Kreditforderungen zu Eigenkapital: Debt-Equity-Swaps im Insolvenzplanverfahren
Im Rahmen der Neufassung der Regelungen über das Insolvenzplanverfahren hat der Gesetzgeber ausdrücklich die Möglichkeit eines Debt-Equity-Swaps berücksichtigt. Anlass genug, sich in dem nachfolgenden Artikel mit diesem Instrument näher zu beschäftigen.
Inhalt: Debt-Equity-Swap
Bei einem Debt-Equity-Swap geht es im Wesentlichen um die Umwandlung von Kreditforderungen in Eigenkapital. In der Regel erfolgt dies in Kombination miteinem Kapitalschnitt und Zuführung neuen Kapitals.
Aus Sicht der Gesellschaft: steht die Sanierung durch Vermeidung der Überschuldung und Wiederherstellung der Kreditfähigkeit durch Verminderung der Schulden und Stärkung des (in der Regel aufgezehrten) Eigenkapitals sowie die Verbesserung der Liquidität durch Zuführung neuer Liquidität und durch Verminderung der Tilgungs- und Zinsverpflichtungen im Vordergrund. Aus Sicht des (fremden) Übernehmers zielt die Maßnahme auf den Erwerb von Forderungen und die Realisierung des nicht umgewandelten Kredits und des equity values der Beteiligung nach erfolgreicher Sanierung ab. Unabdingbare Voraussetzung ist ein gesundes bzw. sanierungsfähiges operatives Geschäft mit vorhersehbarem Cash Flow. Die Bereitschaft der Kreditgeber sowie die Zustimmung der Altgesellschafter zum Kapitalschnitt, sollen durch das ESUG auch bei Widerstand Einzelner erreicht werden.
Für die Gläubiger bzw. fremde Investoren besteht nun die Chance, über Gesellschafterrechte das operative Geschäft der Gesellschaft und Sanierung beeinflussen zu können und so die Sanierung zu erreichen. Zudem ergib sich ein hoher potentieller Leverage, da bestehendes Eigenkapital zumeist fast wertlos ist. Allerdings besteht zugleich das Risiko, dass nach vollzogenem Debt-Equity-Swap ein Totalverlust eintritt, da Kredite und Eigenkapital verloren sind und der Gläubiger seine Sicherheiten verliert.
Ein Kapitalschnitt im Wege der „vereinfachten" Kapitalherabsetzung nach § 58a GmbHG / §§ 229 ff. AktG führt zur Beseitigung der Unterbilanz durch Verrechnung des Grund- bzw. Stammkapitals mit Verlusten. Dabei ist ein Unterschreiten des Mindestnennkapitals bis auf „Null", insbesondere bei Überschuldung möglich, erfordert aber eine anschließende Aufholung durch Kapitalerhöhung. Dies führt zu einer Anpassung des Nennbetrages der Geschäftsanteile/Aktien bei Unterschreiten des Mindestnennbetrages durch Zusammenlegung der Anteile. Frei werdende Mittel dürfen nunmehr nur zum Verlustausgleich und zur Rücklagendotierung verwendet werden, nicht aber zur Ausschüttung an die Gesellschafter. Der Vorteil eines solchen Vorgehens besteht darin, dass Sicherheitsleistungen zugunsten der Gläubiger und das Sperrjahr entfallen.
Voraussetzungen
Damit der Gläubiger bzw. Investor eintreten kann, ist sodann erforderlich, dass die Altgesellschafter vom Bezugsrecht bezüglich der neuen Anteile ausgeschlossen werden.
Die Forderung des Gläubigers erlischt sodann durch Konfusion oder durch die Regelungen des Insolvenzplans im Wege des Erlasses, wobei die Bareinlageverpflichtung mit der Forderung verrechnet wird.
Offene Fragen
Steuerlich sind in der Folge des ESUG einige Fragen offen. So ist ungeklärt, wie die Forderung zu bewerten ist. Grundsätzlich ist die Forderung nach Grundsätzen über die Einbringung von Sacheinlagen zu bewerten, d.h. der reale Wert der Forderung ist maßgebend. Da der Forderungswert dem Ausgabebetrag der neuen Anteile entsprechen muss und bei einer AG durch gerichtlich bestellte Prüfer festgestellt werden muss bzw. bei einer GmbH regelmäßig ein entsprechendes Wertgutachten gefordert wird, muss die Forderung fällig, liquide und vollwertig sein. Da das zu sanierende Unternehmen aber sanierungsbedürftig ist, muss regelmäßig ein Abschlag auf den Nennwert der Forderung vorgenommen werden. Anhaltspunkt für die Bewertung ist damit der Kaufpreis, den ein Investor für diese zahlt.
Im Rahmen der Sanierung börsennotierter Unternehmen sind darüber hinaus die Vorgaben des WpHG zu beachten, wie z.B. das Verbot von Insidergeschäften; Ad-hoc Mitteilungspflichten sowie Meldepflichten bei Erreichen bestimmter Beteiligungsschwellen. Ggf. kommt auch ein Pflichtangebot nach WpÜG in Betracht.
Schließlich sind die Fragen der Anfechtungsrisiken durch den Gesetzgeber nicht angesprochen worden. Sollte im Rahmen eines „Schutzschirmverfahrens“, wie es das ESUG vorsieht, bereits ein Debt-Equity-Swap erwogen werden, gilt es diesbezüglich besonders vorsichtig zu agieren, da in dieser Situation allen Beteiligten die Kenntnis von Insolvenzgründen unterstellt werden kann. Folglich kommt ein Debt-Equity-Swap immer erst im Rahmen des Insolvenzplans in Betracht und kann bzw. sollte im Rahmen des Schutzschirmverfahrens genauestens vorbereitet werden. Dabei ist zu beachten, dass der Plan das Verhältnis von Anteilen und Forderungen festlegen muss und der Gleichbehandlungsgrundsatz nur innerhalb einer Gläubigergruppe besteht. Demzufolge ist bei der Planerstellung bereits eine entsprechende Gruppenbildung unerlässlich. Der Einsatz von Debt-Equity-Swaps ist daher sinnvoll, insbesondere wenn Marken, Firma, Lizenzen etc. nicht einzeln übertragen werden können und ein positiver cash-flow zu erwarten ist. Allerdings können in diesem Zusammenhang steuerliche Verlustvorträge verloren gehen und ein Sanierungsgewinn entstehen.
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Über die Autoren:
Guido Friedrich-Weiler, Rechtsanwalt
Guido Friedrich-Weiler ist
- Lehrbeauftragter an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Hellweg-Sauerland in Soest
- Lehrbeauftragter an der F.O.M. Fachhochschule für Ökonomie und Management in Bonn, Köln und Aachen
- Lehrbeauftragter an der Rheinische Fachhochschule Köln
- Dozent bei EIDEN JURISTISCHE SEMINARE
- Vorstand des Bundesverbandes Deutscher Interimmanager und Consultants
- Lehrbeauftrager beim Bildungszentrum der Bundeswehr Mannheim
- Dozent an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie
- Dozent bei Management Circle
- Dozent bei Haub & Partner
- Vortragsreferent bei IMW Bildungsinstitut der Mittelständischen Wirtschaft
- Vortragsreferent bei W.A.F. Betriebsrätefortbildung
Guido-Friedrich-Weiler ist als Interviewpartner für Fragen zur Sanierung in der Insolvenz stand er u.a. Zeitschriften wie der
Wirtschaftswoche, dem Finance Magazin oder dem Deutschlandfunk zur Verfügung.
Darüber hinaus schult er regelmäßig Mitarbeiter/innen von Insolvenzverwaltern sowie Fachanwälte und Fachanwältinnen im Insolvenzrecht.
Rechtsanwalt Guido-Friedrich Weiler berät Gesellschafter und Geschäftsführer und begleitet Insolvenzplanverfahren von der Konzeption des Insolvenzplans bis zur Umsetzung. Eine Ausbildung zum Bankkaufmann und ein betriebswirtschaftliches Studium ermöglichen es ihm, insbesondere Fragen zur Bilanzierung und Bewertung bei der Sanierung von Unternehmen zu durchdringen.
Von 1999 bis 2006 war Guido-Friedrich Weiler bei der Ernst & Young AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätig, zuletzt als Manager und Prokurist im Bereich Transaction Advisory Services, Corporate Restructuring und verfügt über Erfahrungen als sogenannter Grauverwalter. Beim OLG Köln ist Rechtsanwalt Guido-Friedrich Weiler als Sachverständiger für insolvenzrechtliche Fragestellungen tätig. Er ist Mitglied im Arbeitskreis für Insolvenzwesen, Köln.
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