Kreditsicherheiten – Teil 32 – Sicherungsabtretung: Gegenstände und Arten


Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Daria Lehmann
wissenschaftliche Mitarbeiterin


8. Sicherungsabtretung

Wird dem Gläubiger zur Sicherung seiner Forderung gegen den Schuldner eine Forderung abgetreten, welche dem Schuldner gegen einen Dritten zusteht, spricht man von einer Sicherungsabtretung (Sicherungszession).
Der Gläubiger erlangt die Position des sog. Zessionars (neuer Gläubiger). Als Zedent bezeichnet man den ursprünglichen Gläubiger.

Beispiel

Herr Sauer nimmt bei der Bank ein Darlehen auf. Als Sicherheit tritt Herr Sauer an die Bank eine ihm gegen Herrn Daum zustehende Forderung aus einem Kaufvertrag ab.
Die Bank ist nun Inhaberin der Forderung. Kann Herr Sauer die Darlehensraten nicht mehr bedienen, kann die Bank Herrn Daum auf Zahlung des Kaufpreises in Anspruch nehmen.

8.1. Gegenstände

Gegenstand der Sicherungsabtretung können übertragbare Rechte aller Art sein. Nachfolgend geht es insbesondere um die Übertragung von (monetären) Forderungen.

8.2. Arten

Es gibt unterschiedliche Abtretungen, die sich nach dem Umfang bzw. der Kenntnis des Schuldners der als Sicherheit dienenden Forderung unterscheiden.

8.2.1. Globalabtretung

Bei der Globalabtretung werden nicht nur eine, sondern mehrere Forderungen abgetreten. Nicht selten ist der Fall, dass der SN sich alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen aus einer bestimmten Geschäftsverbindung oder des Unternehmens abtreten lässt.

Beispiel

Die Müller Sicherheit GmbH tritt an ihre Bank alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen gegen alle Drittschuldner mit den Anfangsbuchstaben A bis Z zur Sicherheit für eine Darlehensforderung ab.
Die gegenwärtigen Forderungen gehen beim Vertragsschluss und die künftigen mit ihrer Entstehung auf die Bank über.

Die Vereinbarung der Globalabtretung kann sittenwidrig sein, wenn Forderungen, die in Verbindung mit einem verlängerten Eigentumsvorbehalt entstehen, abgetreten werden.

Beispiel

Händler Hubert benötigt einen Kredit, der ihm sein Geschäftskollege Werner gewährt. Hubert tritt an Werner zur Sicherung der Kreditverbindlichkeit alle künftigen und gegenwärtigen Forderungen ab. Lieferant Ludwig beliefert Händler Hubert mit Waren. Da Händler Ludwig den Kaufpreis nicht sofort bezahlen kann und die Waren erst weiter verkaufen muss, um die Forderung des Lieferanten Ludwig begleichen zu können, behält sich dieser das Eigentum an den Waren vor. Gleichzeitig wird Händler Hubert ermächtigt, die Forderungen aus dem Weiterverkauf der Waren gegen seine Kunden einzuziehen und diese an den Lieferanten abzutreten (Besonderheit des verlängerten Eigentumsvorbehalts).
Hubert kommt seiner Ratenzahlung gegenüber seinem Geschäftspartner Werner nicht mehr nach. Werner möchte sich nun aus der Sicherungsabtretung befriedigen und verlangt von dem Kunden Knut, an den Hubert Waren von Ludwig verkauft hat und der diese noch nicht bezahlt hat, Zahlung des Kaufpreises.

Knut kann die Zahlung an Werner verweigern, weil die Sicherungsabtretung der Forderungen, die Hubert an Ludwig auf Grund des verlängerten Eigentumsvorbehalts vornehmen musste, sittenwidrig war. Verlangt Knut nun von einem anderen Kunden, an den keine Waren des Ludwig geliefert wurden, Zahlung, kann auch dieser die Zahlung verweigern. Die Globalabtretung war insgesamt unwirksam. Knut kann nur von Hubert Zahlung verlangen, ohne sich bei einem Dritten auf Grund eines Sicherungsrechts schadlos halten zu können.

Das Beispiel zeigt, dass die gleichen Forderungen mehrmals abgetreten werden können. Grundsätzlich gilt bei kollidierenden Abtretungen das Prioritätsprinzip, wonach die frühere den späteren Abtretungen vorgeht.

In der Regel werden Globalzessionen mit Kreditgebern zeitlich vor dem verlängerten Eigentumsvorbehalt vereinbart. Der Händler, der gegenüber seinem Lieferanten aus dem verlängerten Eigentumsvorbehalt zur Abtretung der Forderungen verpflichtet ist, ist zum Erhalt der Ware nun gezwungen, die zeitlich frühere Abtretung an den Kreditgeber zu verschweigen.
Dem Händler wird der Vertragsbruch in dieser Situation „aufgedrängt“. Auf Grund dessen sind Globalabtretungen, die Forderungen aus dem verlängerten Eigentumsvorbehalt erfassen, in der Regel sittenwidrig. Wird der verlängerte Eigentumsvorbehalt vor der Globalzession vereinbart, so gilt das Prioritätsprinzip, wonach der verlängerte Eigentumsvorbehalt erstrangig ist.

Auf Grund dessen sind Banken zur Vermeidung der Sittenwidrigkeit dazu übergegangen, dinglichen Teilverzichtsklauseln in ihre AGB zur Sicherungsabtretung aufzunehmen, in denen die Banken auf die Abtretung derjenigen Forderungen, die der Schuldner auf Grund eines verlängerten Eigentumsvorbehaltes an seine Lieferanten abtreten muss, verzichtet.
Beispiel

Der Kreditgeber Werner und der Händler Hubert vereinbaren in dem obigen Beispiel: „Falls eine Forderung durch diese Globalzession abgetreten ist, die künftig ganz oder teilweise Gegenstand des branchenüblichen verlängerten Eigentumsvorbehalts eines Lieferanten ist, wird die Bank auf Verlangen des Lieferanten (…) entweder die Forderung an den Lieferanten abtreten oder ihn aus den von ihr aufgrund der Globalzession einbezogenen Erlös befriedigen.“ Wenn nun der Kreditgeber Werner an den Kunden Knut herantritt und Zahlung des Kaufpreises verlangt, weil Hubert seinen Ratenzahlungen auf den gewährten Kredit nicht mehr nachkommt, ist Knut zur Zahlung verpflichtet. Der Lieferant Ludwig kann von Werner die Auszahlung des Erlöses verlangen.

8.2.2. Mantelabtretung

Bei der Mantelabtretung verpflichtet sich der Sicherungsgeber gegenüber dem Sicherungsnehmer laufend Forderungen z.B. aus dem Geschäftsbetrieb abzutreten.

Um den Überblick über die abgetretenen Forderungen zu behalten, wird vereinbart, die Forderungsabtretung auf einer bestimmten Höhe - durch eine sog. Deckungsgrenze - zu halten. Abgesehen davon hat der Schuldner in regelmäßigen Abständen dem Gläubiger sog. Zessionslisten vorzulegen. Die Listen gewährleisten einen aktuellen Einblick über die gegenwärtigen und künftigen Forderungen, die zur Sicherheit abgetreten sind.

8.2.3. Offene Abtretung

Bei der offenen Abtretung wird der Drittschuldner von dem Sicherungsnehmer über die Abtretung informiert und aufgefordert, nur noch an den Sicherungsnehmer zu leisten.

8.2.4. Stille Abtretung

Wird der Drittschuldner über die Abtretung nicht informiert, spricht man von einer stillen Abtretung. Im Gegensatz zur offenen Abtretung wird das Ansehen des Sicherungsgebers gegenüber dem Drittschuldner gewahrt.

Die Tatsache, dass der Drittschuldner nach der Abtretung einem neuen Gläubiger gegenübersteht, bedarf eines besonderen Schuldnerschutzes. Anders als bei der offenen Abtretung kann der Drittschuldner mit schuldbefreiender Wirkung an seinen ursprünglichen Gläubiger, den Sicherungsgeber, leisten gem. § 407 BGB.

Auf Grund dieser Regelung wird üblicherweise eine Offenlegung der Abtretung vereinbart.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditsicherheiten“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Daria Lehmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27.


 

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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2015


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Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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