Keine Sperrzeit bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages Teil 1
Seit der Entscheidung des Bundessozialgerichtes am 12.07.2006 (Fußnote) müssen Arbeitnehmer nicht mehr mit der Verhängung einer Sperrzeit rechnen, die anlässlich einer drohenden betriebsbedingten Kündigung mit ihrem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag schließen und eine Abfindungszahlung in Höhe von maximal 0,5 Monatsgehältern pro Jahr der Betriebszugehörigkeit vereinbaren.
Wenn ein Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer betriebsbedingten Kündigung einen Aufhebungsvertrag, der eine Abfindungszahlung vorsah, unterschrieb, musste er damit rechnen, dass die Bundesagentur für Arbeit eine Sperrzeit verhängt. In dieser Zeit – in der Regel 12 Wochen - erhielt der Arbeitnehmer kein Arbeitslosengeld; zusätzlich verkürzte sich die Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld noch um den Zeitraum für den eine Sperrfrist verhängt wurde. Der Arbeitnehmer musste also im Rahmen der Verhandlung über die Höhe der Abfindung den Verlust des Anspruches auf Arbeitslosengeld sozusagen „mitverhandeln“, damit er nicht leer ausging. Der Planungshorizont im Rahmen des Ausspruches betriebsbedingter Kündigungen wurde für den Arbeitgeber erschwert und das Budget für die Zahlung von Abfindungen erhöht.
Angesichts einer betriebsbedingten Kündigung mag dieses Ergebnis vielen Arbeitgebern und Arbeitnehmern nicht einleuchten. Durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit Zahlung einer Abfindung mindert sich für Arbeitgeber das Prozessrisiko einer sich an eine betriebsbedingte Kündigung anschließende Kündigungsschutzklage des Arbeitsnehmers. Durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages können die oftmals langen Kündigungsfristen umgangen werden. Der Arbeitnehmer dagegen erhält durch die Zahlung einer Abfindung zusätzlich Geld. Insbesondere, wenn er von der Rechtmäßigkeit der auszusprechenden Kündigung ausgeht, ist nicht einsehbar, warum er für einen Zustand der nicht zu ändern ist (Fußnote), auch noch durch Verhängung einer Sperrzeit bestraft werden soll.
Warum kommt es zur Verhängung einer Sperrzeit? § 144 SGB III enthält die Antwort auf diese Frage. § 144 SGB III bestraft den Arbeitnehmer, der sich versicherungswidrig verhält, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Dadurch, dass der Arbeitnehmer die betriebsbedingte Kündigung nicht abwartet, sondern vielmehr durch Unterschrift auf dem zuvor geschlossenen Aufhebungsvertrag am „Verlust des Arbeitsplatzes“ mitwirkt, hat er das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch die Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt. Die Versichertengemeinschaft soll für ein selbst verursachtes Risiko nicht aufkommen. Die Sperrzeit verhindert dies.
Nur in Ausnahmefällen lag in diesen Situationen nach bisheriger Rechtsprechung ein wichtiger Grund vor, der den Verzicht auf eine Sperrzeit rechtfertigte. So ein Fall lag beispielsweise vor, wenn der Arbeitnehmer bereits auf einer „Namensliste“ im Rahmen einer Sozialauswahl stand. Diese Ungerechtigkeit bei Verhängung einer Sperrzeit nach Abschluss eines Aufhebungsvertrags und die seit 1.1.2004 geltende Regelung des § 1 a Kündigungsschutzgesetz, rechtfertigen die Änderung der Rechtsprechung zum Thema „Sperrfrist“.
Der Arbeitnehmer hat im Falle einer betriebsbedingten Kündigung nach verstreichen lassen der dreiwöchigen Klagefrist einen Anspruch auf Abfindung, § 1 a Kündigungsschutzgesetz. Für jedes Jahr der Beschäftigung beträgt die Höhe der Abfindung 0,5 Monatsverdienste. Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages ist nicht erforderlich. Insoweit kommt das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 12.07.2006 auch zu dem Ergebnis, dass bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages anlässlich einer drohenden betriebsbedingten Kündigung eine Sperrzeit nicht gerechtfertigt ist. Das gilt, solange sich die Höhe der Abfindung innerhalb des vorgegebenen Rahmens des § 1 a Kündigungsschutzgesetzes bewegt. Arbeitgeber und Arbeitnehmer erlangen mit dieser neuen Rechtsprechung bei Verhandlungen über die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses wesentlich mehr Rechts- und Planungssicherheit.
Kontakt: info@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: 13.09.2007
Wir beraten Sie gerne persönlich, telefonisch oder per Mail. Sie können uns Ihr Anliegen samt den relevanten Unterlagen gerne unverbindlich als PDF zumailen, zufaxen oder per Post zusenden. Wir schauen diese durch und setzen uns dann mit Ihnen in Verbindung, um Ihnen ein unverbindliches Angebot für ein Mandat zu unterbreiten. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.
Wir bitten um Ihr Verständnis: Wir können keine kostenlose Rechtsberatung erbringen.
Das Referat Arbeitsrecht wird bei Brennecke & Partner Rechtsanwälte betreut von:
Rechtsanwältin Monika Dibbelt
Rechtsanwalt Tilo Schindele
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht Guido-Friedrich Weiler
Rechtsanwalt Harald Brennecke
Normen: § 1 a KSchG, § 144 SGB III
Mehr Beiträge zum Thema finden Sie unter:
Rechtsinfos/ Arbeitsrecht/ Kündigung/ Fristlose KündigungRechtsinfos/ Arbeitsrecht/ Arbeitslosigkeit
Rechtsinfos/ Arbeitsrecht/ Vergütung
Rechtsinfos/ Familienrecht