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Voraussetzung des Art. 102 AEUV ist, dass ein oder mehrere Unternehmen eine beherrschende Stellung dem relevanten Markt oder einem wesentlichen Teil desselben haben. Hierbei wird zwischen der Einzelmarktbeherrschung und der Oligopolmarktbeherrschung unterschieden.
Mit dem Begriff Marktbeherrschung ist die wirtschaftliche Machtstellung eines Unternehmens gemeint, wodurch dieses in die Lage versetzt wird, einen wirksamen Wettbewerb auf dem relevanten Markt zu verhindern und/oder sich gegenüber seinen Wettbewerbern und Abnehmern weitgehend unabhängig zu verhalten.[1]
Ob das marktbeherrschende Unternehmen hierbei die Stellung eines Monopols oder eines Quasimonopols innehat, ist irrelevant. Vielmehr kann eine beherrschende Stellung bereits dann anzunehmen sein, wenn auf dem Markt noch ein gewisser Wettbewerb herrscht, sofern nur das betreffende Unternehmen in der Lage ist, die Bedingungen, unter denen sich dieser Wettbewerb entwickeln kann, merklich zu beeinflussen, während es seinerseits auf das Verhalten seiner Konkurrenten keine Rücksicht mehr zu nehmen braucht.[2]
Für die wirtschaftliche Machtstellung ist daher vor allem die Fähigkeit des Unternehmens maßgeblich, die Preise zu bestimmen und die Produktion oder die Verteilung zu kontrollieren.[3]
Das zuvor gesagte gilt sowohl für Anbieter als auch für Nachfrager, die eine beherrschende Stellung dann einnehmen können, sobald sie Raum für unabhängige Marktstrategien besitzen.[4]
Das Innehaben einer beherrschenden Stellung ist danach anhand zweier Voraussetzungen festzumachen: Zum einen an der Fähigkeit, den wirksamen Wettbewerb auf dem relevanten Markt zu verhindern und zum anderen an der Möglichkeit zu einer unabhängigen Marktstrategie, insbesondere im Verhältnis zu den Marktpartnern. Die Verhinderung des Wettbewerbs wird insbesondere an der Kontrolle des Marktzugangs sowie des Zugangs zu vor- und nachgeordneten Märkten deutlich, konkret durch die Verweigerung der Belieferung mit den zum Markteintritt erforderlichen Ressourcen zu wettbewerbsfähigen Preisen oder durch vergleichbare Strategien, da dies ein merkliches Anzeichen für das Vorliegen von Marktbeherrschung ist.[5]
Die Ursachen für das Innehaben einer markbeherrschenden Stellung und den daraus resultierenden Verhaltensspielraum des marktmächtigen Unternehmens, den für den Wettbewerb nicht mehr hingenommen werden kann, sind vielfältig. Zu nennen sind das Innehaben eines gesetzlichen Monopols sowie der Besitz wertvoller Schutzrechte oder Marken. Zuvörderst ist allerdings der Marktanteil des jeweiligen Unternehmens maßgeblich.
Das Gewicht anderer Faktoren ist bei der Prüfung der beherrschenden Stellung umso geringer, je höher der Marktanteil eines Unternehmens auf dem fraglichen Markt bereits ist.[6]
Vom Vorliegen einer beherrschenden Stellung wird automatisch in den Fällen ausgegangen, in denen das Unternehmen auf einem wesentlichen Teil des Marktes über ein Monopol verfügt. Ob es sich hierbei um ein faktisches oder rechtliches Monopol handelt, ist für die Bewertung irrelevant.[7]
Falls noch vorhanden, fallen unter Art. 102 AEUV dementsprechend z.B. die nationale Post- und Eisenbahnunternehmen[8], die Deutsche Telekom AG – zumindest im Ortsvermittlungsbereich -, ein französisches Staatsunternehmen mit dem ausschließlichen Recht zum Betrieb der großen Pariser Flughäfen[9], die französischen und italienischen Staatsmonopole EdF; GdF und ENEL für Strom und Gas sowie die Arbeitsvermittlungsmonopole einzelner EU-Mitgliedsstaaten.[10]
Neben einer etwaigen Monopolstellung ist der Besitz wertvoller gewerblicher Schutzrechte von großer Bedeutung. Dieser begründet eine beherrschende Stellung eines Unternehmens allerdings nur in einzelnen Ausnahmefällen. Von einer beherrschenden Stellung ist z.B. dann auszugehen, wenn das Schutzrecht seinem Inhaber die Möglichkeit eröffnet, den Zugang zum Markt zu kontrollieren. Dies ist bei Schlüsselpatenten der Fall, ohne deren Benutzung die Betätigung auf einem bestimmten Markt praktisch nicht möglich ist, sowie bei der Entwicklung eines Schutzrechts zum Industriestandard, dem kein Wettbewerber ausweichen kann, selbst wenn es technische Alternativen geben sollte.[11]
Kann das Innehaben einer Monopol- oder Quasi-Monopol nicht festgestellt werden, kommt es vor allem auf die Höhe des Marktanteils des betreffenden Unternehmens auf dem relevanten Markt an.
Faktoren, die für eine beherrschende Stellung sprechen, sind der Abstand zu den Konkurrenzen, das Gewicht der Marktzutrittsschranken sowie die Dauer des hohen Marktanteils, weil die hervorstechende Stellung eines Unternehmens umso gefestigter erscheint, je länger sie andauert und je höher die Marktzutrittsschranken sind.[16]
Weitere Beispiele für Faktoren, die eine beherrschende Stellung begründen, sind die geringe Austauschbarkeit der eigenen Produkte mit denen der Konkurrenten, besonders enge Beziehungen zur öffentlichen Hand, sonstige gesetzliche Privilegien, herausragende wirtschaftliche Ressourcen, der Besitz besonderer Kenntnisse und Fähigkeiten, ein erheblicher technischer Vorsprung, ein gutes Vertriebsnetz sowie das Fehlen potentiellen Wettbewerbs, insbesondere, wenn es sich dabei um einen lange andauernden Zustand handelt.[17]
Zu den Faktoren gehören unter Umständen auch Marktverhaltenskriterien, insbesondere die Preispolitik eines Unternehmens.[18] Wer die Preise auf dem Markt bestimmt, vor allem, wenn er dadurch gleichzeitig über den Marktzugang anderer Unternehmen entscheidet, hat in aller Regel eine marktbeherrschende Position auf dem relevanten Markt inne.[19]
[1] Emmerich, Kartellrecht, 13. Auflage 2014, § 9 Rn. 23.
[2] Emmerich, Kartellrecht, 13. Auflage 2014, § 9 Rn. 23.
[3] EuG Slg. 2010, II-2645 (2717 f. Tz. 254 ff.) – ICI; Kommission, Leitlinien v. 11.7.2002, ABl. Nr. C 165/6 (14 ff. Tz. 70 ff.).
[4] EuGH Slg. 1985, 1105 (1123 f.) – CICCE/TV France; Kommission, Leitlinien, ABl. 1991 Nr. C 233/1 (16 Tz. 82).
[5] EuGH Slg. 2008, I-4892 Tz. 37 = EuZW 2008, 605 = JuS 2008, 1131 – MOTOE; BGH NJW-RR 2010, 392 (393 Tz. 25 ff.); OLG Hamburg WuW/E DE-R 2381 (2384 ff.).
[6] EuGH Slg. 1982, 3461 (3503 ff.) – Michelin; Slg. 1988, 2507 (2514 f.) – Bodson; Slg. 1991, I-3439 (3452 f.) – Akzo.
[7] EuGH Slg. 1988, I-2557 (2514 f.) – Bodson usw. bis z.B. Slg. 1999, I-5863 (5890 Tz. 91) = ZIP 2000, 34 = WuW/E EU-R 251 = JuS 2000, 609 Nr. 12 – Albany.
[8] EuG Slg. 1997, II-1695 (1714 Tz. 57) = WuW/E EU-R 1 (6) – Deutsche Bahn; Slg. 1998, II-3649 (3679 f. Tz. 94 ff.) = ZIP 1998, 1674 (1681) – Remailing/IECC.
[9] EuGH Slg. 2002, I-9334 (9370 Tz. 106 f.) = WuW/E EU-R 597 – ADP.
[10] EuGH Slg. 1991, I-2010 (2018) – Macrotron.
[11] BGHZ 160, 67 (72 ff.) = NJW-RR 2005, 269 . Standard-Spundfaß; BGHZ 180, 312 = GRUR 2009, 694 – Orange Book; OLG Karlsruhe GRUR-RR 2007, 177 (179) – Orange Book.
[12] EuGH Slg. 1977, 1875 (1903 f.); Slg. 1986, 3021 (3094) – Metro I und II.
[13] EuGH Slg. 1994, I-5671 (5690 f. Tz. 47 ff.) = EuZW 1995, 244 (247).
[14] EuGH Slg. 1978, 207 (290) = NJW 1978, 2439 – Chiquita.
[15] EuGH Slg. 1975, 1663 (1996, 2013) – Suiker Unie; Slg. 1979, 461 (519 ff.) – Hoffmann-La Roche/Vitamine; Slg. 1983, 3461 (3503 ff.) – Michelin; Slg. Slg. 1991, I-3439 (3452 f.) – Akzo; EuG Slg. 1991, II-1439 (1480 f.) – Hilti.
[16] EuGH Slg. 1978, 297 (290) = NJW 1978, 2439 – Chiquita; Slg. 1979, 461 (519 ff.) – Hoffmann-La Roche; Kommission, Mitteilung, ABl. 2009 Nr. C 45/7, Tz. 15-18.
[17] EuGH Slg. 1979, 461 (519 ff.) – Hoffmann-La Roche/Vitamine; Slg. 1983, 3461 (3510 f.) – Michelin; Slg. 1988, 2507 (2514 f.) – Bodson; Slg. 1991, I-3439 (3439 f.) – Akzo; Emmerich, Kartellrecht, 13. Auflage 2014, § 9 Rn. 28a.
[18] Frenz, Rn. 1124 ff. (S. 463 ff.).
[19] EuGH Slg. 1975, 1663 (1996, 2013) – Suiker Unie.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kartellrecht – Eine Einführung“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt, Constantin Raves, Rechtsanwalt, und Alexander Fallenstein, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-77-9.
Rechtsanwalt Schindele berät und vertritt bei Verstößen im Bereich des unlauteren Wettbewerbs, sei es im außergerichtlichen Bereich der Abmahnungen und Abschlussschreiben, im Bereich der einstweiligen Verfügungen oder in gerichtlichen Hauptsacheverfahren. Er prüft Werbeauftritte wi Internetseiten und Prospekte zur Vermeidung von Abmahnrisiken und verhandelt Vertragsstrafevereinbarungen zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr zwischen Verletzern und Verletzten.
Tilo Schindele ist Dozent für Kartellrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
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