kann der Schuldner der Forderung gegenüber seinem neuen Gläubiger alle Einreden geltend machen, die gegenüber dem alten Gläubiger bestanden. Somit kann er sich insbesondere auf ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem neuen Gläubiger berufen: er kann seine Zahlung zurückbehalten, bis der alte Gläubiger, der immer noch die Grundschuld hat, die Grundschuld gemäß dem Sicherungsvertrag an den Eigentümer zurückübertragen oder gelöscht hat. Der Schuldner ist dann Zug um Zug zur Zahlung gegenüber dem neuen Gläubiger verpflichtet.

Beispiel

Herr Tor nimmt bei Frau Frei einen Kredit in Höhe von 1.000 Euro auf. Dafür bestellt er Frau Frei eine Sicherungsgrundschuld. Frau Frei tritt nun den Rückzahlungsanspruch gegen Herrn Tor an ihre Bekannte Frau Weiler ab. Die Sicherungsgrundschuld behält sie.

Fordert nun Frau Weiler von Herrn Tor Zahlung, kann er die Zahlung solange verweigern, bis Frau Frei die Grundschuld gelöscht oder an ihn zurückübertragen hat. Herr Tor muss die Zahlung an Frau Weiler dann Zug um Zug gegen Löschung oder Rückübertragung der Grundschuld durch Frau Frei leisten.

Wurde im Sicherungsvertrag ein Abtretungsverbot vereinbart, kann der Gläubiger die Forderung nicht abtreten.

9.8.2. Abtretung der Grundschuld

Genau wie die Forderung kann die Grundschuld an einen Dritten übertragen werden. Dies ist möglich, ohne dass der Dritte zugleich Inhaber der Forderung wird, denn die Grundschuld ist nicht akzessorisch.

Bei der Abtretung der Grundschuld ist zwischen der Buch- und Briefgrundschuld zu unterscheiden.

9.8.2.1. Abtretung der Buchgrundschuld

Die Abtretung der Buchgrundschuld geschieht durch Einigung zwischen Neu- und Altgläubiger sowie Eintragung im Grundbuch. Die Einigung kann bis zur Eintragung widerrufen werden.

Beispiel

Herr Tor nimmt bei Frau Frei einen Kredit in Höhe von 1.000 Euro auf. Als Sicherheit bestellt er Frau Frei eine Buchgrundschuld. Will Frau Frei nun die Grundschuld auf ihren Bekannten Herrn Heller übertragen, muss sie sich mit ihm über den Übergang der Grundschuld einigen und Herr Heller muss im Grundbuch als neuer Grundschuld-Inhaber eingetragen werden. Erst mit der Eintragung wird der Grundschulderwerb wirksam.

9.8.2.2. Abtretung der Briefgrundschuld

Bei der Briefgrundschuld genügt neben der Einigung die Übergabe des Grundschuldbriefs. Neben der körperlichen Übergabe ist die Vereinbarung eines Besitzkonstituts oder eine Abtretung des Herausgabeanspruchs gegen den Briefbesitzer möglich.

Beispiel

Herr Tor nimmt bei Frau Frei einen Kredit in Höhe von 1.000 Euro auf. Als Sicherheit bestellt er Frau Frei eine Briefgrundschuld. Frau Frei erhält den Grundschuldbrief.

Will Frau Frei nun die Grundschuld auf ihren Bekannten Herrn Heller übertragen, muss sie sich mit ihm über den Übergang der Grundschuld einigen und Herrn Heller den Grundschuldbrief übergeben. Erst mit der Übergabe wird Herr Heller Inhaber der Grundschuld.

Befindet sich der Brief gerade nicht bei Frau Frei, sondern bei deren Ehemann Herrn Frei, kann Frau Frei ihren Herausgabeanspruch bzgl. des Briefes gegenüber ihrem Mann an Herrn Heller abtreten. Dies reicht zur wirksamen Übertragung der Grundschuld aus. Die tatsächliche körperliche Übergabe des Briefes ist für die Wirksamkeit der Übertragung entbehrlich.

9.8.2.3. Verhältnis Eigentümer und neuer Grundschuldgläubiger

Der Eigentümer darf durch die Abtretung der Grundschuld nicht schlechter stehen als ohne die Abtretung.

Er kann daher gegenüber dem neuen Grundschuld-Inhaber alle Einwendungen und Einreden geltend machen, die er zum Zeitpunkt der Abtretung gegen den Alt-Inhaber der Grundschuld hatte sowie die Einwendungen aus dem Sicherungsvertrag. Der Eigentümer kann z.B. dem neuen Grundschuldinhaber entgegen halten, dass die Grundschuld nicht wirksam entstanden ist.

Beispiel

Herr Tor nimmt bei Frau Frei einen Kredit in Höhe von 1.000 Euro auf. Als Sicherheit bestellt er Frau Frei eine Grundschuld. In dem Sicherungsvertrag ist vereinbart, dass die Rückforderung von Frau Frei erst am 01.06.2015 fällig wird und daher die Grundschuld nicht vor dem 01.06.2015 verwertet werden darf. Frau Frei überträgt die Grundschuld am 01.01.2015 an ihren Bekannten Herr Holz. Dieser will sofort aus der Grundschuld vorgehen.

Herr Tor kann Herrn Holz den Sicherungsvertrag entgegenhalten, aus dem sich ergibt, dass eine Verwertung nicht vor dem 01.06.2015 erfolgen darf. Herr Holz darf erst ab dem 01.06.2015 verwerten.

Um eine doppelte Inanspruchnahme - einmal vom Forderungsinhaber und einmal vom neuen Grundschuldinhaber - zu vermeiden, kann der Grundstückeigentümer, der zugleich Schuldner ist, der Inanspruchnahme aus der Grundschuld entgegenhalten, dass die Grundschuld nur gegen Befreiung aus der Forderung des Gläubigers verwertet werden darf.

Die Einreden und Einwendungen des Sicherungsgebers können vom Grundschulderwerber nicht mit dem Argument abgelehnt werden, dass er von den Einwendungen und Einreden nichts gewusst habe.

Wird die Forderung erfüllt, hat der Grundstückseigentümer gegen den neuen Grundschuldinhaber nicht immer einen Anspruch auf Rückübertragung der Grundschuld. Das liegt daran, dass der Grundschulderwerber nicht automatisch anstelle des Alt-Grundschuldinhabers in den Sicherungsvertrag mit dem Grundstückseigentümer eintritt. Parteien des Sicherungsvertrages bleiben also der Alt-Grundschuldinhaber und der Grundstückeigentümer, sofern der Grundschulderwerber sich nicht ausdrücklich dazu bereiterklärt, in den Sicherungsvertrag einzutreten.

Dadurch, dass der Grundschulderwerber nicht Partei des Sicherungsvertrages wird, hat der Grundstückseigentümer gegen den Erwerber keinen Anspruch auf Rückübertragung der Grundschuld, wenn die Forderung beglichen wird. Er kann aber - wie oben dargelegt - dem Grundschulderwerber alle Einreden entgegenhalten, die er auch gegen den Alt-Grundschuldeigentümer hatte. Weil bei Erfüllung der besicherten Forderung ein Anspruch des Grundstückeigentümers auf Rückerhalt oder Löschung der Grundschuld entsteht, den er einer erneuten Inanspruchnahme aus der Grundschuld entgegenhalten kann, kann er diese Einrede auch dem neuen Grundschulderwerber entgegenhalten, sobald die Forderung beglichen ist. Dies ist eine dauerhafte Einrede. Somit kann der Grundstückseigentümer von dem Grundschulderwerber gem. § 1169 BGB den Verzicht auf die Grundschuld verlangen.

Kurzum: ist die Forderung beglichen, hat der Grundstückseigentümer gegenüber dem Neuerwerber der Grundschuld einen Anspruch auf Verzicht auf die Grundschuld.

Im Falle eines fälligen Teilbetrags, ist der Anspruch auf Rückübertragung ausgeschlossen. Der Schuldner kann aber gegenüber dem Neu-Gläubiger die - vorausgesetzt es besteht kein weiterer ausdrücklicher Finanzierungsbedarf - die Einrede der Nichtvalutierung erheben.

Beispiel

Zur Besicherung eines Darlehens i.H.v. 80.000 Euro bestellt Herr Emil eine Sicherungsgrundschuld an seinem Grundstück im Wert von 80.000 Euro zugunsten der Berlin-Bank. Herr Emil nimmt jedoch nur 30.000 Euro des Darlehens in Anspruch. Die Grundschuld wird von der Berlin-Bank auf Herrn Zaun übertragen.

Herr Zaun nimmt Herrn Emil auf Zahlung von 80.000 Euro in Anspruch und droht an, in dieser Höhe die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Da Herr Emil sich nur eines Teilbetrags des Darlehens bedient hat, steht ihm gegen Herrn Ziemlich die Einrede der Nichtvalutierung in Höhe des nicht ausgezahlten Betrags zu.

9.8.2.4. Gutgläubiger Erwerb der Grundschuld

Ist die Grundschuld nicht wirksam bestellt worden, besteht für den Dritten die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs der Grundschuld gem. § 892 BGB, wenn er von dem Fehler der Grundschuld nichts weiß.

Beispiel

Herr Schöne lässt an seinem Grundstück zur Besicherung eines Kredits bei der G-Bank eine Grundschuld bestellen. Die G-Bank wird im Grundbuch als Grundschuldinhaberin eingetragen.

Die Einigung über die Grundschuld ist jedoch nichtig, da Herr Schöne bei Vertragsschluss so betrunken war, dass er nicht geschäftsfähig war. Das stellt sich aber erst im Januar 2015 heraus. Bereits im Dezember 2014 hat die G-Bank die Grundschuld an die X-Bank übertragen, die von der Geschäftsunfähigkeit von Herrn Schöne bei Vertragsschluss keine Kenntnis hatte. Sie hat auf die Grundschuldinhaberschaft der G-Bank vertraut, weil diese im Grundbuch eingetragen war. Die X-Bank erwirbt die Grundschuld gutgläubig, § 892 BGB.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditsicherheiten“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Daria Lehmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27.


 

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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2015


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Über die Autoren:

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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