Kein Rechtsirrtum zu Gunsten von Banken bei der Aufklärungspflicht über Rückvergütungen
Schadensersatz wegen fehlender Aufklärung über Rückvergütungen bei Verträgen, die vor 2006 abgeschlossen wurden
Viele Fonds-Gesellschaften zahlen an Banken Provisionen, wenn die Banken bestimmte Anlagen der Fonds-Gesellschaften an ihre Kunden vermitteln. Über solche Rückvergütungen, auch „Kick-Backs“ genannt, müssen Banken ihre Kunden im Rahmen von Anlageberatungs-Verträgen aufklären und die Rückvergütungen offen legen. So soll gewährleistet werden, dass die Kunden sich darüber bewusst sind, dass die Bank ein gewisses Interesse daran hat, bestimmte Anlagen zu empfehlen und daher nicht völlig neutral ist. Verstößt die Bank gegen ihre Aufklärungspflichten, hat der Kunde Schadensersatzansprüche gegen die Bank, die den Kunden so stellen, als habe er die betroffene Anlageentscheidung nicht getroffen.
Über die Aufklärungspflicht der Banken über Rückvergütungen wurde erstmals im Jahre 2006 vom Bundesgerichtshof in einem Urteil entschieden.
Es stellt sich deshalb die Frage, ob Kunden, die vor 2006 Verträge abgeschlossen haben, Schadensersatzansprüche gegen ihre Bank geltend machen können, wenn die Bank sie nicht über Rückvergütungen aufgeklärt hat.
Viele Banken lehnen dies ab. Sie argumentieren damit, dass sie vor der Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2006 nicht wissen konnten, dass der Bundesgerichtshof eine Aufklärungspflicht über Rückvergütungen begründet werden würde. Selbst bei sorgfältiger Prüfung der Rechtslage hätten sie damit auch nicht rechnen können. Daher sei ihnen kein Verschuldensvorwurf zu machen, wenn sie die Kunden nicht aufgeklärt hätten.
Diese Ansicht der Banken ist falsch. Vielmehr konnten Banken schon vor dem Urteil aus dem Jahr 2006 wissen, dass eine Aufklärungspflicht über Rückvergütungen besteht.
Bei sorgfältiger Prüfung der Rechtslage gab es für Banken schon seit 1984 viele Anhaltspunkte dafür, dass das Verschweigen von Rückvergütungen von der Rechtsprechung untersagt werden würde. Das Bestehen einer Aufklärungspflicht war für die Banken schon seit 1984 vorhersehbar, sodass einer Bank Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist, wenn sie vor 2006 nicht über Rückvergütungen aufgeklärt hat.
Denn bereits 1984 gab es eine Rechtsprechung des BGH, in der ausdrücklich das Verschweigen von Rückvergütungen missbilligt wurde, was auch in der juristischen Literatur unterstützt wurde. Somit mussten die Banken dieses 1984 ergangene Urteil des BGH zum Anlass nehmen, ihre Geschäftspraxis bzgl. des Verschweigens der Rückvergütungen einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen. Diese Prüfung hätte ergeben müssen, dass in der Rechtsprechung bereits angelegt war, dass eine Aufklärungspflicht besteht und dass ein dementsprechendes Urteil bei Zeiten ergehen würde. Vor diesem Hintergrund können sich Banken nicht darauf zurückziehen, dass sie nicht damit rechnen konnten, dass die Rechtsprechung eine Aufklärungspflicht bejahen würde. Vielmehr mussten sie seit 1984 davon ausgehen, dass das Verschweigen von Rückvergütungen pflichtwidrig ist.
Die Banken hätten deshalb auch schon vor 2006 ihre Kunden über Rückvergütungen aufklären müssen. Haben sie dies nicht getan, so kann ihnen ein Fahrlässigkeitsvorwurf gem. § 276 BGB gemacht werden, was zu einem Schadensersatzanspruch der Bankkunden führen kann. Der BGH hat in einem neueren Urteil die hier dargestellte Rechtsauffassung bestätigt.
Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: September 2014