Handelsvertreterausgleich – Teil 07 – Bezirksänderung

5.1.1.3.4.1 Bezirksänderung

Häufig wird im Laufe des Vertragsverhältnisses der dem Handelsvertreter zugewiesene Bezirk verändert. Soweit diese Vertragsänderung wirksam ist (Fußnote) kann ein Ausgleichsanspruch entstehen (Fußnote).

Für die Beendigung muss eine wesentliche Veränderung des Vertreterbezirks erfolgen (Fußnote).

Beispiel:

Tankstellenpächter T wurde durch die Mineralölgesellschaft M ursprünglich die Großstadt A und die angrenzenden Dörfer B und C zugeteilt. Dabei betreibt er in der Stadt A 15 Tankstellen, in B vier und in C lediglich eine Tankstelle. Wenige Monate später fällt den Parteien auf, dass die Bezirksgrenze falsch gezogen wurde und T lediglich A und B zustehen sollte. Sie einigen sich einvernehmlich, dass Dorf C dem angrenzenden Handelsvertreter H und nicht T zugeteilt wird.

T könnte hier grundsätzlich ein Ausgleichsanspruch zustehen, wenn er die wesentlichen Voraussetzungen des Ausgleichsanspruches nach § 89b HGB erfüllt hat.

Da der Anteil der Tankstellen jedoch nur um fünf Prozent verringert wurde, ist möglicherweise nicht von einer wesentlichen Verkleinerung auszugehen. Da lediglich die Bezirksgrenzen berichtigt wurden, liegt möglicherweise nur eine geringfügige Bezirksverkleinerung vor (Fußnote).

Ob dies allerdings auch dann gelten kann, wenn ein ganzer eigener Betrieb (hier: eine Tankstelle) aus dem Vertragsverhältnis herausfällt, halten wir für höchst zweifelhaft. Dies entspricht unserer Auffassung nach nicht dem Fall einer typischen Veränderung des Vertreterbezirks, bei der einem Handelsvertreter ein bestimmter Prozentsatz des im Übrigen gleichbleibenden Geschäftsfeldes entfällt.

  • Wesentliche Bezirksänderungen sind von bloßen Bezirkskorrekturen abzugrenzen

Als wesentliche Veränderung des Bezirks ist jedenfalls die Halbierung des bisherigen Vertreterbezirks anzusehen (Fußnote). Für diesen ausgeklammerten Teilbezirk besteht dann ein Ausgleichsanspruch (Fußnote).

Wird an die Bezirksänderung und Ausgleichung des Handelsvertreters für den Teilbezirk kurze Zeit später das Handelsvertreterverhältnis vollständig beendet, stellt sich die Frage, wie der Restbezirk auszugleichen ist.

Denkbar wäre, in der Ausklammerung des Teilbezirks einen neuen Vertrag zwischen den Parteien zu sehen. Dies würde dazu führen, dass nur der Zeitraum zwischen Ausklammerung und Vertragsbeendigung auszugleichen wäre:

Beispiel:

Tankstellenpächter T betreibt jeweils fünf Tankstellen in Stadt A und B. Im Januar 2018 verkleinert er seinen Bezirk mit der Mineralölgesellschaft X einvernehmlich auf die Stadt A. T war an beiden Standorten in den letzten fünf Jahren tätig und erzielte dort jeweils einen Jahresumsatz von 50.000€. Er erhielt nach der Bezirksverkleinerung von X einen Ausgleich in Höhe von 50.000 € für die Stadt A.

Ein Jahr später beenden T und X einvernehmlich den kompletten Vertrag. Für das letzte Jahr alleine ergab die Berechnung des Ausgleichsanspruchs lediglich einen Ausgleich in Höhe von 25.000€ für die Stadt B, also deutlich weniger als in den letzten Jahren.

  • In der Bezirksänderung ist nicht die Eingehung eines neuen Vertragsverhältnisses über den Restbezirk zu sehen. Vielmehr liegt weiterhin ein einheitliches Vertragsverhältnis vor und der Ausgleichsanspruch wird für den Restbezirk nach allgemeinen Regeln berechnet (Fußnote), also nach dem Durchschnitt (maximal) der letzten fünf Jahre des Standorts B. Die Aufgabe des Standorts A hat also auf den Ausgleichsanspruch für den Standort B keine negativen Auswirkungen. Im obigen Beispiel würde der Ausgleichsanspruch also deutlich höher ausfallen als 25.000 €.

5.1.1.3.4.2 Einschränkung des Kundenkreises

Für die Einschränkung des Kundenkreises gilt das zur Bezirksbeschränkung Gesagte (Fußnote). Mangels Relevanz für den Tankstellenpächter werden diese Einschränkungen hier jedoch nicht genauer erörtert.

5.1.1.3.4.3 Beschränkung des Warensortiments

Plant das Unternehmen, Teile des bisherigen Sortiments nicht weiter zu vertreiben, stellt sich die Frage, ob dies zum Entstehen eines Ausgleichsanspruchs führt.

Das Geschäft des Handelsvertreters wird zwar eingeschränkt und kann damit faktisch einer Bezirksbeschränkung ähneln. Durch die betriebswirtschaftlich motivierte Beschränkung bleibt der Bestand des Vertretervertrages jedoch grundsätzlich unberührt und die Voraussetzungen des § 89b Abs. 1 HGB sind nicht erfüllt (Fußnote).

Ein Ausgleichsanspruch besteht daher nicht (Fußnote).

Beispiel:

Das Geschäft mit dem E10-Kraftstoff läuft nicht so, wie sich die Mineralölgesellschaft M dies erhofft hat. Daher soll es eingestellt werden. Damit bleiben an der Tankstelle des Betreibers T nur noch die Kraftstoffe Diesel, Super Benzin und Super plus.

Trotz der Einschränkung des Sortiments ähnelt dies jedoch nicht einer Bezirksänderung. Der Mineralölgesellschaft ist es möglich, betriebswirtschaftliche Entscheidungen wie die Einschränkung des Sortiments vorzunehmen.

  • Die Verkleinerung des Produktsortiments wird der Bezirksänderung nicht gleichgestellt. Für den Anteil des aufgegebenen Sortiments besteht kein Ausgleichsanspruch.

Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Handelsvertreterausgleich für Tankstellenpächter“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-026-7.


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Über die Autoren:

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist seit Jahren im Bereich Franchiserecht und dem weiteren Vertriebsrecht tätig. Er gestaltet Franchisekonzepte und berät Franchisegeber beim Aufbau von Franchisesystemen und verwandten Partnerkonzepten. Neben der Prüfung von Franchiseverträgen namhafter bundesweiter Franchisegeber für verschiedene Franchisenehmergruppen hat er Erfahrung mit der Erstellung von Einzel-Franchiseverträgen wie Masterfranchiseverträgen.
Rechtsanwalt Brennecke berät hinsichtlich der Durchsetzung und den Grenzen der Franchisepflichten. Er vertritt bei Streitigkeiten der Franchisevertragspartner und bei der Kündigung des Franchisevertrages. Er begleitet Franchisenehmer und Franchisegeber bei der Einführung von zentralen Datenhaltungen, insbesondere unter dem oft übersehenen Blickwinkel des Datenschutzes.

Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Bereich Franchiserecht und Vertriebsrecht veröffentlicht:

  • "Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-15-1
  • "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-04-5
  • "Die Provision des Handelsvertreters – Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-14-4
  • "Die Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Handelsvertretervertrages", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8

Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Franchiserecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Franchisesysteme gründen – weitsichtige Planung von Franchise- und Partnersystemen
  • Datenschutz in Franchisesystemen – das unterschätzte Problem
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