Kapitalmarktrecht – Teil 06 – Kapitalmarktorganisation

3. Kapitalmarktorganisation

Der Finanzmarkt besteht aus verschiedenen Handelsplätzen, die unterschiedlich stark reguliert sind. Der wichtigste Handelsplatz für Finanzmarktprodukte ist die Börse. Daneben gibt es weitere Handelssysteme.

3.1 Die Börse

Der Begriff der Börse ist in § 2 Abs. 1 BörsG geregelt. Einfach gesagt, bezeichnet man als Börse einen organisierten Markt, auf dem Wertpapiere, Devisen oder Waren nach bestimmten Regeln gehandelt werden (Fußnote). Die Börse bietet also eine Plattform, die Angebot und Nachfrage für bestimmte Produkte nach vorher festgelegten Regeln zusammenführt.

Es gibt in Deutschland sieben Wertpapierbörsen:

  • Börse Frankfurt a.M. (FWB)
  • Börse Stuttgart
  • Börse Hamburg-Hannover
  • Börse Düsseldorf
  • Börse Berlin
  • Börse München
  • Tradegate Exchange in Berlin

In der Praxis findet der Handel an den Börsen heutzutage fast ausschließlich elektronisch statt. Das dabei verwendete System wird Xetra genannt (Exchange Electronic Trading). Der frühere Parketthandel, bei dem die Handelsteilnehmer tatsächlich auf dem Börsenparkett handelten, ist praktisch ausgestorben.

3.1.1 Organisation und Rechtsnatur der Börse

Die Börse ist eine teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Das heißt, die Börse organisiert und überwacht den Betrieb des organisierten Marktes als staatliche Aufgabe. Dazu darf die Börse öffentlich-rechtliche Regelungen erlassen, sog. Satzungen.

Die Börse ist zu unterscheiden von dem Börsenträger. Der Börsenträger ist ein privatrechtliches Unternehmen, meistens eine AG, das die Börse errichtet und die notwendigen finanziellen und personellen Mittel zur Verfügung stellt. Um eine Börse zu eröffnen und zu betreiben muss der Börsenträger eine staatliche Genehmigung beantragen. Wenn er die Genehmigung erhält, wird ihm gleichzeitig auch die staatliche Aufgabe übertragen, die Börse zu betreiben (sog. Beleihung). (Fußnote). Weil die Börse selbst öffentlich-rechtlich ist, muss gegen Maßnahmen, die die Börse trifft (z.B. Zulassung oder Nichtzulassung von Wertpapieren), vor den Verwaltungsgerichten geklagt werden (Fußnote).

3.1.2 Börsenträger

Der Börsenträger hat die Aufgabe, die Börse zu betreiben. Dazu muss er sie mit finanziellen, sachlichen und personellen Mitteln ausstatten, § 5 Abs. 1 BörsG. Er muss verhindern, dass es zu Interessenkonflikten zwischen seinen eigenen Interessen und den öffentlichen Interessen an der Funktionsfähigkeit der Börse und dem ordnungsgemäßen Börsenhandel kommt. Außerdem muss er sicherstellen, dass der Handel an der Börse reibungslos abläuft und die Geschäfte zeitnah abgeschlossen werden. Dafür muss er auch Notfallmaßnahmen bereithalten, falls Börsensysteme ausfallen (Fußnote).

3.1.3 Aufgaben der Börse

Die Börse überwacht und organisiert den Betrieb des Marktes. Ihre wichtigsten Aufgaben sind, Wertpapiere zum Handel an der Börse zuzulassen oder einzubeziehen (dazu gleich) und Angebot und Nachfrage dafürzusammenzuführen. Sie stellt außerdem den Börsenpreis für diese Wertpapiere fest. Um diese Aufgaben zu erfüllen, hat sie verschiedene Organe (Fußnote):

    • Die Börsengeschäftsführung leitet die Börse. Sie nimmt die öffentlichen Verwaltungsaufgaben war, die der Börse übertragen wurden.
    • Der Börsenrat überwacht die Börsengeschäftsführung. Er hat Ähnlichkeiten mit einem Aufsichtsrat. Er bestellt die Geschäftsführer und beruft diese auch ab. Außerdem erlässt er Regelungen, wie die Börsenordnung, die Zulassungsordnung oder die Bedingungen für Geschäfte an der Börse.
    • Die Handelsüberwachungsstelle überwacht den Handel an der Börse und die Börsengeschäftsführung.
    • Der Sanktionsausschuss bestraft Handelsteilnehmer, die gegen die börsenrechtlichen Vorschriften verstoßen.

Der Börsenpreis wird durch sog. Skontoführer ermittelt. Das sind Unternehmen, die von der Börsengeschäftsführung zur Ermittlung des Preises zugelassen sind. Der Börsenpreis ist der Preis, der für Wertpapiere während den Öffnungszeiten der Börse ermittelt werden kann, § 24 Abs. 1 BörsG.

An elektronischen Handelssystemen können außerdem sog. Market Maker (an der FWB: designated sponsors) eingesetzt werden, § 2 Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a WpHG. Ihre Aufgabe ist es, für bestimmte Wertpapiere als Handelspartner aufzutreten. Dazu bieten sie an, gewisse Wertpapiere zu einem gewissen Verkaufspreis (sog. Briefpreis) zu verkaufen und zu einem gewissen Kaufpreis (sog. Geldpreis) zu kaufen. Damit soll "Marktliquidität" bereitgestellt werden, also sichergestellt werden, dass die Wertpapiere jederzeit gehandelt werden können (Fußnote).

3.1.4 Handelsteilnehmer

Handelsteilnehmer sind die zum Börsenhandel zugelassenen Unternehmen und die Börsenhändler. Typischerweise handelt es sich um Banken und Finanzdienstleistungsunternehmen. Ihre Angestellten, die an der Börse handeln sind die Börsenhändler. Sie sind die Personen, die direkt an der Börse handeln. Privatanleger können dagegen nicht an der Börse zugelassen werden. Sie müssen zugelassene Handelsteilnehmer als Finanzintermediäre, also Mittelsmänner, einsetzen(Fußnote).

Die Skontoführer und andere skontoführende Personen (an der Frankfurter Wertpapierbörse wurden die Skontoführer z.B. durch sog. Xetra-Spezialisten ersetzt), sowie die Market Maker zählen zu den Handelsteilnehmern.

Um an der Börse tätig werden zu dürfen, müssen diese Teilnehmer von der Börse zugelassen werden, § 19 BörsG. Erfüllt ein Bewerber die Voraussetzungen von § 19 BörsG hat er ein Recht darauf, an der Börse zugelassen zu werden. Allerdings ist ein Geschäft, das von nicht zugelassenen Teilnehmern getätigt wird, nicht unwirksam (Fußnote). Das bedeutet, auch wenn der Verkäufer nicht an der Börse zugelassen ist, schuldet er dem Käufer die vereinbarten Wertpapiere zum vereinbarten Preis und muss, wenn er die Wertpapiere nicht übertragen kann, Schadensersatz leisten. Umgekehrt muss ein nicht zugelassener Käufer dem Verkäufer die Wertpapiere zum vereinbarten Preis abnehmen.

3.2 Handelssysteme

Am Kapitalmarkt gibt es verschiedene Handelssysteme:

    • regulierter Markt
    • multilaterale Handelssysteme
    • Freiverkehr bzw. Open Market
    • Organisierte Handelssysteme
    • Systematische Internalisierer
    • Grauer und Schwarzer Kapitalmarkt

Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Kapitalmarktrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-011-3.


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Über die Autoren:

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

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Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

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