Int. Vertragsrecht - Teil 19 - Personenbeförderung

6.1.3 Personenbeförderung

Das auf Personenbeförderungsverträge anzuwendende Recht bemisst sich nach Art. 5 Abs. 2 Rom I-VO. Auch bei der Personenbeförderung hält sich die praktische Relevanz der Rom I-VO in Grenzen, da hier ebenfalls die oben angeführten internationalen Abkommen Vorrang genießen. Zudem regeln weitere EG-Verordnungen das auf Leistungsstörungen anwendbare Recht im Bereich der Personenbeförderung via Flugzeug(Fußnote) und Eisenbahn.(Fußnote) Kommt es bspw. infolge einer Überbuchung eines Fluges nicht zu einer Beförderung eines Fluggastes trotz Flugticket, zu einer Annullierung des Fluges insgesamt oder einer Verspätung, so stehen dem Fluggast die in der Fluggastrechte-Verordnung der EU aufgeführten Ansprüche zu.(Fußnote)

Ebenfalls beachtet werden muss, dass für Verträge über Pauschalreisen nicht Art. 5, sondern die spezielleren Vorschriften für Verbraucherverträge des Art. 6 Rom I-VO Anwendung finden (s. Kapitel 6.2).

Kommt die Rom I-VO jedoch zur Anwendung, so muss beachtet werden, dass die Parteien in der Wahl des auf den Vertrag anwendbaren Rechts eingeschränkt sind. Auswählbar sind ausschließlich die in Art. 5 Abs. 2 Satz 3 lit. a - e Rom I-VO aufgeführten Rechtsordnungen:

  • Die Rechtsordnung am gewöhnlichen Aufenthalt der zu befördernden Person (lit. a)
  • Die Rechtsordnung am gewöhnlichen Aufenthalt es Beförderers (lit. b)
  • Unabhängig von dessen gewöhnlichem Aufenthalt die Rechtsordnung am Hauptsitz des Beförderers (lit. c)
  • Die Rechtsordnung am Abgangsort (lit. d)
  • Die Rechtsordnung am Bestimmungsort (lit. e)

Beispiel 1
Ein Unternehmen mit Sitz in Deutschland bucht für seine Mitarbeiter bei einer französischen Fluglinie einen Flug von Dresden nach Brüssel zu einem gemeinsamen Fortbildungsseminar. Welche Rechtsordnungen können die Parteien für den Vertrag wählen?

  • Auf Grundlage von Art. 5 Abs. 2 Satz 3 lit. a - e Rom I-VO können folgende Rechtsordnungen ausgewählt werden: Deutsches Recht (lit. a und d), französisches Recht (lit. b und c) oder belgisches Recht (lit. e).

Treffen die Parteien keine ausdrückliche Rechtswahl, so gilt grundsätzlich das Recht des Staates in dem die zu befördernde Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern dieser Ort gleichzeitig der Abgangs- oder Bestimmungsort ist. In allen anderen Fällen gilt das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Beförderers.

Beispiel 2
Ausgangslage wie in Beispiel 1, allerdings haben die Parteien keine Rechtswahl getroffen. Welches Recht ist dann anwendbar? Was verändert sich, wenn der Flug nicht von Dresden, sondern von Leipzig erfolgen soll?

  • Auf Grundlage von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 Rom I-VO ist das Recht am Aufenthaltsort der zu befördernden Person anzuwenden, wenn dieser im gleichen Staat liegt wie der Abgangs- oder Bestimmungsort. Da hier die zu befördernden Personen ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben und sich dort auch der Abgangsort befindet, ist deutsches Recht anzuwenden.
  • Soll der Flug nicht von Dresden, sondern von Prag erfolgen, so liegt weder der Abgangs- noch der Bestimmungsort am gewöhnlichen Aufenthalt der zu befördernden Personen. Daher gilt in diesem Fall gem. Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Rom I-VO das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Beförderers, bei einer französischen Fluglinie also französisches Recht.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Internationales Vertragsrecht“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Tim Hagemann, wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2018, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-88-5.


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Stand: Januar 2018


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Tilo Schindele, Rechtsanwalt, Stuttgart

Portrait Tilo-Schindele

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Tilo Schindele ist Dozent für IT-Recht und Datenschutz bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

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