Internationales Steuerrecht – Teil 15 – Informationsaustausch


Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


3.6.3.3 Informationsaustausch (Art. 26 OECD-MA)

Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten ist die Finanzverwaltung zur Durchführung des Abkommens beziehungsweise des innerstaatlichen Rechts häufig auf Informationen von Finanzbehörden des anderen Vertragsstaates angewiesen, da ihre Ermittlungskompetenzen auf das eigene Staatsgebiet begrenzt sind.

Den erforderlichen Informationsaustausch unter Einhaltung von Geheimhaltungspflichten ermöglicht Art. 26 OECD-MA.

3.6.3.4 Zusammenarbeit (Art. 27 OECD-MA)

Durch Art. 27 OECD-MA wird die Zusammenarbeit der beiden Vertragsstaaten in Bezug auf die Erhebung der Steuern weiter vertieft.

Besteht ein berechtigter Steueranspruch des einen Vertragsstaates, so verpflichtet sich der andere Vertragsstaat bei entsprechender Anfrage diesen Anspruch zu erheben und zu vollstrecken.

Mit Steueransprüchen sind jegliche dem einen Vertragsstaat geschuldeten Beträge gemeint, aber auch mit diesen Beträgen zusammenhängende Zinsen, Geldbußen und Kosten der Erhebung und Sicherung. Auf diese Weise soll das Steueraufkommen gesichert werden.

3.6.3.5 Diplomaten und Konsulate (Art. 28 OECD-MA)

Art. 28 OECD-MA schützt Diplomaten und Konsularbeamte vor Einschränkungen steuerlicher Vergünstigungen, die ihnen nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts oder nach besonderen Übereinkünften zustehen.

Im Verhältnis zu diesen völkerrechtlichen Verträgen gelten Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) nur nachrangig.

4. Außensteuergesetz

Das Außensteuergesetz (im Folgenden: AStG) wurde erlassen,

    • um die Nutzung des internationalen Steuergefälles zur internationalen Steuerflucht zu verhindern,
    • die Gleichmäßigkeit der Besteuerung bei Auslandsbeziehungen wieder herzustellen und
    • damit die wirtschaftliche Chancengleichheit zu wahren.

4.1 Einführung

Das AStG lässt sich im Wesentlichen in vier Hauptbereiche gliedern:

    • die Berichtigung von Einkünften bei international verflochtenen Unternehmen (1. Teil des AStG – § 1 AStG)
    • die erweitert beschränkte Steuerpflicht bei Wohnsitzverlagerung in niedrig besteuernde Gebiete (2. Teil des AStG – §§ 2 bis 5 AStG)
    • die Besteuerung des Vermögenszuwachses von Anteilen an einer inländischen Kapitalgesellschaft bei Wohnsitzwechsel ins Ausland (3. Teil des AStG – § 6 AStG)
    • die Hinzurechnungsbesteuerung bei Beteiligungen an ausländischen Zwischengesellschaften (4. Teil des AStG – §§ 7 bis 14 AStG)

Der fünfte Teil des AStG (§ 15 AStG) enthält Regelungen betreffend Familienstiftungen. Teil sechs (§§ 16-18 AStG) regelt eine Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen bei Auslandsgeschäften und Verfahrensweisen zur Sachverhaltsaufklärung. Die Schlussvorschriften des AStG sind im siebenten Teil (§§ 19 bis 22 AStG) zusammengefasst.

4.2 Berichtigung von Einkünften (§ 1 AStG)

4.2.1 Allgemeines

Das Ziel des § 1 AStG ist es die Verlagerung von Einkünften und die Funktionsverlagerungen durch inländische Steuerpflichtige ins Ausland zu verhindern.

Eine Verlagerung von Einkünften wird erreicht, indem Geschäfte mit einer nahe stehenden Person im Ausland zu Bedingungen getätigt werden, welche die Einkünfte des inländischen Steuerpflichtigen mindern und die Einkünfte des ausländischen Geschäftspartners erhöhen. Es macht dabei keinen Unterschied, ob es sich beim Ausland um ein Niedrigsteuerland handelt oder nicht.

Mit der Verlagerung von Funktionen fließen nicht nur materielle Wirtschaftsgüter (z.B. Fuhrpark) und in Deutschland geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter und Vorteile, wie z.B.

    • Know-how
    • Patente und Wissen im Bereich Technik und Produktion
    • Marken- und Namenrechte und Kundeninformationen
    • sondern auch mit der Funktion verbundene zukünftig erwartete Unternehmensgewinne

von Deutschland ins Ausland ab

Der Gesetzgeber will mit der Funktionsverlagerung nach § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG erreichen, dass die übergehenden Vermögenswerte und zukünftigen Gewinne vor Verlassen der inländischen Besteuerungssphäre letztmalig in Deutschland besteuert werden.

Hierfür wird die verlagerte Funktion auf der Grundlage des Fremdvergleichs bewertet, so dass die durch Ausübung der Funktion entstandenen stillen Reserven ebenfalls aufgedeckt werden müssen. Auf diesem Wege soll das inländische Steueraufkommen gesichert werden.

Inländische Steuerpflichtige können sowohl unbeschränkt steuerpflichtige, als auch beschränkt beziehungsweise erweitert beschränkt steuerpflichtige Personen sein.

Wenn die zwischen den nahe stehenden Personen vereinbarten Leistungsbeziehungen einem Fremdvergleich nicht standhalten, so sind die Einkünfte unbeschadet anderer Vorschriften so anzusetzen, wie sie unter unabhängigen Dritten angefallen wären (nach dem sogenannten dealing-at-arm’s-length-Prinzip).

4.2.2 Tatbestandsvoraussetzungen

Die Anwendung des § 1 AStG setzt voraus, dass

    • der Geschäftspartner eine nahe stehende Person ist
    • eine Geschäftsbeziehung zum Ausland besteht oder eine Funktion verlagert wird
    • unübliche Bedingungen vereinbart sind
    • eine Einkunftsminderung des inländischen Steuerpflichtigen vorliegt

4.2.2.1 Nahe stehende Person

Die Merkmale einer nahe stehenden Person regelt § 1 Abs. 2 AStG. Danach lassen sich vier Merkmalsgruppen unterscheiden:

    • Wesentliche Beteiligung
    • Beherrschender Einfluss
    • Besondere Einflussmöglichkeiten
    • Interessenidentität

4.2.2.1.1 Wesentliche Beteiligung

Unter einer wesentlichen Beteiligung ist nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 AStG eine Beteiligung von mindestens 25 % zu verstehen.

Diese Beteiligung muss der Steuerpflichtige an der nahe stehenden Person halten oder umgekehrt. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 AStG ist es auch möglich, dass eine dritte Person an den beiden Personen wesentlich beteiligt ist.

Es ist diesbezüglich unerheblich, ob es sich um eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung handelt. Allerdings ist eine Zusammenrechnung unmittelbarer und mittelbarer Beteiligungen oder mehrerer mittelbarer Beteiligungen nicht zulässig.

Bei der Berechnung der mittelbaren Beteiligung einer Person an einer Gesellschaft sind die Beteiligungen, die eine vermittelnde Gesellschaft hält, in dem Verhältnis zu berücksichtigen, das der mittelbaren oder unmittelbaren Beteiligung der Person an der vermittelnden Gesellschaft entspricht.

Beispiel

A ist an der dänischen B-GmbH zu 40 % beteiligt. Die dänische B-GmbH besitzt 70 % der Aktien der finnischen C-AG.

    • Damit ist A mittelbar zu 28 % (= 40 % von 70 %), also wesentlich, an der finnischen C-AG beteiligt.
    • Die finnische C-AG ist für ihn eine nahe stehende Person im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 AStG.

Bei der wesentlichen Beteiligung muss es sich nicht um eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft handeln, d.h. Anteilseigner kann auch eine Personengesellschaft oder ein Einzelunternehmen sein (Fußnote). Darüber hinaus kann die wesentliche Beteiligung in einer stillen Beteiligung oder einem Darlehen bestehen.


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Internationales Steuerrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-004-5.



Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de

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Über die Autoren:

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten.  Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren.  Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte. 
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.

Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
  • Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
  • Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7

Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so

  • Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren

Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
 Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:

  • Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
  • Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
  • Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
  • Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
  • Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
  • Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
  • Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter

Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 

Monika Dibbelt, Rechtsanwältin

Portrait Monika-Dibbelt

Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät und vertritt Steuerschuldner bei Fragen über die Abgabe von Steuern und die Pflichten zur Abgabe von Steuererklärungen, insbesondere im Rahmen von Insolvenzverfahren und Wohlverhaltensperiode. Sie vertritt ihre Mandanten bei der Einlegung von Rechtsbehelfen gegen Bescheide des Finanzamtes sowie in Verfahren vor den Finanzgerichten und im Steuerstrafrecht. Rechtsanwältin Dibbelt arbeitet derzeit an Veröffentlichungen im Bereich Steuerrecht.

Monika Dibbelt hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9

 

Eine steuerberatende Tätigkeit kann Frau Rechtsanwältin Dibbelt nicht erbringen. Bei Bedarf empfiehlt sie gerne einen geeigneten Kontakt.

Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Dibbelt unter:
Mail: dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0421-2241987-0

 


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