Kapitalmarktrecht – Teil 14 – Anwendbarkeit

5.3.1 Anwendbarkeit

Öffentlich ist ein Angebot, wenn es sich an einen unbestimmten Personenkreis richtet. Bei einem Private Placement muss z.B. kein Prospekt nach dem VermAnlG erstellt werden (Fußnote). Bei Genossenschaftsanteilen, Anlagen von Versicherungsunternehmen oder bei Pensionsfonds muss ebenso kein Prospekt erstellt werden, § 2 VermAnlG. Außerdem muss kein Prospekt erstellt werden, wenn sich das Angebot nur an qualifizierte Anleger richtet oder innerhalb von zwölf Monaten nur Anteile im Wert von unter 100.000 Euro veräußert werden oder der Preis für einen Anteil über 200.000 Euro liegt. Für soziale Projekte sieht § 2b VermAnlG eine Ausnahme von der Prospektpflicht vor, wenn

  • für den Vertrieb keine erfolgsabhängige Vergütung gezahlt wird,
  • der Verkaufspreis aller angebotenen Vermögensanlagen des Emittenten 2,5 Mio. Euro nicht überschreitet und
  • der Sollzinssatz nicht mehr als 1,5% oder der marktüblichen Rendite für vergleichbare Anlagen beträgt.

Gem. § 2a VermAnlG muss bei der Schwarmfinanzierung (sog. Crowdfunding) kein Prospekt erstellt werden, wenn das Emissionsvolumen in zwölf Monaten unter 6 Mio. Euro liegt und sichergestellt ist, dass ein einzelner Anleger keine höhere Summe als 1.000 Euro anlegen kann. Gibt ein Anleger eine Selbstauskunft über sein Vermögen ab, kann er bis zu 10.000 Euro investieren, solange er über frei verfügbares Vermögen in Höhe von 100.000 Euro verfügt, oder er kann das Zweifache des durchschnittlichen Monatsnettoeinkommens investieren, höchstens aber 25.000 Euro. Außerdem bezieht sich die Ausnahme gem. § 2a Abs. 3 VermAnlG nur auf Anlageberatung- oder Vermittlung über das Internet. Zwischen dem Unternehmen, dass die Vermittlungsplattform im Internet anbietet und dem Emittenten dürfen keine Interessenverflechtungen bestehen.

5.3.2 Anforderungen an den Prospekt

Die Angaben, die ein Prospekt nach dem VermAnlG enthalten muss, sind in der Verordnung über Vermögensanlagen-Verkaufsprospekte (VermVerkProspV) enthalten, auf die § 7 Abs. 3 VermAnlG verweist. Wichtig ist, dass das maximale Risiko der Anlage hervorgehoben wird (Fußnote). Die BaFin kann gem. § 15a VermAnlG zusätzliche Angaben im Prospekt verlangen.

Gem. § 7 Abs. 2 VermAnlG muss außerdem ein Hinweis enthalten sein, dass die BaFin den Prospekt nicht auf seine inhaltliche Richtigkeit prüft. Daneben fordert § 7 Abs. 2 VermAnlG einen Hinweis darauf, dass nur derjenige einen Anspruch aus einer eventuellen Prospekthaftung haben kann, der die Vermögensanlage innerhalb von zwei Jahren nach dem ersten öffentlichen Angebot im Inland erworben hat. Der Begriff "Fonds" darf gem. § 7 Abs. 2 VermAnlG nicht zur Bezeichnung der Vermögensanlage verwendet werden (Fußnote).

Der Prospekt muss von der BaFin gebilligt werden, § 8 Abs. 1 VermAnlG. Die BaFin prüft bei Prospekten nach dem VermAnlG nur, ob der Prospekt vollständig, verständlich und widerspruchsfrei ist. Dabei prüft sie gem. § 8 Abs. 1 VermAnlG insbesondere, ob die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Emittenten, seine Geschäftsaussichten und seine Bonität widerspruchsfrei dargestellt werden. Ob die Informationen in dem Prospekt stimmen, prüft die BaFin nicht (Fußnote).

Der Prospekt ist nach der Billigung zwölf Monate gültig, § 8a VermAnlG. Gem. § 11 VermAnlG muss er bis zum Ende des öffentlichen Angebots aktualisiert werden, wenn wichtige neue Umstände oder wesentliche Unrichtigkeiten nach der Veröffentlichung auftreten. Dafür muss ein Nachtrag zum Prospekt erstellt werden. Dieser muss von der BaFin gebilligt werden (Fußnote).

Nach dem Ende des öffentlichen Angebots ist der Emittent gem. § 11a VermAnlG verpflichtet, über Geschäftsvorfälle mit möglichen erheblichen Auswirkungen zu informieren. Darunter fallen alle Vorfälle, die dazu führen könnten, dass der Emittent seine Rückzahlungsverpflichtung gegenüber den Anlegern nicht mehr erfüllen kann. Diese Pflicht besteht bis zur vollständigen Tilgung der Vermögensanlage. Die Informationen müssen der BaFin mitgeteilt werden und dann über die Medien veröffentlicht werden (Fußnote).

Beispiel
Die B-GmbH produziert in großem Stil Fahrradanhänger für Kinder. Im Jahr 2020 kommt es zu einer Häufung von Unfällen mit den Fahrradanhängern der B-GmbH. Diesen wird daraufhin die Straßenzulassung entzogen, wodurch die B-GmbH in Existenznöte gerät.

  • Die B-GmbH muss die Anleger über die Entziehung der Straßenzulassung informieren, da sie deswegen in Existenznöte geraten ist und die Gefahr besteht, dass sie die Rückzahlungsverpflichtung gegenüber den Anlegern nicht erfüllen kann.

5.3.3 Vermögensanlagen-Informationsblatt

Neben dem Verkaufsprospekt muss ein Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) erstellt und veröffentlicht werden, § 13 VermAnlG. Das Informationsblatt darf nicht länger als drei DIN-A4-Seiten sein. Es muss die wesentlichen Informationen zu der Vermögensanlage knapp, übersichtlich und verständlich darstellen. Die Mindestinformationen finden sich in § 13 Abs. 3 ff. VermAnlG. Dazu zählen z.B. die Art der Vermögensanlage, die Anlagestrategie und die Risiken der Vermögensanlage. Außerdem muss der Warnhinweis "Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen" auf dem Informationsblatt hervorgehoben werden. Der Anleger muss auf dem Informationsblatt mit seiner Unterschrift bestätigen, dass er diesen Warnhinweis zur Kenntnis genommen hat, § 15 Abs. 3 VermAnlG (Fußnote).

Das VIB muss auch dann veröffentlicht werden, wenn keine Prospektpflicht besteht (z.B. bei Crowdfunding) (Fußnote). Die Veröffentlichung muss von der BaFin gestattet werden. Das VIB wird nur formal und nicht auf inhaltliche Richtigkeit überprüft (Fußnote).


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Kapitalmarktrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-011-3.


Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de

Wir beraten Sie gerne persönlich, telefonisch oder per Mail. Sie können uns Ihr Anliegen samt den relevanten Unterlagen gerne unverbindlich als PDF zumailen, zufaxen oder per Post zusenden. Wir schauen diese durch und setzen uns dann mit Ihnen in Verbindung, um Ihnen ein unverbindliches Angebot für ein Mandat zu unterbreiten. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.
Wir bitten um Ihr Verständnis: Wir können keine kostenlose Rechtsberatung erbringen.


Über die Autoren:

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

Beispiele aus dem Tätigkeitsbereich von Rechtsanwältin Carola Ritterbach:

  • Beratung und Vertretung von Bankkunden bei allen Fragen hinsichtlich Darlehensverträgen, Kreditsicherheiten, wie beispielsweise Bürgschaften oder Grundschulden und Kapitalanlagen wie z.B. Wertpapiere oder Fonds
  • Durchsetzung von Schadensersatz- und Rückabwicklungsansprüchen bei Bankberatungsfehlern, z.B. beim Abschluss von offenen oder geschlossenen Immobilienfonds, Schiffsfonds, Zinsdifferenzgeschäften, Swapverträgen etc.
  • Beratung bei Fragen zur Anlagevermittlung und Prospekthaftung
  • Rückabwicklung von Bankanlageprodukten, die sich im Nachhinein als Verlust erweisen
  • Abwehr von Ansprüchen aus sittenwidrigen Angehörigen-Bürgschaften oder Darlehensmitübernahmen
  • Abwehr von Forderungen aus unzulässigen Klauseln in Bankverträgen
  • Rückabwicklung unberechtigter Gebührenzahlungen an Banken
  • Widerruf und Rückabwicklung von Immobiliendarlehen aufgrund fehlerhafter Widerrufserklärungen
  • Abwicklung von Leasingverträgen
  • Begleitung bei Sanierungen notleidender Finanzierungen
  • Unterstützung bei allen Fragen rund um das Girokonto, Sparbuch und dem elektronischen Zahlungsverkehr Wahrung des Bankgeheimnisses und Beanspruchung von Bankauskünften
  • Beratung und Vertretung im Bereich des Factorings

Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

Rechtsanwältin Ritterbach bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Die Bürgschaft - Wer bürgt wird gewürgt?
  • Pflichten und Haftung bei der Anlageberatung - Welche Rechte haben Sie gegenüber Ihrer Bank?
  • Bankstrategien von Unternehmen – u.a.: Zweibankenstrategie, die passende Bank für Ihr Geschäft
  • Die Abrechnung von Leasingverträgen - Was Leasinggesellschaften dürfen und worauf Sie achten sollten
  • Der Verkauf von notleidenden Krediten – Was darf Ihre Bank und was nicht
  • Datenschutz im Bankrecht – Bankgeheimnis und Bankauskünfte: Wer erfährt was?

Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-26

 


Mehr Beiträge zum Thema finden Sie unter:

RechtsinfosBankrecht